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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0194

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190

Kapitel C

eindruck nicht beeinträchtigt wurde. Üblicherweise verstand die fürstliche
Öffentlichkeit darunter aber mehr, wie ein Vergleich mit Landgraf Wilhelm I.
von Hessen zeigt. Wilhelm hatte nach seiner Entmündigung ebenfalls mehre-
re Jahre in strengem, entbehrungsreichem Gewahrsam verbracht und appel-
lierte zusammen mit seiner Frau 1512 an den Kaiser. Dieser ordnete für ihn
und seine Frau eine fürstengemäße Unterbringung und Versorgung am hessi-
schen Hof an in »erlichen« Zimmern, mit eigenen Pferden und Bediensteten,
Ausgangsfreiheit und Vergnügungsmöglichkeiten, Ausstattung mit Klei-
dung, Tafelsilber, Opfergeld etc. - Bestimmungen, die allerdings auch in die-
sem Fall weitgehend unrealisiert blieben. ^ Wem einmal das Heft aus der
Hand genommen worden war, der konnte seine fürstliche Ehre und den da-
mit verbundenen Lebensstil nicht mehr zurückgewinnen.

2.4. Zur Vernetzung und Kooperation verwandter Haushalte -
Ersatzsöhne und erwählte Töchter
Die Verteilung von Kindern auf verwandte Haushalte, vordergründig eine
Frage der praktischen Erziehungsorganisation und Karrierestrategie, war eine
besondere Form des Tauschs, aus der im Idealfall alle Beteiligten Nutzen zo-
gen. Mit der Überantwortung bzw. Aufnahme von Kindern als Unterpfän-
dern der »Freundschaft« bewies man Solidarität und stärkte den Familienzu-
sammenhalt. Die Wertschätzung dieses ideellen Aspekts kam auch in dem
Motto zu Ausdruck, es sei naturgegeben, »das die des gepluts in einem sta-
menn ye gern beyeinander sein«.'^ Die Markgrafen und ihre angeheirateten
Verwandten halfen einander vielfach auf dem Weg der Nachwuchsverteilung
aus, wie der folgende chronologische Überblick belegt.
1455 wurde der neunjährige Gianfrancesco Gonzaga, der drittgeborene
Sohn der mit Ludovico Gonzaga verheirateten Markgräfin Barbara, von Man-
tua zu seinen Großeltern, Markgraf Johann dem Alchemisten und seiner Frau
Barbara, auf die Plassenburg geschickt.' " Von seinem italienischen Gefolge
blieben sein LehreU* und seine betagte Amme bei ihm. Gianfrancesco zog
1458 nach Markgraf Johanns Rücktritt zu seinem Großonkel Albrecht, dem
neuen Regenten, um und blieb bis Ende 1459 in Ansbach. 1467 nahm der söh-
nelose Kurfürst Friedrich II. den ältesten Sohn seines Bruders Albrecht, Mark-
graf Johann, zu sich in die Mark, nachdem er ihn bereits vier Jahre vorher zu
sich gebeten hatte.'^ Er dürfte in seinem zwölfjährigen Neffen von Anfang an

244 Schiedspruch vom 15. Sept. 1512. DEMANDT, Regesten 2, 2. Teil, Nr. 2089, S. 799-803. Zu den
Hintergründen NOLTE, Fürst, S. 5ff.
245 Kurfürstin Anna an ihren Sohn Friedrich, 20. Okt. 1503. GStAB, BPH, Rep. 27 W 67.
246 Vgl. zu diesem Erziehungsaufhalt HEROLD, Aufenthalt. PC 2, Nr. 524, Anm. 2, S. 486 mit
dem Hinweis auf CDB B 5, S. 49. FUCHS, Arriginus von Busseto, S. 226ff.
247 Vgl. zu ihm FUCHS, Arriginus de Busseto.
248 Am 31. März 1463 fragte der siebenjährige Johann seinen Vater, wie er auf die Aufforderung
des Onkels, in die Mark zu kommen, antworten solle. CDB C 2, Nr. 33, S. 28. Aus Friedrichs
Schreiben vom 14. Okt. 1467 geht hervor, daß Markgraf Johann inzwischen bei ihm war.
CDB C 1, Nr. 320, S. 447f.
 
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