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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

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Nr. 8 (August 1863)
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Merklas, Venceslav: Ein Wandgemälde der Zipser Domkirche
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Weiss, Karl: Die Elfenbein-Reliquientafel des Domschatzes zu Agram
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0241

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besäet. Das Kleid des Jesuskindes ist iicht, wahrscheiniich
ehemals weiss mit schmutziggrauen Schatten; den gold-
farbigen Thronsessel zieren dunkle Edelsteine und weisse
Perlen. Das Kleid des Königs ist grün, der Mantel roth;
ersteres ebenfalls mit weissen Ringen, letzterer mit gelben
in Rosetten zusammengestellten Punkten ausgestattet. Der
Erzbischof trägt eine weisse Infel mit gelben Streifen und
einen dunkelrothen Mantel; das Kleid ist jetzt grau mit
Resten weisser Farbe, die lange Stola weiss mit schwarzen
Querstreifen. Der Talar des Propstes hat eine sehr zwei-
felhafte, in's Braune übergehende Farbe. Des Castelians
Kleid ist roth, der Mantel blau, die herabhängende Binde
gelb, das Wehrgehenk des Schwertes beinahe weiss. Die
beiden Heiligenscheine sind gelb angelegt, jener der
Maria mit drei farbigen Kreisen eingefasst, sonst ohne
Spur von Gold. Das Rankenwerk des breiten, gelb grün-
deten Ornamentfeldes besteht aus dicken, schwarzen
Linien, die Blätter sind rosenroth; die äusserste Orna-
mentleiste enthält weiss und schwarz colorirte Verzie-
rungen. Die Ausführung hält gleichen Schritt mit der mehr
oder minder vollendeten Zeichnung. Die licht gehaltenen
Köpfe des Königs, des Erzbischofes und des Castelians
sind zwar gegenwärtig sehr flach und leer, fast nur auf
die Angaben mit dunkeln Strichen beschränkt; dies dürfte
jedoch dem Meister nicht zur Last fallen, da der ver-
hältnissmässig gut erhaltene Kopf des Propstes noch das
ursprüngliche ziemlich kräftige Relief zeigt, und Farben-
reste in den Köpfen der Maria und des Kindes eine sehr
zarte Detaillirung verrathen. Ob die mit schwarzer Farbe
umrissenen Hände schon ehedem die noch jetzt sichtbare
sehr schwache Färbung hatten, muss dahin gestellt blei-
ben. In den Gewändern scheint der Meister mittelst reiner
intensiver Farben im Lichte, und mannigfach gebrochener
in den Schatten mit Erfolg auf den Effect der Rundung
einzugehen; dunkle Umrisse als Grundlage der Ausführung
sind aber nicht zu bemerken, da eben an diesen Stellen
die tiefsten Farben am stärksten verblichen sind, und nur
schmutzige unbestimmbare Striche hinterlassen haben.
Weit weniger Aufmerksamkeit verwendete der Künstler

auf die Nebenpartien, den Thron, die Kronen u. s. w.,
selbe sind nur mit rohen Umrissen und einfachen Farben
ohne alle Schattenangabe ausgeführt; fast eben so einfach
ist das Ornament gehalten, dessen Motive aber ohnehin
zu keiner mannigfaltigeren Behandlung geeignet waren.
Eine Untersuchung des Bindemittels der Farben wurde
nicht vorgenommen; selbe vermögen auch jetzt an den
weniger angegriffenen Stellen selbst einer gelinden
Waschung ohne Nachtheil zu widerstehen, und sind daher
vielleicht nach Art der sogenannten Temperafarben vor-
bereitet worden; von der ursprünglichen Solidität der
Technik liefert das Werk den sichersten Beweis in der
Thatsache, dass es sich Jahrhunderte hindurch unter der
Kalkkruste zu erhalten vermochte.
Die Jahreszahl 1317, gegen deren Echtheit sich kein
gegründeter Zweifel Vorbringen lässt, überhebt uns der
Untersuchung über das Alter unseres Wandgemäldes; hin-
gegen wird uns nicht der geringste Anhalt geboten, der
uns auf die Spur des für seine Zeit bedeutenden Meisters
leiten könnte; ob die Reste des einem Monogramme ähn-
lichen Zeichens neben dem Haupte der heiligen Jungfrau
auf seine Person bezogen werden dürfen, wagen wir nicht
zu entscheiden. Indess spricht die Arbeit des Meisters
selbst dafür, dass er nicht nur der Zeit, sondern auch
seiner Richtung nach der Übergangsperiode von der roma-
nischen zur gothischen Kunst angehört, sich aber zugleich
in seinen Figuren über die noch immer gangbare einfache
Farbenangabe merklich erhebt, und daher vielleicht an
Orten, wo die Wandmalerei durch sorgsamere Pflege zu
einem tieferen Eingehen in die Formendarstellung ge-
diehen war, seine Bildung empfangen, oder wenigstens
Werke dieser vorgeschrittenen Richtung — die monu-
mentalen Wandgemälde Italiens? — gesehen habe, deren
Studium er auf seine eigenen Arbeiten übertrug. Jedenfalls
bleibt aber bei allen dem ein schweres Räthsel zu lösen,
nämlich der durchgängige Gegensatz der ausführlichen
Behandlung des Figürlichen zu der überaus dürftigen der
übrigen Theile des Werkes.

Die Elfenbein-Reliquientafei des Domschatzes zu Agram.
(Mit einer Tatet.)
Von Karl Weiss.

Die Kunst, in Elfenbein zu schnitzen, war eine in der
altchristlichen und mittelalterlichen Epoche sehr verbrei-
tete. Mit Elfenbeinschnitzwerken waren Diptychen, Trag-
altäre, Bücherdeckel, Hostienbüchsen, Reliquiarien, Krumm-
stäbe und andere kirchliche Geräthe, ferner Schmuckkäst-
chen, Kämme, Jagd- und Trinkhörner geschmückt, und es
waren derlei Arbeiten insbesondere ein grosser Handels-
artikel von Italien und Byzanz. Dass daher noch viele Elfen-
beinarbeiten aus jener fernen Zeit vorhanden sind, darf

nicht verwundern, weil sie einst sehr zahlreich im Gebrau-
che und nicht wie Gefässe von Gold und Silber anlockend
genug waren, um sie aus Rücksicht eines materiellen Ge-
winnes zu vernichten, oder gegen andere neue Geräthe
umzutausehen. Weit mehr muss es bei oberflächlicher
Betrachtung der Verhältnisse überraschen, dass über das
Alter vieler Elfenbeinschnitzwerke so grosse Unklarheit
herrscht und für die Chronologie derselben so wenige
massgebende Anhaltspunkte vorhanden sind. Irren wir
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