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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

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Nr. 5 (Mai 1863)
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Correspondenzen
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Literarische Besprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0154

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144

Correspondenzen.

^Tien. Am 4. April starb hier der Fabrikant Karl Le mann,
einer der wärmsten Kunstfreunde Wiens. Als Mitglied des Aus-
schusses des Wiener Althumsvereines zeigte er sieh vorzüglich in
der Richtung thätig, dass er die hervorragendsten Objecte der
kunstarchäologischen Ausstellung des Jahres 1860 photographirte
und in ein Album zusammenstellte, welches Seiner Majestät dem
Kaiser überreicht wurde. Er hinterliess auch eine kleine Sammlung
von mittelalterlichen Gefässen, Geräthen und Bildern, und zahl-
reiche Photographien von Kunstgegenständen, von denen zu wün-
schen ist, dass sie in den Besitz einer öffentlichen Sammlung
gelangen.
* ln Folge einer aus Beraun eingetragenen Nachricht,
dass man daselbst die Bedachung eines alterthümlichen Bastions-
thurmes abzutragen beabsichtige, fand sich die k. k. böhmische
Statthalterei veranlasst, mich nach Beraun abzusenden, um über den
Bauzustand und den historischen Werth jenes gefährdeten Alterthums-
denkmales mein Gutachten zu erstatten. Ich verfügte mich daher am
7. October nach Beraun und untersuchte jenes in mehrfacher Bezie-
hung interessante Baudenkmal.
Es ist in der That überraschend und muss in unserer Zeit, wo
Industrie und Verschönerungssucht alle Hindernisse, die der Erwei-
terung der Städte im Wege liegen, rasch zu beseitigen strebt, als
eine eigenthümliche Erscheinung bezeichnet werden, dass die Stadt
Beraun ihre Befestigung, wie sie am Schlüsse des XHI. Jahrhunderts
angelegt worden, in ihren Hauptbestandteilen beinahe vollkommen
erhalten hat. Die Stadt bildet ein regelmässiges Viereck und ist von
einer doppelten Befestigungsmauer umgürtet. Aus der innern Ring-
mauer treten noch jetzt in geringen Abständen von einander die
niedrigen Thürme, deren Plattformen wohl ursprünglich blos mit
Zinnen gekrönt waren, vor; zwischen dieser innern und der äussern
noch jetzt bestehenden Umfassungsmauer zieht sich der Wasser-
graben hin, der aus der vorbeifliessenden Beraun seinen Zufluss
erhielt. Ich erlaube mir zu bemerken, dass die Befestiguugswerkc
der Stadt Beraun, die bisher wenig beachtet wurden, sieh als ein
interessantes Denkmal derMilitär-Architeetur des Mittelalters dar-
stellen und eine genaue Aufnahme um so mehr verdienen, je seltener
solche Befestigungsanlagen aus der fernen Vorzeit in solcher Voll-
ständigkeit in Böhmen Vorkommen. — Der an der Westseite der
Stadt in der Nähe der Kirche befindliche, die übrigen mehr oder
weniger verwüsteten Bastionsthürme der innern Mauer überragende
Thurm — wahrscheinlich ein Wartthurm — dessen hohes Walmdach
noch vor Kurzem in die Lüfte ragte, war der Gegenstand meiner
Untersuchung. Ich fand bei meiner Ankunft, dass man bereits das
Dach bis auf die drei zierlichen Erkerschilde desselben und einen
Theil des Dachstuhles abgetragen hatte. Diese, die Stirnseiten des
steilen, bereits abgetragenen Daches zierenden Giebel waren aus
Ziegeln künstlich gefügt und die Bekrönung derselben war aus
gebranntem Thon (hrnra gebildet. An diesen Bastionsthurm

