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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0225

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Raumbezüge und Sozialtopographie

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gleitete.'" Sie blieb trotz gesundheitlicher Probleme und mangelnder Deutsch-
kenntnisse bis zu seiner Heimkehr 1459 an seiner Seite. Ihre Anwesenheit
wurde als so wichtig erachtet, daß ihr zuliebe ein Priester zwischen Mantua
und Franken hin- und herreisen mußte. Von ihm erhielt sie geistlichen Bei-
stand in ihrer Muttersprache. Tagsüber hielt Giuliana sich in Ansbach bei den
»donnine«, also im Umfeld der fürstlichen Töchter, auf, die Nächte verbrachte
sie bei Gianfrancesco - eine ungewöhnliche Schlafgemeinschaft, gemessen an
den Verhältnissen an deutschen Markgrafenhöfen mit ihrer im Jugendalter
einsetzenden Geschlechtersegregation.

1.4. Das Frauenzimmer
Dem zeitgenössischen Gebrauch entsprechend verstand man an den mark-
gräflichen Höfen unter dem »Frauenzimmer« sowohl den Personenkreis um
die Fürstin als auch dessen AufenthaltsbereichV' Der doppeldeutige Begriff,
Gruppen- und Raumbezeichnung zugleich, wurde unterschiedlich weit aus-
gelegt. Er konnte das weibliche Gefolge der Markgräfinnen bezeichnen oder
auch die Markgräfinnen selbst miteinschließen. Benannte er im engeren Sinn
die Räume der Hofjungfrauen, so wurde er auch auf das Quartier der Fürstin,
ihrer Töchter und anderer weiblicher Familienmitglieder ausgedehnt. Zum
»Frauenzimmer« gehörten außerdem, auch wenn der Begriff selbst sie nicht
immer unmittelbar mitumfaßte, männliche Bedienstete, die sich in den Frau-
enräumen aufhielten oder außerhalb - in Küche, Keller, Marstall - ihren Auf-
gaben nachgingen.
Das Frauenzimmer an den Markgrafenhöfen stellte einen gesonderten
»Frauenhof« dar insofern, als es vom »Männerhof« räumlich separiert und
personell parallel zu ihm strukturiert war. Für die Fürstin amtierten beispiels-
weise ein eigener Hofmeister und ein eigener Kaplan. '"^ Da die Markgräfinnen
keine finanziell abgetrennte Hofhaltung führten, fehlte indessen ein Merkmal,
das konstitutiv für einen Hof im eigentlichen Sinn gewesen wäre. Zudem war
das Frauenzimmer so deutlich auf den Gesamthof mit dem Fürsten an der
Spitze bezogen, daß man es nur bedingt als einen »eigenen«, selbständigen
Unterhof ansehen kann.
Der Einbezug des Frauenzimmers in das Hofleben ist zu betonen, damit
das Bild, die Frauen an deutschen Fürstenhöfen seien streng abgesondert ge-

122 HEROLD, Aufenthalt, S. 202f. Vgl. oben S. 190.
123 Vgl. PARAVICINt, Frauenzimmer, S. 14. Zum Übergang vom »Frauenhof« zum »Frauenzim-
mer« bei den Wettinern STREICH, Frauenhof, S. 248. DIES., Lebensbedingungen, S. 64. Zum
frühesten Beleg des Begriffs in literarischen Quellen HUSCHENBETT, Art. »Minneturnier«,
Sp. 597.
124 Vgl. dazu weiter unten. Bei den Wettinerinnen hingegen fielen diese und andere Ressorts
beim Aufkommen des Frauenzimmers weg oder gingen im Gesamthof auf, so daß der ur-
sprüngliche »Frauenhof« nicht mehr vollständig war. STREICH, Lebensbedingungen, S. 64.
ROGGE, Herrschaftsweitergabe, S. 214, zur Integration des Frauenhofs im Zuge der um
1481/82 von Herzog Albrecht erlassenen Hofordnung.
 
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