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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

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Nr. 10 (October1863)
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Woltmann, Alfred: Das Augsburger Skizzenbuch des jüngeren Hans Holbein
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0284

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274 —

und bedeutend. Mit dem b&fübmten Brustbilde int Basler
Museum, das ihn int kräftigsten Jünglingsalter mit rothem
Hut darstellt, hat es entschiedene Ähnlichkeit. Auch
das Gesicht des Ambrosius ist geistvoll und lebendig. —
Noch ein Mitglied der berühmten Künstlerfamilie, den
Oheim dieser beiden, erblicken wir auf einem zweiten
Blatte. Dieses, mit der Inschrift „&'</77!M726?
versehen, zeigt einen geistvollen, äusserst lebendigen
Protiikopf, mit grossem Bart und langem Haar. Ein poeti-
scher Hauch ist über das Künstlerangesicht ergossen,
welches, leicht und meisterhaft in farbigen Stiften aus-
geführt, zu den trefflichsten Zeichnungen der Sammlung
gehört. Mit dem Porträt des Sigmund, welches Sandrart
nach einer Zeichnung von Hans Holbein dem Jüngeren,
die er selbst besessen, im Kupferstiche mittheilt, stimmt
dieses so sehr überein, dass man vermuthen möchte, es
sei dasselbe Exemplar, wenn nicht die Inschriften ver-
schieden wären i).
Eine grössere Reihenfolge von Zeichnungen stellt
Mönche des Klosters St. Ulrich vor. An der Spitze
„Uoitimt JfciVm au n/iucA", welcher diese
Würde von 1496 bis zu seinem Tode, am 2. Februar 1510,
bekleidete. Möriin war in Augsburg von ehrsamen Eltern
geboren, seine Familie stammte aus Ulm. Schon früher
hatte er sich um das Kloster sehr verdient gemacht; im
Jahre 1493 brachte er durch Predigen das Geld für ein
kostbares Reliquiarium des heiligen Simpertus auf. Beim
Tode des Abtes Johann von Giltlingen konnte
die Wahl nur auf ihn fallen. Jetzt war er für das Wohl
und den Glanz des Stiftes auf das Eifrigste besorgt, nahm
sich des Kirchenbaues an, und legte den Grundstein zu
den Thürmen, förderte wissenschaftliche Studien, so wie
die Schreib- und Malerkunst, sendete Studirende nach
Ingolstadt, der neu gegründeten Universität a). Seine
Züge haben wenig Angenehmes. Er ist das Bild behäbiger
geistlicher Vornehmheit. Interessanter ist sein Nachfolger,
der häufig abgebildete Johannes Schrott, von welchem
die Stadtchroniken und Klostergeschichten viel zu erzählen
wissen. Er war der Sohn eines augsburgischen Bürgers
und Bäckers, und wurde seines äusserlich guten Betragens
wegen schon im 33. Jahre seines Alters in die oberste
Würde des Stiftes eingesetzt. Bald indess zeigte sich,

1) Deutsche Akademie , II. Theit, Itl. Buch, S. 249: „...das von den
jungen Hans Holbein gezeichnete Contrafait seines Vaters und des-
setben Bruders, der auch ein guter Maier gewesen, (die ich ort-
yVnaHter beihanden habe, und in der Kupferplatte HE sammt des
jungen Hoibeins Hand 1312datirt, dengrossgünstigen Liebhaber mit-
theiie) ais bei den ersten diese Worte zu ßnden : Contrafat von Hans
Holbein dem aiten Mahier; bei dem andern aber: Sigmund Hoibein,
Mahier und Bruder des äitern".
^) Fr. Wiiheim Wittwer Catalogus Abbatum monasterii S. Udairici
et Afrae Augustensis (bis 1497) in St eiche ie's Archiv für die Ge-
schichte desBisthumsAugsburg, 111. Bd., 1860. — Placidus Braun
Geschichte der Kirche und des Stiftes der Heiiigen Ulrich und Afra.
Augsburg 1817.

dass dies nur Verstellung gewesen, und er artete so sehr
aus, dass sich schon im Jahre 1513 der Bischof ge-
zwungen sah, ihm wegen seiner schlechten Verwaltung
und seines verdächtigen Wandels die weltliche Admini-
stration abzunehmen, seine klösterliche Disciplirt einzu-
schränken, und für seine Beaufsichtigung Sorge zu tragen.
Diese Erniedrigung hielt Schrott nicht aus; er entfloh
und begab sich zu seinem Gönner, dem Cardinal und
Erzbischof von Salzburg, Matthäus Lang, welcher
bekanntlich ebenfalls augsburgischer Abkunft war. Durch
ihn gewann er den Papst L e o X., und kehrte unter dem
Schutze dieser beiden in die Abtei zurück, welcher er zur
grossen Unzufriedenheit des Convents noch lange Vorstand.
Seine Ausschweifungen nahmen immer zu, er versetzte
alle Güter und Mobilien, borgte 20.000 Gulden aus und
sah sich endlich gezwungen, das Kloster zum zweiten Male
zu verlassen und seiner Würde zu entsagen; 1534 ist er
im Auslande gestorben i). — Schrott's Bildnisse verrathen
eine bedeutende Persönlichkeit. Streng in Haltung und
Blick sieht er wie ein Klosterdespot aus, und als ein
solcher hat er wohl auch dem Convent gegenübertreten
müsset), d r seine Herrschaft mit Unwillen ertrug. Das
stark hervortretende Kinn deutet auf Willenskraft und
Trotz; die breiten Züge werden immer verschwommener,
zeigen immer mehr die Spuren seines ausschweifenden
Lebens. Fünfmal ist er abgebildet; das erste Blatt zeigt
einen Profilkopf mit der Aufschrift: v. N. Ffi'tcA zJci'
XcAi'ofü Die Inschrift des zweiten ist gleichlautend, die
des dritten heisst: Ein
vierter Mönchskopf mit einer Kappe sieht ihm sehr ähnlich
und endlich ist er noch einmal mit einem anderen Kloster-
geistlichen zusammen auf einem Blatte dargestellt.
Häufig und mit besonderer Vorliebe hat der Künstler
ein anderes Mitglied des Stiftes gezeichnet. Es heisst in
der Inschrift:
U&i'cA 7Mi( Noch auf einem andern Blatte
ist der zu erkennen, während hier
der übrige Theil der Inschrift nicht zu entziffern ist. So
viel sich wahrnehmen lässt, lautet sie :
Zf(?7M 77237* S. %7'^M%".
Auch zwei Zeichnungen in Kopenhagen stellen ihn
dar, deren eine sich als eine flüchtige, aber meisterhafte
Skizze vor vielen der dortigen Blätter auszeichnet und die
Inschrift trägt:
„Z)g7* Ai'. Zf^Azzi'^ Aa? acA
7'2/(<?72 2/Z'7?2ncA( P72z/c2*aZ'A2l/"
Genaueres über ihn erfahren wir aus Wittwer's
Catalogus Abbatum. Auch hier wird „Leonhardus
Wagner alias W ü r s 11 i n de S c h w a b m e n c h i n g e n"

i) PI a c id i us B r au u a. a. O. — W e ) s e r's Chronik der WeHberühmten
R. St. Augsburg, übersetzt durch Engelb. Werlichius, 1595.
 
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