ist nach der Stadtseite hin ein kleines Haus angebaut) das sammt
dem viel altern Thurme der Bürgersgattin Katharina Bartos gehört,
welche das baufällige hohe Dach des Thurmes abtragen liess, in der
Absiebt, um durch ein gemeinsames niedriges Dach den Thurm und
das an denselben sich anschliessende Häuschen überdecken zu
lassen. Dabei muss bemerkt werden, dass sämmtliche Preisziegeln,
mit welchen das alte Dach gedeckt war, wohlerhalten waren und
zur Zeit, als ich den Thurm besuchte, zum abermaligen Gebrauche
aufgeschichtet lagen. Es handelte sich nun darum, dass der Ge-
meinderath der Stadt Beraun den Entschluss fasse, das steile Walm-
dach, welches der Stadt zur besonderen Zierde gereichte, in seiner
ursprünglichen Form auf Gemeindekosten herstellen zu lassen. Aus
dem von den städtischen Architekten Kolafik entworfenen Über-
schläge ergab es sich, dass die Herstellungskosten des Daches,
wenn die Stadtgemeinde das nöthige Holz für den Dachstuhl her-
geben würde, sich auf vierhundert Gulden belaufen würden.
Wiewohl einige Mitglieder des Gemeinderathes, insbesondere
aber der Postmeister Herr Klier sehr entschieden auf die Wieder-
herstellung des Daches in seiner ursprünglichen Form drangen, so
führten doch alle Schritte, die ich zu diesem Zwecke unternommen,
und über welche ich der k. k. Statthalterei einen ausführlichen
Bericht vorgelegt, zu keinem befriedigenden Resultate, indem, wie
ich späterhin erfahren, jener Bastionsthurm anstatt des alten impo-
santen Giebeldaches eine sehr niedrige Dachkappe erhielt. — Bei
diesem Vorgänge muss man bedauern, dass die zierlichen aus Zie-
geln und ferra coffa aufgeführten Giebelschilde des Daches ver-
nichtet wurden. Diese Giebel rühren eben so wie die zerstörte Be-
dachung des Thurmes aus dem XVI. Jahrhundert her und waren
interessante Denkmale des zu jener Zeit in der Stadt Beraun blü-
henden Industriezweiges der plastischen Arbeiten aus gebrannter
Erde. Zierliche Medaillons von terra coffa haben sich noch an der
Fapade der Dechanteikirche zu Beraun (erbaut im Jahre 1343)
erhalten und eine grössere Anzahl ähnlicher Bildwerke aus ge-
brannten Thon erblickt man noch heute an der Aussenseite der
Begräbnisskirche (erbaut im Jahre 1S2V) jener Stadt.
Dr. Joh. Er. Wocel.
-MaH in Tirol. Wir haben in Innsbruck, wie Sie wahr-
scheinlich schon wissen, eine Glasmalerei-Anstalt, welche vor ein
paar Jahren vom Architekten Vonstadl, Historienmaler Mader und
SpänglerN e uh aus er gegründet wurde. Diese noch junge Anstalt hat
schon tüchtige Werke geliefert, unter denen sich besonders die zwei
von Essen wein entworfenen Fenster für die Kirche in Pfaffenheim
durch strenge und treue Ausführung auszeichnen. Ein Fenster für
die Kirche in Landeck, die Architectur sehr schön von Vonstadl
gezeichnet, die Historie nach Münchener Art nach einem Carton von
Mader ausgeführt, erregt auch gerechte Bewunderung. Die Anstalt
steht unter sehr guter Leitung, da besonders Vonstadl einer der
wenigen echten Vertreter der wahrhaft mittelalterlichen Kunst ist.
P. Bert r and Schöpf.

Literarische Besprechungen.

ü. Weiss, Costümkunde. Geschichte der Tracht und des
Geräthes im Mitteiaiter. 1. Abschnitt; 2. Abschn. 1. Abtheihmg,
Stuttg. Ebner und Seubert 1862.
Angezeigt von J. Falke.
Das Werk, welches wir hier zur Anzeige bringen, ist eine
Fortsetzung des allen Freunden des Alterthums hinlänglich bekannten

„Handbuches" der Costümkundc und schlosst sich demselben m
Form und Plan auf das Genaueste an, nur in verengerten Grenzen.
Das frühere Werk war während der Arbeit über den ursprünglichen
Gedanken des Verfassers hinausgewachsen, wir müssen aber gleich
hinzufügen, nicht zum Nachtheil der Sache, noch derer, die aus ihm
Nutzen ziehen wollen. Es war das nur natürlich. Der Anlage nach
sollte das Werk dem Historienmaler — oder sollen wir nn Allge-
 
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