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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

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Nr. 3 (März 1863)
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Weingärtner, Wilhelm: Die Breslauer Sculpturen am Ende des XV. und zu Anfang des XVI. Jahrhunderts, [2]
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Essenwein, August von: Die Kirche des heil. Antonius zu Padua, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0079

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— 69 —

Steinmetzzeichen (*=^) hat mehr historischen als Kunst-
werth; sie steht am Magdalenakirchhofe.
Das ist etwa das Bedeutendste und Nennenswerteste
was mir aufgefallen ist und worauf ich die Augen aufmerk-
sam die Strömungen jeder Zeit Betrachtender hinlenken
wollte, welche ein Vergnügen daran finden, die Thätigkeit
vergangener Zeiten kennen zu lernen und zu prüfen, um
an ihr wiederum die Thatkraft der Gegenwart zu erproben
und zu stählen.
Nachtrag. Als eine kunstreiche Steinmetzarbeit des
XV. Jahrhunderts verdient nachträglich noch das in der
Elisabethkirche links vom Altäre befindliche Sacrament-
häuschen namhaft gemacht zu werden, das ich jetzt erst
nach Beseitigung des umgebenden Gerüstes näher betrach-
ten konnte. Es trägt an dem zehneckigen Stern, auf wel-
chem der thurmartige, leicht aufstehende und stark sich
verjüngende Bau aufsteigt, eine Inschrift, welche Menzel
in seiner Chronik Breslaus (Seite 476) folgendermassen

mittheilt: ad gloriam et laude de anno dni m" ccclv. hoc
sacrarium construetum — in piam sacramenti corporis —
dni nri ihesu — et sancti Laurentii et beati patronorum.
Bei Angabe der Jahreszahl hat der Berichterstatter jedoch
ein C übersehen; das Datum lautet also 1466. Damit lässt
sich die Angabe Gomolke's und handschriftlicher Chroniken,
welche sogar erst 1464 als Jahr der Erbauung angeben,
leicht vereinigen, wenn man letzteres als das der Beendi-
gung ansieht. Für diese Annahme sprechen auch die unter
Baldachinen befindlichen kaum 1 Fuss hohen Figuren der
oberen Etagen von sehr dürftiger Arbeit im Verhältnis zu
den untersten Stern tragenden Engeln, von welchen letztere
zu den Sculpturen an dem dreiseitigen Rathhauserker und
dem Meister der Marien grosse Verwandtschaft zeigen.
Noch so manches Andere, was bis jetzt auf den Kirch-
böden unter altem Gerümpel schlummert, wird hoffentlich
die nächste Zeit unter Leitung des Breslauer Alterthum-
vereines zu Tage fordern.

Die Kirche des heiL Antonius zu Padua').
Von A. Essenwein.

Das XHI. Jahrhundert, jene grossartige Blüthenepoche
des Mittelalters, hat auf allen Gebieten des Lebens und der
Cultur glänzende Erscheinungen aufzuweisen. Auch die
Kirche und die christliche Religion haben in jener Zeit in
einer Reihe von Personen ihre glänzenden Sterne.
Aber die Zeit hatte nicht den bestimmten abgeschlosse-
nen Charakter der vorhergehenden und folgenden Periode,
sondern die Contraste, derer das Mittelalter so viele zeigt,
rangen kräftig miteinander und geben so der Zeit etwas Zer-
rissenes; sie hat in allen Dingen den Charakter des Über-
ganges. Krieg und Hader durchtobten die Welt; Papst und
Verständnis gezeichnet sind. Der Text ist jedoch sehr ausführiich und
sind aUe darauf bezügtichen Urkunden theiis in Extenso, theiis in Aus-
zügen abgedruckt.
Von besonderem tnteresse, jedoch ohne Bezug aufvoriiegendeArbeit,
sind eine Anzaht in Facsimite gegeben Quittungen berühmter K(instier vom
Beginne des XVI. Jahrhunderts, wieLor. und Christof Canozi da Lendinara,
Bartit. Bei)uno, AndreaRizo (Briosco), Tuliio, Lomhardo Jacobo Sansovino,
Titian , Giroiamo.
Der 2. Band des Werkes behandelt ausschliesstich die Grabdenkmale.
Das genannte Werk schUesst die italienische Literatur über dieses
Staufen 3. Band.
Kirche von den meisten Kunstgeschichtsschreibern, insbesondere Kugler
etc. oberflächliche Erwähnung.

Kaiser rangen um die Oberherrlichkeit; die Cultur batte einen
Höhepunkt erreicht, der Ausschweifungen aller Art zur
Folge hatte; in der Kirche insbesondere hatte Reichthum
und Üppigkeit die Geistlichen verweichlicht und die mit
vielen Kirchenämtern verbundene weltliche Herrschaft hatte
einen Theil der Geistlichkeit dem Volke entfremdet; so
fanden denn die Bestrebungen den günstigsten Boden, neue
geistliche Genossenschaften zu bilden, die keinen Ehrgeiz,
keinen Reichthum und keine Üppigkeit kannten, sondern
sich blos und ausschliesslich der Sorge um das geistige
Wohl der Mitmenschen, um die Reinheit der christlichen
Lehre widmeten, Gott in Armuth und Demuth dienten und
seine Verherrlichung blos im demüthigen Gebete und stren-
gen Busswerken, nicht aber in äusserlichem Pomp suchten.
Zwei Männer waren es, die mit hoher Begeisterung erfüllt,
dieses Ziel erstrebten und die Gründer von Orden wurden,
die rasch über die ganze Welt sich verbreiten.
Es war der beiligeDominicus, 1170 geboren und 1221
gestorben, der 1216 das erste Kloster der Predigermönche
zu Toulouse gründete, und der heilige Franciscus, 1182
geboren und 1226 gestorben, der im Jahre 1209 den Mi-
noritenorden stiftete. Allenthalben kam das Volk den beiden
Orden entgegen, und die Tendenz, die Lehre Christi in
dieser buchstäblichen Weise zu erfüllen, fand allenthalben
Anklang und Nachahmung. Sie bedurften zur Gründung
eines Klosters nur eines Daches, keiner Geldmittel, und so
verbreiteten sie sich mit ausserordentlicher Schnelligkeit.
Der Dominicanerorden hatte fünf Jahre nach seiner Grün-
dung schon bei 60 Klöster in allen Ländern Europa's, am
Schlüsse des XHI. Jahrhunderts zählte er gegen 600 Klöster,
 
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