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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

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Nr. 2 (Februar 1863)
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Weingärtner, Wilhelm: Die Breslauer Sculpturen am Ende des XV. und zu Anfang des XVI. Jahrhunderts
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W., K.: Der romanische Speisekelch sammt Patene im Schatze des Stiftes St. Peter in Salzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0044

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34 —

bei seinem zweiten vollendeteren Werke, einer Kreuzigung,
ziemlich hoch an der schmalen Ostseite der Magdalenen-
kirche angebracht, der Fall. Die auf die Anfertigung zu
beziehende Jahreszahl ist auch hier wiederum auf der Con-
sole eingehauen und weist 1308. Der zusammenbrechende
Körper Jesu wird mit Tüchern, welche unter den Armen
durchgezogen sind, von einem hinten über den Kreuzstamm
langenden Manne sorgfältig herabgelassen und sinkt in
Johannes und des Joseph von Arimathia Arme. Eine zahl-
reiche Menge von Personen, jede durch irgend welchen
kleinen Zug mit der Haupthandlung in Verbindung gesetzt,
stehen theilnahmsvoll umher, darunter aber nur eine weib-
liche weinende Figur. Die Köpfe sind sämmtlich originell
und charakteristisch; die Juden, in Geberde und Kleidung
dem Zeitcostüm entsprechend, scharf hervorgehoben. Die
Gegend ist auch hier hügelig, die beliebte Veste ist nicht
vergessen. Die Arbeit ist scharf und sehr tief, so dass zwei,
auch drei zur Hälfte und mehr ausgearbeitete Personen
hinter einander zu stehen kommen.
Diesem Denkmal in gewisser Beziehung verwandt, doch
von Dürer's Eintluss noch wenig oder gar nicht berührt,
ist ein Denkstein auf der Südseite der Elisabethkirche mit
der Inschrift: „1491 — am Sonntag vor anthoni ist ge-
storben Hedwigis Christotf rinttleischyn, des Erharn marcus
tochter". Dass die Arbeit später ist, als die angegebene
Jahreszahl, beweist eines Theils der Abschluss dieses Stei-
nes, welcher demFensterschluss des mit der Jahreszahl 1306
versehenen Rathhaus-Erkers nach dem Fischmarkt ent-
spricht, ferner die der allerspätesten Architectur des

16. Jahrhunderts gleichende architektonische ästige und
knotige Verzierung, auch der Faltenwurf macht es wahr-
scheinlich.
Mit der Arbeit des eben betrachteten Meisters hat es
die hügelige Gegend, die mehrfach erwähnte Burg und die
Tiefe des Reliefs gemeinsam. An demReichthume der Com-
position, Mannigfaltigkeit und Charakteristik der Gesichter
jedoch steht es ihm nach und neigt sich zu dem dritten
Meister auch in dem architektonischen Aufbau der Gruppen.
Ich hin daher ungewiss, ob ich es nicht lieber dem Letz-
teren zuschreiben und ein Schülerverhältniss zu dem zweiten
Meister voraussetzen soll, wodurch sich jene Gemeinsam-
keiten mit ihm von selbst erklären würden.
Jesus und Maria, am untern Rande auf beiden Seiten
des Steines stehend, empfehlen drei Personen der Obhut
Gottvaters, welcher auf einem etwas schwerfälligen gothi-
schen Sessel, der auf einem wunderlichen Wolkengeringei
fusst, herabschwebt. Zu seinerRechten und Linken beleben
eine Reihe musicirender Engel die Scene.— In der Bildung
der Gestalten lässt sich eine Hinneigung zum Edlen und
Idealen nicht verkennen. Die Arbeit ist nicht so übertrieben
tief und hart, wie die bei den vorhergehenden Werken.
Mit grösserer Wahrscheinlichkeit für ein Stück des
zweiten Meisters halte ich die auf der Nordseite derselben
Kirche sehr hoch angesetzte stark beschädigte Statuette:
Jesus von Pilatus dem Volke vorgestellt. Die am Sockel
hinlaufende Schrift konnte ich von unten nicht entziffern.
Jedenfalls bekundet diese Arbeit für freie Statuen keine
sonderliche Begabung. (Schius folgt.)

Der romanische Speisekeich sammt Patene im Schatze des Stiftes St. Peter in Salzburg.
(Mit einer Tafel.)

Bis zum Beginne des XIM. Jahrhunderts — dein Zeit-
punkte, in welchem den Laien der lateinischen Kirche bei
der Spendung des Abendmahles der Kelch entzogen wurde,
gab es für die Darreichung der Communion unter beiden
Gestalten eine besondere Gattung von Gefässen, welche die
Bezeichnung Speisekelche erhielten. Sie waren umfang-
reicher als die gewöhnlichen Priesterkelche, damit in der
Regel zu gleicher Zeit einer grösseren Anzahl Gläubigen das
heilige Abendmahl gespendet werden konnte, und an der
Kuppa mit doppelten Handhaben versehen, damit den Dia-
conen der Gebrauch derselben erleichtert war. Die Gläubi-
gen tranken dagegen nicht das Blut Christi wie aus einem
Becher , sondern saugten dasselbe mittelst kleiner Röhr-
chen (Fistulae) aus den Speisekelchen auf. Im Verhältnisse
zu den letzteren standen die zur Darreichung der Hostien
bestimmten Patenen oder Hostienschüsseln. Auch diese
waren grösser als die zu den Priesterkelchen gehörigen Pa-
tenen und an einzelnen Orten gleichfalls mit Handhaben ver-
sehen, um sie besser und sicherer handhaben zu können *).

Zu der erwähnten Gattung von Kelchen gehört ohne
Zweifel der Speisekelch sammt Patene und Fistuia, die
heute in dem Schatze des Stiftes zu St. Peter in S a lz b urg
aufbewahrt werden. Der Kelch (Fig. 1), 9% Zoll hoch und
in einem Durchmesser von 8 Zoll am obern Rande der
Kuppa, ist aus vergoldetem Silber angefertigt. Die Fläche
des kreisrunden und am äussern Rande mit Steinen
verzierten Fusses schmücken zwölf umgestürzte Bogenrei-
hen, die gegen den Knauf zu strahlenförmig zusammenlaufen
und in denen aus einer thurmartigen Architectur en relief
die Brustbilder von zwölf männlichen Gestalten mit Palmen in
den Händen sichtbar sind. Auf diesem Fusse ruht, und zwar
von demselben nur durch den aus Krystall geformten runden
Nodus getrennt, die Kuppa, die jedoch abweichend von der
Gestalt der gewöhnlichen romanischen Kelche, sich der
Vasenform nähert und in dieser Beziehung zu den eigen-
tümlichsten Erscheinungen unter den liturgischen Gefässen
dieser Gattung gehört. Auch die Ausschmückung der mit
zierlichen Henkeln versehenen Kuppa ist ähnlich wie jene
des Fusses. In zwölf ovalen Feldern der untern Hälfte
sind gleichfalls en relief zwölf männliche, als Propheten
 
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