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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0140

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136

Kapitel II

bung des Waffenstillstandes von 1214 boten die unvermeidlichen Zwischen-
fälle, wenn sich Kaufleute, deren Sicherheit der Vertragstext garantierte, über
ungerechte Behandlung beschwerten. Eine umfassende Begründung trug
Philipp II. selbst Ende April 1216 auf einem nach Melun einberufenen Hoftag
in Anwesenheit des päpstlichen Legaten Guala vor: Niemals sei England Teil
des pidn'mom'Mm P<dn gewesen und sei es auch jetzt nicht. Johann Ohneland
sei niemals rechtmäßig König gewesen (oder sei es doch jedenfalls nicht
mehr), da er durch das englische Hofgericht wegen seines Verrates an seinem
Bruder Richard, dann durch das französische Hofgericht wegen seines Mor-
des an seinem Neffen Arthur verurteilt worden sei. Selbst als rechtmäßiger
König aber hätte er über sein Reich nicht frei verfügen und die Barone seines
Reiches zu Knechten machen können, indem er sein Reich der Zinspflicht ei-
nes Dritten unterwarf. Als nächster Erbe und durch Wahl der englischen Ba-
rone sei sein Sohn Ludwig der rechtmäßige König von England. Weder, wie
aufgezeigt, als Vasall des Papstes noch als Kreuzfahrer sei Johann gegen die
Ansprüche Ludwigs geschützt, da er das Kreuz erst genommen habe, nach-
dem Ludwig seine Ansprüche erhoben und durchzusetzen begonnen hattet
In einem Schreiben an den Abt und Konvent von Canterbury entfaltete
Ludwig (VIII.) diese Argumentation und stilisierte sich zum Verteidiger
kirchlicher und baronialer Freiheitsrechte. Ausführlich wies er nach, daß Jo-
hann und sein Sohn Heinrich ihren Anspruch auf den englischen Thron ver-
wirkt hatten; ebenso sorgfältig arbeitete er seine doppelte Legitimation durch
Wahl und Erbrecht heraus. Mit keinem Wort ging er dagegen auf die Per-
spektive ein, daß seine Erhebung zum englischen König langfristig eine Ver-
einigung Englands und Frankreichs unter einer Herrschaft zur Folge haben
würde; offensichtlich spielte dieses Argument in der Auseinandersetzung der
Jahre 1216/1217 keine entscheidende Rollet
»Ludwig, erstgeborener Sohn des Herrn Königs von Frankreich, grüßt Abt und
Konvent von Canterbury und (übermittelt ihnen) die Zuneigung aufrichtiger Lie-
be^.
Damit niemand in unserer das Königtum von England betreffenden Angelegenheit
eure Einfalt durch falsche Einflüsterungen täusche oder in eurem Gewissen Beden-
ken gegen uns wecke, wollen wir, daß die nackte und reine Wahrheit dieser Sache
zu eurer aller Kenntnis gelange. Wisset also, daß wegen des offenkundigen Verrates,
den Johannes, einst König von England, gegen seinen Bruder König Richard began-
gen hat, während er sich im Königreich Jerusalem aufhielt (d.h. während er den
Schutz eines Kreuzfahrers genoß), er bei der Rückkehr seines Bruders rechtsförmlich
geladen, angeklagt und gerichtlich vor seinen Standesgenossen und durch sie als
Verräter verurteilt wurde; dieser Urteilsspruch wurde durch den Mund Hugos, da-
mals Bischof von Durham, feierlich verkündet, so daß nach dem Tod König Richards
das Anrecht auf das Königtum von England auf die Königin von Kastilien und ihre

232 CARTELLIERI (1899-1922), Bd. 4, S. 518-523; ebd. 524-530 zu den nachfolgenden Verhandlun-
gen an der Kurie.
233 William Thorne, Chronicon de rebus gestis abbatum Sancti Augustini Cantuariae 578-1397,
in: Historiae Anglicanae Scriptores 10, hg. v. Roger Twysden, London 1652, S. 1757-2202,
hier: Sp. 1868-1870.
234 Lodouzz'czzs, dozzzz'zzz regz's Frazzcorzzzzz przzzzogezzzizzs, aMzafz et cozwezzfzz; saz-zcfz Atzgrzsfz'zzz Cazzf. satzz-
fezzz et sz'zzcez*ae dz'tecfz'oziz's a^ecfzzzzr.
 
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