Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0017

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
A. Einführung

1. Die fürstliche Familie und Dynastie als -
einleitende Beobachtungen
»Die junge und alte Herrschaft«, »die ganze, lebendige und tote Herrschaft«,
»zugunsten unserer Kinder und der gesamten Herrschaft«: Wenn es den
Markgräfinnen und Markgrafen von Brandenburg-Ansbach untereinander
um ihre eigene Familie und Dynastie als Gruppe ging, redeten sie von der
»Herrschaft«. Sie brachten damit zum Ausdruck, daß sie die Herrschaftsinha-
be als ein Wesensmerkmal ihres sozialen Verbandes ansahen.'
Diese Perspektive bestimmt auch die vorliegende Studie. Sie untersucht,
wie die Angehörigen fürstlicher Familien im Übergang vom Mittelalter zur
Frühneuzeit ihre Beziehungen untereinander - innerhalb der Familie, Dyna-
stie, Verwandtschaft - gestalteten. Das Beziehungshandeln dieser Gruppe
wird dabei als Teil fürstlicher Politik und Herrschaftspraxis verstanden.
Zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen der Familie als sozialer
Gruppe und dem umfassenderen Gebilde der Dynastie ist anzumerken, daß
die Begriffe (Adels)Familie, Dynastie, Haus und Geschlecht in der Forschung
gelegentlich fast synonym gebraucht oder ohne nähere Abgrenzung zu Dop-
pelbegriffen verknüpft werden (Familie und Dynastie, Haus und Geschlecht).
Während es für Famz'ü'e eine Vielzahl von Definitionen gibt, wird Dynastie nur
selten systematisch bestimmt. Die Dynastie ist nach geläufiger Auffassung
ein Verband mehrerer - gleichzeitig oder nacheinander existenter - Familien
und umfaßt neben den lebenden Angehörigen auch die verstorbenen und zu-
künftigen Mitglieder, also eine Generationenkette. Sie verfügt gegenüber der
Familie über stabilere Kontinuität sowie »erhöhte Identität« und stellt daher
gewissermaßen »eine optimierte Erscheinungsform der Familie« daü
Trotz der engen Verknüpfung zwischen Familie und Dynastie müssen ihre
Interessen und Ziele nicht notwendig identisch sein, vielmehr können »dyna-
stische Vernunft« (Verzicht auf Kosten der eigenen Familie zugunsten des
größeren Verbandes) und »familiärer Egoismus« (Zeugung und Versorgung
eigener Kinder und Herrschaftsweitergabe an sie) durchaus im Widerstreit
liegen/ In jedem Fall sind die Familien- und Dynastiemitglieder doppelt ver-

1 Vgl. zum Begriff »Herrschaft« als Selbstbezeichnung S. 50ff.
2 So zutreffend WEBER, Dynastiesicherung, S. 95. Ein entsprechendes Lemma im Lexikon des
Mittelalters etwa fehit. Vgl. aber jüngst die Definition bei WUNDER, Einleitung, S. 18.
3 WEBER, Dynastiesicherung, S. 95. Vgl. zum »Bewußtsein einer Kontinuität« als dem »subti-
len Kem dynastischer Kraft« MELVILLE, Vorfahren, S. 216.
4 Vgl. SPIESS, Erbteilung, passim.
 
Annotationen