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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0217

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Raumbezüge und Sozialtopographie

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harrns von Küstrin von 1561 nennt bei der Verteilung von Lichtern die Woh-
nung des Fürsten (»unser Gemach«) und, subsumiert unter die Räumlichkei-
ten des Frauenzimmers, noch einmal »unser gemach«." Dies mag eine Folge
mangelnder Systematik sein, könnte aber auch darauf hindeuten, daß sich
tatsächlich Räume des Fürsten im Frauenbereich befanden bzw. daß sich Für-
stenwohnung und Frauenzimmer teilweise überlappten. Eine Klärung dieser
Raumbezüge und Wohnverhältnisse wäre höchst aufschlußreich hinsichtlich
der Beziehungen zwischen Fürst, Fürstin und Hofjungfrauen. Die Bezie-
hungsfrage wird im Zusammenhang mit den Aufenthaltsorten und Lebens-
umständen der Frauen später noch erörtert. Vorab sollen nun die markgräfli-
chen Kinder in ihrem Logis aufgesucht werden.

1.3. Das Kinderquartier
Wie der Fürst und die Fürstin waren auch ihre Kinder und deren Betreuungs-
stab in eigenen Wohneinheiten (»gemach«) mit mehreren Räumen unterge-
bracht, und zwar im oberen Schloßbereich, in nächster Nähe zum Frauenzim-
mer. Wer Mobilien (z. B. Bettzeug) inventarisierte, betrat auf seinem Rund-
gang angrenzend an die Frauenräume die zum »kinds gemach« gehörigen
ZimmerV Auch Bestimmungen zur Hofordnung deuten auf die Nachbar-
schaft von Frauen- und Kindertrakt hin. ^
Das »kinds gemach« mußte speziellen Anforderungen genügen, was Luft,
Licht, Auslauf und Sicherheit betraf. Im Mittelpunkt stand stets die Gesund-
heit der Kinder. Bei den Schutzbestimmungen ging es weniger darum, Über-
griffe auf die Fürstenkinder wie etwa beim spektakulären Altenburger »Prin-
zenraub«" als vielmehr das Einschleppen ansteckender Krankheiten zu ver-
hindern. Erfahrungsgemäß stand es bei Epidemien »zuvor mit jungen leüten
ferlich«." Zur Seuchenabwehr wurde daher die Kinderwohnung strikter als
andere Schloßbereiche unter Quarantäne gestellt. Kurfürst Albrecht Achilles
etwa ordnete 1472 in Abwesenheit an, daß aus der Stadt Ansbach niemand

72 KERN, Hofordnungen 1, S. 43. Als zum Frauenzimmer gehörig sind ferner unter anderem
»unser gemal gemach« und das »freulein gemach« seiner noch unverheirateten Tochter auf-
geführt.
73 Vgl. das Inventar des in Ansbach vorhandenen Bettzeugs, Wildgarns und Küchengeräts,
4. Okt. 1471. CDB C 2, Nr. 51, S. 47-50. Ansbacher Inventar vom 3. März 1528. StAN, Fm.
AN, Brand. Lit. Nr. 318, Bl. 98v-100r (Abfolge »frauenzimer in meins gnedigenn herrn ge-
mach«, »kinndsgemach«, »junckfrau stubenn«). Bettzeuginventar aller markgräflichen
Schlösser im Ober- und Niederland 1541. StAB, C3-73. Zur Entsprechung zwischen dem
Gang des Inventarisators und der Raumabfolge in Inventaren HOPPE, Struktur, S. 45. HERR-
MANN, Burginventare, S. 84.
74 Vgl. die Abfolge von Personengruppen bzw. Räumlichkeiten, die mit Suppe, Wein und Lich-
tern versehen werden, in der Berliner Hofordnung 1537. HASS, Hofordnung, S. 62, 66, 71.
75 BLASCHKE, Art. »Prinzenraub«, Sp. 216. RICHTER, Erziehungswesen, S. lf., zu Behauptungen,
der Präzeptor sei in die Entführung verstrickt gewesen und die Lehrer hätten ihre Auf-
sichtspflicht verletzt.
76 So die um ihren Enkel besorgte Kurfürstin Margarethe von Sachsen an ihren Sohn Herzog
Albrecht, 23. Sept. 1484. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Nr. 386, S. 264f.
 
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