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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

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Nr. 10 (October1863)
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Merklas, Venceslav: Der alte Teppich in der St. Jakobskirche zu Leutschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0300

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Der a!te Teppich in der St. Jakobskirche zn Leutschan.
Von Wenze! Merktas.

Der Teppich, dessen Skizze wir in der beifolgenden
Zeichnung (Fig. i)mitthei!en, befindet sich an der Rückwand
der schönen gothischen Rathsstühie unter detn Chore. An
einem dunklen Orte, wohin er augenscheiniich nicht passt,
wo er mehr stört ais ziert, nachlässig befestigt, bteibt er als
unscheinbare Nebensache unbeachtet, dem aHmähiicken Un-
tergänge preisgegeben, und erst bei näherer Untersuchung
ergibt es sich, dass wir kein gewöhnliches Decorations-
stück, sondern ein altes mit der Nadel ausgeführtes Kunst-
werk vor uns haben. Leider ist es in seinem gegenwärtigen
Zustande kaum ein Schatten des ursprünglichen Glanzes;
seit Jahrhunderten nicht gereinigt, sind die Farben mit
dichtem Schmutze belegt, grossentheils verändert und ver-
blichen; der Stoff an manchen Stellen morsch, ja in der

den Spitzen abgestutzten Schuhe sind ebenfalls gelb; auf
dem Haupte trägt er eine zinnoberrothe Mütze mit hoch-
aufgestülpter Krempe. Die neben ihm stehende Dame mit
einem Falken auf der Hand hat einen weiten dunkelrothen
Mantel, und einen schwarzen gelb eingefassten Schleier,
welcher das gescheitelte Haar theiiweise frei lässt, und
mittelst einer breiten blauen Schleife am Hinterhaupte
befestigt ist. Das grossfaltige Gewand der dritten Figur ist
blau mit grossen dunkelblauen Blumen und gelbem Kragen,
ihr Barett ist schwarz, mit gelben Bändern geziert. Die
vierte und fünfte Figur haben, so weit sich noch unter-
scheiden lässt, eine der zweiten ähnliche Bekleidung, der
Mantel der letzteren war kirschroth. Die sechste Figur
stellt einen jungen Herrn in gelbem Wamms und Beinkleid


(Fig. 1.)

Mitte gewaltsam zerstört, da er, um für das Schnitzwerk
Raum zu schaffen, zerrissen und nebstbei mit Nägeln viel-
fältig durchlöchert wurde. Es bleibt somit zur näheren
Bestimmung des Details und der Farben nichts anderes
übrig, als die Reste derselben, und wo thunlich auch die
Rückseite zur Hilfe zu nehmen, und die verdunkelten Um-
risse aus dem Gange der Stickerei zusamtnen zu lesen;
wiewohl auch auf diesem Wege kaum ein durchwegs
befriedigendes Ergebniss zu erreichen ist.
Der Teppich stellt eine Jagdscene vor, an welcher
acht vornehme Herren und Damen theilnehmen. Am linken
Ende steht ein junger Mann, im Begriffe, den an eine
Schnur gebundenen Falken fliegen zu lassen. Sein mit
weiten hängenden Ärmeln und einem Hermelinkragen ver-
sehenes Oberkleid ist orangegelb, mit schwarzem gross-
linigem Dessin geziert; die bauschigen Ärmel des blauen
Leibrockes sind roth eingefasst; das Beinkleid und die an

nebst rosenrothen Schuhen vor, mit einem dunkeln licht-
gestreiften Hute, unter welchem ein Stück eines Haar-
netzes oder einer Mütze sichtbar ist. Er hebt einen grossen
schlanken Jagdhund am Kopfe in die Höhe, um der vor ihm
stehenden sich vorneigenden Dame den erbeuteten Vogel
reichen zu lassen. Die vorletzte Gestalt, mit einem ehemals
orangegelben schwarzgemusterten Schleppkleide, weiten
beinahe auf die Erde reichenden Ärmeln, kirschrothem
schwarzgestreiftem Kragen und gelber Haube, trägt einen
Falken mit ausgebreiteten Flügeln auf der linken Hand. Die
Reihe wird von einem Ritter geschlossen, welcher in einen
lichfbraunen schwarzverbrämten Mantel gehüllt ist und eine
kirschrothe Mütze auf dem Kopfe hat. Die Färbung der
Köpfe scheint schon ursprünglich sehr licht gewesen zu
sein; Nase, Mund und Augen sind nur mehr mit Mühe zu
erkennen; die Haare, blond oder lichtbraun, fallen schlicht
auf den Nacken, und sind nur zierlich detaillirt. Den Hin-
 
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