Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

DOI Heft:
Nr. 4 (April 1863)
DOI Artikel:
Schöpf, Bertrand: Über die Wandmalereien im Kreuzgange zu Schwaz und über die Urheber derselben
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0118

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
108

Über die Wandmalereien im Kreuzgange zu Schwaz und über die Urheber derselben.
Von Bertrand Schöpf.
theils genauem quadratischem Grundrisse überspannen ihn

Unter den mittelaitertichen Wandtnatereien Nordtirots
stehen die Gemälde des Kieuzganges im Franciscanerklo-
ster zu Schwaz sicherhch mit in der ersten Reihe. Jeder
Kunstfreund bewundert sie, und König Ludwig von Baiern
empfahl ihre Erhaltung bis auf den letzten Strich. Dieses
Ktoster wurde itn ersten Viertei des XVI. Jahrhunderts er-
baut. Maximiiian 1. sagt in einem Diplome von 1507, dass
die Gemeinschaft der Bergwerksieute und anderer Unter-
thanen von Schw az und der Umgebung mit seiner Beistim-
mung ein Franciscanerkioster bauen woüen. Er schützte
und förderte das Unternehmen. Am 30. August 1507 wurde
der erste Stein zum Baue geiegt; den 16. October 1509
wurde schon die zwar kieine , aber ihrer aufstrebenden
Verhältnisse wegen schöne Bonaventuracapeiie, in weiche
inan vont östlichen Flügel des Kreuzganges tritt, „nebst
dein Gottesacker des davor hegenden Kreuzganges" ein-
geweiht. (SieheYirgii Greiderer: Germaniafranciscana.)
in dieser Capeiie steht ein Aitar im schönen Renaissance-
stvi, wie er hier nach dem Aufgeben der Gothik zuerst
geübt wurde. Im November 1515 konnte die im Wesentli-
chen voltendete schöne Klosterktrche mit ihren acht Altären
eingeweiht werdet). Sie enthält von mittelalterlichen Kunst-
werken auf einem Seitenaltare eine wertbvolle geschnitzte
Gruppe, die schmerzhafte Gottesmutter, umgeben von Jo-
hannes und den heiliget) Frauen, und auf dem Kreuzaltare
ein über lebensgrosses Cruciftx aus bräunlichgrauem Mar-
mor. Dieses Crucitix erregte von jeher die höchste Bewun-
derung, und soll nach alten Berichten (z. B. im Orbis
seraphicus des P. Cajet. Laurinus) im Jahre 1521 von Pa-
dua nach Schwaz übertragen worden sein. Ausser diesen
ist noch vorhanden ein festtägliches Tabernakel-Crucitix
von etw a 9 Zoll Grösse aus Elfenbein, unübertrefflich ge-
arbeitet und bis in's kleinsteDetail mit seltenem Kunstfleisse
durchgeführt. Man möchte es dem Meister Kollin zuschrei-
ben. Am Kreuzgange wurde noch 1522 gebaut und gemalt,
wie eine mir von P. Justinian Ladurner mitgetheilte Ur-
kunde besagt : „1522 haben die Gehrüder Georg und
Hans die Stock! in dem Kreuzgang bei den Franziskanern
zu Schwaz zwei Bögen bauet) und malen lassen ; dabei
sind auch in schön geschmolzenen Scheiben ihre und ihrer
Gemalinnen Wappen mit beigesetzter Inschrift: 1522 Georg
Stock), Anna Aichhorn, 1522 Hans Stock!, Apollonia von
Keutschach."
Bevor ich die einzelnen Gemälde des Kreuzganges
aufführe, will ich die Anlage desselben kurz beschreiben.
Er liegt an der Südseite der orientirten Kirche, und ist in
einfachem gothischen Style mit gesundestem Geschtnacke
erbaut. Seine Weite beträgt im Licltten 91/3, seine Höhe
13y2 Fuss. Zweiundzwanzig Kreuzgewölbe von gtössten-

und 18 mit einfachem Masswerke gezierte zweitheilige
henster, 8 Fuss 2 Zoll hoch, 5 Fuss 3 Zoll breit, lassen das
Licht vom Hofraume her einfalleti. Der Kreuzgang bietet
24 Wandflächen von mehr als 9 Fuss Breite und 13 Fuss
Höhe, welche mit eben so vielen Gemälden, ursprünglich
im Tempera ausgeführt, bedeckt sind. Zweiundzwanzig
von diesen Gemälden stellen die Passion und Verherrli-
chung des Erlösers dar, zwei an den von Thürert durch-
brochenen Wandflächen Scenen aus dem Leben des
heiligen Franciscus. Sämmtliche Gemälde wurden im
Jahre 1687 mehr oder weniger renovirt, und litten dann
besonders im Jahre 1809 nach dem Brande von Schwaz,
wo eine Menge Obdachloser im Kloster Zuflucht suchte.
Die einzelnen Gemälde begleite ich mit jenen kurzen
Bemerkungen über ihren Zustand, welche mir unser vor-
trefflicher Historienmaler Hellweger bei einem Besuche
des Kreuzganges machte.
1. Das letzte Abendmahl; eine reiche Composition;
der Saal, blos eine leichte Säulenhalle ohne Füllungs-
mauer, gewährt überall Durchsicht auf die Gasset) Jerusa-
lems, in denen viele Personen angebracht sind. Auf der
Seite wird gekocht; Judas geht rechts ab. Das Bild ist
sehr gut gezeichnet, die Contouren sehr werthvoll und
wühl zu ergänzen. Die Farbe ist ganz verschwunden.
2. Christus am Ölberge; ein würdevoll componirtes
Bild. Die Contour wäre zu retten, wie es denn überhaupt
besonders wünschenswert wäre, wenn in diesem Kreuz-
gang die Contouren von verständiger Hand ergänzt würden,
indem in ihnen der hauptsächlichste Werth liegt.
3. Die Gefangennehmung. Dies Bild wurde stark
übermalt, wobei man sich oft nicht an die alten vielfach
noch sichtbaren Umrisse hielt, obwohl diese weit mehr
Werth hätten als die Übermalung. Die Jünger, darunter
Johannes im Unterkleide, fliehen; Petrus haut dem Malchus
das Ohr ab.
4. Christus vor Kaiphas. Christus, äusserst majestä-
tisch und in würdevoller Ruhe, bildet den schönsten Gegen-
satz zur Leidenschaft seiner Gegner. Das Bild wurde in
den rothen Gewändern mit Ölfarbe übermalt, welche nun
bei ihrem Abfallen auch die Contour mitreisst. Man könnte
die Umrisse erhalten. Die Übermaler wichen auch hier von
der alten Zeichnung ab. Petrus, die Magd und ein Soldat
sind rechts abseits im Gespräche angebracht.
5. Die Verspottung. Was von Malerei noch sichtbar
ist, ist übermalt; die Contouren sind übrigens noch gut er-
halten, so dass sie zu retten wären. Christus ist sehr schön
gezeichnet, besonders erregt der edle Kopf Bewunderung.
Das Btld trägt die Jahrzah! 1526.
 
Annotationen