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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0172

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168

Kapitel C

»sunder wesen« implizierte, daß man für sich wohnte, wirtschaftete, in sei-
nem separierten Hauswesen eigenständige Entscheidungen traf und die
Rechte eines Vorstands wahrnahm. Auf den ersten Blick könnte man diesen
Zustand als autonom bezeichnen, weil er selbständiges Handeln ermöglichte.
Dennoch handelte es sich nicht um Autonomie stricto sensu, weil mit dem
»aigen wesen« - außer bei Landesteilungen - keine ökonomische und politi-
sche Unabhängigkeit verbunden war. Vielmehr mußten dazu seitens der Fa-
milie ein Aufenthaltsort, Einkünfte und Personal zur Verfügung gestellt wer-
den.
Der darauf folgende Abschnitt über die Versorgungsfamilie zeigt exem-
plarisch den Kreis der Personen auf, für deren Unterhalt ein Regent zu sorgen
hatte, und fragt nach der symbolischen Bedeutung, die der Mittelverteilung
innewohnte. Räumlichkeiten, Personal, Dienstleistungen, Speisen und Ge-
tränke, Taschengeld usw. konnten im Rahmen dessen, was das Familienver-
mögen zuließ, unterschiedlich zugeteilt werden und fungierten daher als
Ausweis des Rangs innerhalb der Familienhierarchie. Zu überprüfen ist, wie
Versorgungsansprüche ausgehandelt wurden und wie sich Unterhaltsfragen
auf das Zusammenleben auswirkten.
Das letzte Kapitel untersucht am Beispiel der auswärtigen Erziehung und
Ausbildung fürstlicher Kinder, wie verwandte Haushalte kooperierten.'' Es
geht hier weniger um den Erziehungsaufenthalt an sich, der bekanntlich ein
fester Bestandteil im Bildungsprogramm adliger Söhne war, als um die Frage,
welche Erwartungen mit der Weggabe bzw. der Aufnahme verwandter Kin-
der verknüpft waren und ob bestimmte Muster bei der Verteilung erkennbar
sind.

2.1. Herrschaft im Haushalt
Die Auffassung von »Haus« und »Hausherrschaft« »als Inbegriff patriarcha-
ler Herrschaft« ist in den vergangenen Jahren einer kritischen Revision unter-
zogen worden.'^ An die Stelle des vermeintlich umfassend herrschenden
Hausvaters, dem sich alle unterzuordnen hatten, trat das »Ehe- und Arbeits-
paar«, und auch für andere Mitbewohner wurden eigenständige Handlungs-
räume ausgewiesen.'''
Innerhalb des Hauses erscheint der Haushalt nunmehr als ein Tätigkeits-
gebiet mit spezifischen Herrschaftsfunktionen. Beim frühneuzeitlichen Adel,
so Heide Wunder zusammenfassend, fiel die Haushaltsführung - und damit
der »Herrschaftsbereich >Haushalt<« - in die Domäne der Ehefrauen. ' Dies
scheint auch für die Markgrafen im 16. Jahrhundert zuzutreffen, wie das gut

123 Vgl. FREITAG, Haushalte, S. 12.
124 WUNDER, Herrschaft, S. 35. Ebd., Anm. 33, die einschlägige Literatur zur Debatte um BRUN-
NER, Haus. TROSSBACH, Haus.
125 GROEBNER, Haus, S. 72.
126 WUNDER, Herrschaft, S. 46. Als Einzelstudie KELLER, Kurfürstin Anna, S. 266ff.
 
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