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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

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Nr. 3 (März 1863)
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Weininger, Hans: Die mittelalterlichen Teppiche im Rathhause zu Regensburg
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Weingärtner, Wilhelm: Die Breslauer Sculpturen am Ende des XV. und zu Anfang des XVI. Jahrhunderts, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0076

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Übersehe also Niemand, der nach Regensburg kommt,
im Ratbhause die alten Tapeten in Augenschein zu nehmen,
überhaupt verlohnt dieses Gebäude mit seiner Folter- wie

Modelikammer, dem Reichssaale etc. etc. allein schon eine
Reise dahin, der fürstlich Taxis'schen Residenz gar nicht
zu gedenken.

Die Breslauer Sculptureu am Ende des XV. und zu Anfang des XVI. Jahrhunderts.
Von Wilhelm Weingartner.
(Schluss.)

Was nun den Schüler betrifft, den dritten grossen
Künstler unserer Zeit, so hat er die Art seines Meisters
bald gänzlich verlassen und eine in jener Zeit sehr übliche
Bahn betreten, um auf diesem Wege Werke hervorzu-
bringen, von denen die letzten alle mir bekannten Stein-
arbeiten ähnlicher Art weit hinter sich lassen. Er verdankt
seine Eigenthümlichkeit und seine Grösse einem gewissen
instinctiven Schönheitssinn, welcher ihn in der Composition
und Wahl der Körperformen frühzeitig zu einer Nachahmung
der Italiener leitete.
Nachtheilig wirkte diese Nachbildung fremdländischer
Eigenheiten auf seine eigene Composition. Er gewöhnte
sich von frühauf an einen gewissen architektonischen Auf-
bau der Figuren, wie er den Gemälden der altitalienischen
Meister anhaftet. Schädlich war diese Anordnung, wo sie
immer sich zeigte, der jedesmaligen Handlung; viele seiner
Figuren sind daher nur raumfüllend. Merkwürdig bleibt es
dabei jedenfalls, dass er vielleicht zu den ersten Künstlern
Deutschlands gehört, welche die Muster für ihre Thätigkeit
jenseits der Alpen aufsuchten. Er mag daher nicht wenig an
dem frühzeitigen Umsichgreifen der Renaissanceformen in
Breslau schuld gewesen sein. Über die meist mit einem
flachen Rundbogen geschlossenen Umrahmungen seiner
Reliefs, hereinschauende Engel und Engelsköpfe, Blumen-
und Fruchtguirlanden, renaissanceartige Verzierung der
Einkehlungen sind bei ihm schon häutig. Sein Meissei
erlangte in der letzten Zeit seiner Thätigkeit eine uner-
hörte Sauberkeit und Nettigkeit. Seine Reliefarbeit ist weit
entfernt von der unangenehmen Flachheit des ersten und
der übertriebenen Tiefe des zweiten Meisters, überhaupt
bildet er auch in mancher andern Beziehung eine Vermitt-
lung zwischen ihnen, wozu ihn sein Sinn für Ebenmass
befähigte.
Von den freien Statuen Breslau's bin ich geneigt, ihm
drei in der Gesichtsbildung einander sehr ähnliche Marien
zuzuschreiben. In dem runden sanften Oval erinnern sie
unwillkürlich an den Nürnberger Typus, in der Haltung ist
keine der andern völlig gleich; auch dies veranlasst mich
sie ihm und nicht dem erstgenannten Meister beizulegen,
an den ich zunächst bei der am Haupteingange der Magda-
lenenkirche befindlichen dachte. Noch mehr werde ich in
dieser Ansicht durch die Schildbildungen am Sockel der in
der Elisabethkirche aufgestellten bestärkt, welche den
Arbeiten am Rathhause vollkommen gleichen.

Für das Original unter ihnen halte ich die an der
Magdalenenkirche links vom Eingänge auf eine Console
stehende: Maria ist lebensgross als Himmelskönigin auf
der Mondsichel stehend dargestellt. Zärtlich hält sie das
auf ihrem rechten Arm sitzende Kind, mit dem auch die
linke nach vorne greifende Hand beschäftigt ist. Auch diese
Arbeit erinnert mich an einen Kupferstich Dürer's.
Fast ganz dieser Arbeit entsprechend ist die am Sockel
mit 1499 und dem Namen Caspar Beinhart bezeichnete
Maria an der Sacristei derselben Kirche. Dass der hier
genannte Name der des Künstlers sei, muss ich so lange
bezweifeln, bis ein Bildhauer dieses Namens urkundlich
nachgewiesen ist; bis jetzt halte ich ihn für den Besteller
und Donator des Werkes, dessen treue Wiederholung er
wahrscheinlich verlangt hat. Wie jene trägt auch diese
Maria auf den wallenden Haaren die Krone des Himmels.
Die sie umgebende vergoldete Mandorla kann späterer
Herkunft sein.
Von dem Beifall, welchen dieses Werk fand, gibt eine
dritte Nachbildung, im Innern der Elisabethkirche an einem
Pfeiler angesetzt, Kunde. Die Darstellung ist insofern ver-
ändert, als die Bewegung des hier querliegenden Kindes
lebhafter ist. Über dem Haupte der gekrönten Maria erhebt
sich ein gothischer Baldachin, der Sockel unter den Füssen
ist mit einer scheinbar tragenden Figur verziert. Die Arbeit
ist gewandter. Dass wir hier ein Werk des dritten Meisters
vor uns haben, ist zweifellos; bedenklich könnte es nur
sein, ob die beiden ersten nicht seinem Lehrer zugehören,
was am ersten die Ähnlichkeit mit den Nürnberger Arbeiten
erklären würde. Unbedenklich aber gehört der Hand des
dritten Künstlers die unter einem schirmenden Baldachin
an dem Eckhaus der Nikolai- und Beuschenstrasse unfern
der Barbarakirche befindliche, in jeder Beziehung im
Marientypus gehaltene heilige Barbara, welche die Linke
auf das ihr eigene Symbol des Thurmmodelles legt, während
sie triumphirend auf einer männlichen wohl allegorischen
Figur steht, deren Miene und Lage (er hat den Kopf
auf den linken Arm gestützt) mehr einem Schlummernden
als einem Überwundenen gleicht. Unter allen Breslauer
Sculpturen dürfte diese ansprechende Statue um ihrer
günstigen Stellung willen, die am meisten bekannte und
geachtete sein, da sie schon oft die Aufmerksamkeit und
Bewunderung Fremder erregt hat. Seitwärts am Sockel
sind zwei Schildarbeiten eingehauen. Ein Werk desselben
 
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