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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0379

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F. Ergebnisse

Die Offenlegung von Verhaltensformen und Verhaltensnormen der Mitglie-
der fürstlicher Familien in ihrem spezifischen verwandtschaftlich-sozialen
Beziehungsnetz ist Thema und Erkenntnisziel dieser Studie. Sie will damit
Aufschluß geben über die mentale Konstituierung einer Gruppe, die an der
Spitze der Sozialstruktur der alteuropäischen Gesellschaft rangierte und auf
diese aufgrund ihrer kulturellen und politischen Wirkmächtigkeit entschei-
denden Einfluß ausübte.
Mit den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach wurde jene reichsfürstli-
che Familie und Dynastie in den Mittelpunkt gestellt, deren Kommunikation
dank archivisch reich überlieferter Korrespondenzen besonders gut faßbar ist.
Vor dem Hintergrund ihrer Doppelherrschaft über zwei voneinander weit
entfernt gelegene Gebietskomplexe im 15. Jahrhundert und ihrer Aufgliede-
rung in mehrere Familienzweige in Franken, in der Mark und in Preußen im
16. Jahrhundert waren die Markgrafen in hohem Maß darauf angewiesen,
sich untereinander schriftlich zu verständigen. Ihre Briefwechsel bilden das
Quellenfundament der Arbeit, da sich Briefe bekanntermaßen als Zeugnisse
sozialer Beziehungen und als Selbstäußerungen zur Analyse eines Gruppen-
gewebes herausragend eignen.
In dem hier untersuchten Zeitraum wurden die Weichen gestellt für den
künftigen Aufstieg der Zollern von Kurfürsten zu Königen in bzw. von Preu-
ßen und schließlich zu deutschen Kaisern. Die »Erfolgsgeschichte« dieses
Hauses verlief zumindest bis ins 17. Jahrhundert keineswegs allein auf militä-
rischem Weg, sondern folgte denselben dynastischen Prinzipien, die auch das
als Musterdynastie gerühmte Haus Habsburg anwandte. Die »Mehrung unse-
rer Herrschaft« im Sinne der politisch-territorialen Ausdehnung setzte eine
rationale Steuerung der familialen und verwandtschaftlichen Beziehungen
voraus. Auch im Sinne der »großen Politik« ist es daher angebracht, eine ty-
pologisch angelegte Untersuchung des fürstlichen Beziehungssystems gerade
am Beispiel dieser Dynastie vorzunehmen.
Die Untersuchung ging von der Prämisse aus, daß das Beziehungshandeln
fürstlicher Familienmitglieder herrschaftlich und politisch geprägt war. Sie
verfolgte diese herrschaftlich-politische Dimension auf sozial- und kulturge-
schichtlichen Feldern, die auch von der neueren Adelsfamilien- und Hoffor-
schung nur partiell bearbeitet worden sind. Um die vielschichtigen Beziehun-
gen zwischen Familienangehörigen und Verwandten in ihren diversen Quali-
täten zu erfassen, habe ich verschiedene Ebenen des sozialen Miteinanders
analysiert: dynastische Politik, Versorgungsregelungen, Rechtsgeschäfte, Re-
präsentation, Wohnverhältnisse, Alltagsorganisation, Umgangsformen, Denk-
muster, Handlungsantriebe. Dabei wurde durch die mikro-perspektivische
Betrachtung von Dokumenten, die für diese Zusammenhänge teils erstmals
 
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