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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0277

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Raumbezüge und Sozialtopographie

273

2.3. »in fürstliche verwarung genomen«: Gefangenschaft und
Fraktionsbildung bei Familienkonflikten - zwei Fallstudien
In den Jahren 1467, 1493 und 1515 wurden Mitglieder der markgräflichen
Familie auf der Plassenburg interniert. Während 1467 der Zwangsaufenhalt
für Kurfürst Albrechts Töchter Ursula und Margarethe nach einigen Tagen
endete^, verbrachte Markgräfin Barbara über zehn Jahre und Markgraf Fried-
rich dreizehn Jahre auf der Festung.
Solch drakonische Maßnahmen erregten zwar Aufsehen, waren jedoch
nicht außergewöhnlich. Sie reihten sich ein in eine Kette ähnlicher Versuche,
Familien- und Herrschaftskonflikte im Adel gewaltsam, aber ohne Blutver-
gießen zu lösen. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden in etlichen Fürstenhäu-
sern (darunter Berg, Geldern, Württemberg, Zollern, die bayerischen Wittels-
bacher, die Wittelsbacher von Pfalz-Zweibrücken-Veldenz, Baden, Hessen,
Wettin, Braunschweig) Frauen und Männer von Angehörigen ihrer Freiheit
beraubt, einige von ihnen lebenslänglich.^' Dabei ging es um Umsturzversu-
che von Söhnen gegen ihre VäteW, um (Mit)Regierungsansprüche unter Brü-
dern und Vettern^", um die Ausschaltung angeblich geisteskranker (ehemali-
ger) Regenten^, um Erbstreitigkeiten zwischen Mutter und Söhnen^, um

429 Vgl. zu ihrer Festsetzung S. 118. Zu Ursula auch S. 284ff.
430 Ich beschränke mich im folgenden auf Beispiele bis zum frühen 16. Jahrhundert.
431 STRAUVEN, Gefangennahme, zu Herzog Wilhelm von Berg und seinem Sohn Adolf (1403).
Zu Herzog Arnold von Geldern und seinem Sohn Adolf (1465) LACOMBLET, Urkunden-
buch 4, Nr. 330,331, S. 409-413.
432 Zur Gefangenschaft Herzog Christophs von Bayern-München (1471) und zum Bruderstreit
VOIGT, Gefangenschaft, sowie RTA, Ält. Reihe 22.2, S. 455ff. Zu Herzog Caspar von Pfalz-
Zweibrücken-Veldenz (von 1490 bis zu seinem Tod 1527 von seinem Bruder in Haft gehal-
ten) LEHMANN, Geschichte, S. 216f. Zu Bischof Sigismund von Würzburg aus dem Haus
Wettin (zunächst von seinen Brüdern festgenommen, um seinen Erbverzicht zu erzwingen,
später dauerhaft unter Arrest gestellt) ROGGE, Herrschaftsweitergabe, S. 148ff. Zum Streit
zwischen Herzog Johann von Sagan und seinem Bruder Balthasar, der nicht wie gewünscht
geistlich wurde (eingekerkert bis zu seinem Tod 1472), HÖFLER, Barbara 2, S. 22. Zu Graf
Heinrich von Württemberg (1490 von seinem Vetter Eberhard im Bart eingesperrt, fast un-
unterbrochen in Haft bis zu seinem Tod 1519) GRAF, Graf Heinrich. NOETE, Fürst, S. 13. Vgl.
den Hinweis auf die Ausschaltung von Konkurrenten per Sicherheitsverwahrung bei WE-
BER, Dynastiesicherung, S. 100t.
433 Zu Markgraf Christoph I. von Baden (1515 vorläufiger Rückzug von der Regierung, 1516
vom Kaiser auf Betreiben seiner Söhne Philipp und Ernst wegen Regierungsunfähigkeit
entmündigt, bis zu seinem Tod 1527 festgesetzt) WlELANDT, Markgraf Christoph, v. a.
S. 557f. NOLTE, Fürst, S. llff. MlDELFORT, Verrückte Hoheit, S. 55ff. Zu Landgraf Wilhelm I.
von Hessen (nach seiner Abdankung 1493 und Entmündigung 1496 in Verwahrung ge-
nommen) NOLTE, Fürst, S. 5ff. MlDELFORT, Verrückte Hoheit, S. 63ff. Herzog Friedrich von
Braunschweig-Lüneburg-Calenberg wurde 1484 mit dem Argument der Geistesschwäche
von seinem Bruder Wilhelm überfallartig gefangensetzt (bis zu seinem Tod 1495), seine Frau
unter Bewachung gestellt. ZIMMERMANN, Art. »Wilhelm der Jüngere«, S. 739f. Beispiele für
Absetzungen und Imbezillitätsverfahren aus dem 18. Jahrhundert bei TROSSBACH, Für-
stenabsetzungen, S. 430ff.
434 Zu Gräfin Henriette von Württemberg (von ihren Söhnen festgenommen, um sie zu einer
Testamentsänderung zu nötigen) BREYVOGEL, Rolle, S. 79. STÄLIN, Wirtembergische Ge-
schichte 3, S. 459f.
 
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