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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

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Nr. 11 (November 1863)
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Schöpf, Bertrand: Die gothische Pfarrkirche zu Schwaz in Tirol
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Müller, H. A.: Ein miniirtes Gebetbuch aus dem XV. Jahrhundert, in der Stadtbibliothek zu Bremen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0323

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decorirte, unter dem Kranzgesimse herumlaufende Band
zugleich dem Bedürfnisse einer Hervorhebung der Haupt-
linien entspricht.
DerTlmrm, ein einfacher, massig gezierter majestä-
tischer Bau (siehe Fig. 4) aus Haustein (rauchfarbigem
Dolomit) steigt in vier Stockwerken empor, deren oberstes
durch einfaches Masswerk schön geziert ist und einen Um-
gang aus steinernen Säulchen, an den vier Ecken aber mit
Fiaien trägt. Auf diesem Baue erhebt sich eine achtseitige,
etwas convexe Pyramide, auf weicher die vierseitige Laterne
mit ihren Füssen aufsteht. Pyramide und Laterne sind mit
starkem Kupferbieche überzogen.
Die Treppe an der rechten Seite der Fa$ade ist ein
späterer Zubau, was man daraus abnehmen kann, dass die
Steine derseihen nicht in dieStrebepfeiier eingebunden sind.
Auch war früher der Heim dieser Stiege anders geformt,
denn, wie man es noch von Innen sieht, war die Mauer nicht

horizontal abgeschiossen, sondern jede Seite endete in einen
Giebel, der ungefähr ein gleichseitiges Dreieck darsteiite.
Diese Stiege mag zur Zeit des Einbaues des westlichen
Musikchores auf'geführt worden sein, obwohl man durch sie
nicht blos in diesen Chor, sondern auch auf das Gewölbe
gelangt. Früher führte nur die Treppe, welche in dem Pfei-
ler neben dem Thurme angebracht ist und zu den Glocken
emporführt, zugleich auf das Gewölbe. Wie diese Treppe,
so schreibt sich auch das Madonnenbiid an der Fapade, das
aus Holz gefertigt ist, aus späterer Zeit her.
Die Kirche ist mit 1300 Kupferblechtafelu, von denen
jede ungefähr 70 Pfund wiegt, bedeckt, so dass das Dach
ein Gewicht von beiläufig 1030 Centner erreicht. Diesem
festen Kupferdache und ihrem durchgehends soliden Baue
überhaupt verdankt diese Kirche ihre Bettung bei dem hef-
tigen Brande von Schwaz im Jahre 1809.

Ein miniirtes Gebetbuch ans dem XV. Jahrhundert, in der Stadtbibiiothek zu Bremen.
Von H. A. Müi 1 e r.

Wenn das Interesse des in der Stadthihliothek zu
Bremen befindlichen Evangelienbuches Kaiser Heinrich's III.,
das wir im Märzheft 1862 besprachen, sowohl in der
zuverlässigen Angabe der Zeit und des Ortes seiner Ent-
stehung, als in der grossen Verwandtschaft mit dem Eg-
bertschen Codex in Trier einerseits, und mit dem Gothaer
Evangeliarium Kaiser Otto's 11. andererseits bestand, so ist das
Interesse, welches uns eine andere der auf jener Stadtbiblio-
thek aufbewahrten Handschriften gewährt, ganz anderer
Art. Ich meine das auf Pergament in Gross-Octavformat 192
Blätter enthaltende Gebetbuch, welches nach einem vor-
angeschickten bildgeschmückten Kalendarium mit einer
grossen Beihe von 0*17 Meter hohen,0*12Meter breiten,eine
ganze Seite einnehmenden Miniaturen und vielen Initialen
geziert ist. Die Zeit seiner Entstehung ist zwar weniger
genau anzugeben, als die der genannten drei Evangelien-
bücher, lässt sich aber doch aus der Form der Initialen,
noch mehr aus dem Style der Bilder, dem sehr durchgebilde-
ten landschaftlichen Theile der Darstellungen, dem Costüme
derPersonen und dem Style derRandornamente, welche aus
den bekannten leichten Arabesken, Blumen, Früchten,
phantastischen Menschen- und Thiergestalten bestehen,
dahin bestimmen, dass es gegen oder um die Mitte des
XV. Jahrhunderts entstanden sein muss. Man braucht nur
die im Britischen Museum befindlichen Manuscripte jener Zeit,
aus denen Timms und Wyatt in ihrem praktischen Werke
„the art of i'luminatiug" (Taf 80, 81, 82) Proben gegeben
haben, oder die in der Bibliothek des Arsenals in Paris auf-
bewahrten gleichzeitigen Gebetbücher zu vergleichen, um
sich von der stylistischen Übereinstimmung mit unseren
Malereien zu überzeugen. Schwieriger möchte es sein, den Ort

der Entstehung anzug. ben. Es kann nämlich nur in Fragp
kommen, ob es, als für den Privatgebrauch oderauch für den
Gebrauch in einem Nonnenkloster bestimmt, in England
oder aber in den Niederlanden, oder in Frankreich ange-
fertigt worden ist. Bei der ungemeinen Feinheit und Sauber-
keit der Zeichnung, die sich wohl mit den der besten seiner
Zeit ungehörigen Miniaturen des Britischen Museums
messen kann, bei dem in den Gestalten bemerkbaren Ein-
flüsse der Schule der van Eyck, sowie bei der offenbaren Ähn-
lichkeit der Randornamente mit den von Waagen (Kunst-
werke und Künstler in England, I. S. 143 ff. und in Paris
S.369ff.) beschriebenen Handschriften!) französischen und
niederländischen Ursprungs möchte ich mich für das nörd-
liche Frankreich erklären, wenn nicht die im Kalendarium
vorkommenden Heiligennamen so entschieden auf englischen
Ursprung hinwiesen, dass es schwer fällt, an eine Entste-
hung ausserhalb Englands zu glauben. Dazu kommt, dass
das Buch, wie die vermuthlich im XVII. Jahrhundert auf die
ersten sonst leeren Pergamentblätter geschriebenen engli-
schen Gebete beweisen, früher lange in England gewesen
ist. Dem sei wie ihm wolle: die englische Miniaturmalerei
des XV. Jahrhunderts unterschied sich schwerlich wesent-
lich von der niederländischen und nordfranzösischen. Was
vor allen Dingen unsern Codex sehr schätzenswerth macht,
ist jene Sauberkeit und Feinheit, jene echt miniaturartige
Ausführung der Bilder sowohl als der Randornamente und
der in letzteren sich kund gebende Reichthum an Motiven,
der sich auf allen Bildern stets neu erweist. Farben und

i) Leifier sind mir seine Tieasures of Art in Ureat Britain hier nicht
zugänglich.
 
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