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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0205

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D. Raumbezüge und Sozialtopographie

1. Raumgruppen und Personenkreise
Mit seinen Ausführungen über Wohnstrukturen als Anzeiger gesellschaftli-
cher Strukturen am französischen Königshof im Absolutismus hat Norbert
Elias den Blick dafür geschärft, daß grundsätzlich architektonisch gestalteter
Raum und soziales Leben in Wechselwirkung stehen.' Gebauter Raum ist
stets »Sozialraum«." Nach außen signalisieren Gebäude den Habitus ihrer Be-
wohner. Im Inneren schlägt sich die Ordnung des Zusammenlebens in der
architektonischen Gliederung nieder. Wo etwa eine ausgeprägte Rangord-
nung herrscht, findet sich auch eine entsprechend differenzierte Raumord-
nung. Zugleich formt Architektur, indem sie den Rahmen für die in ihr statt-
findende Interaktion setzt, die sozialen Beziehungen mit/ Sie legt fest, in wel-
chen Verhältnissen von Nähe oder Distanz, von Zugänglichkeit und Öffent-
lichkeit oder von Abschluß und Abgeschiedenheit die Bewohner miteinander
und mit der Außenwelt verkehren.
Aus architektursoziologischer wie aus sozialgeschichtlicher Sicht sind also
Räume und ihre Bewohner gleichermaßen in den Blick zu fassen/ Eine solche
Perspektive wird hier angestrebt. Die Überlieferung bietet allerdings, wie
vorab zu konzedieren ist, für eine bau- und wohngeschichtliche Analyse nur
Bruchstücke. Von den markgräflichen Schlössern in Ansbach und Berlin sind
weder in größerem Umfang Bausubstanz noch Grundrisse oder Pläne erhal-
ten, die auf Raumorganisation und Wohnstrukturen im 15. und frühen
16. Jahrhundert schließen lassen/ Inventare geben nur lückenhafte Informa-
tionen über die Anzahl und Lage von Räumen, ihre (ursprüngliche) Funktion
und Ausstattung sowie über die Verteilung der Bewohner/ Vereinzelte Rech-
nungen über Ausgaben für Baumaßnahmen und Einrichtungsgegenstände
sind topographisch wenig aussagekräftig. Ergiebiger sind Hofordnungen und
Äußerungen über Bau- und Wohnverhältnisse in Briefen/ Aus ihnen scheinen
immerhin wichtige Prinzipien der Raumorganisation auf. Die konkrete Topo-

1 ELIAS, Gesellschaft, S. 81. Vgl. VAN DÜLMEN, Norbert Elias, S. 267f. Zum folgenden KER-
SCHER, Architektur, S. 27-33. Vgl. auch NOLTE, Weib, S. 14, 26. DIES., Projektskizze, S. 62.
2 KONTER, Berliner Schloß, S. 2ff., zur Sozialraumanalyse.
3 Vgl. dazu neben der in der vorletzten Anmerkung genannten Arbeit von Kerscher auch den
Bericht von Mark HENGERER über das Kolloquium »Raum als Medium«, S. 54ff.
4 Vgl. das aus kunstgeschichtlicher Sicht bei HOPPE, Gestalt, S. 173, formulierte Desiderat.
5 Vgl. zu Berlin oben S.160f.
6 Zu den methodischen Problemen der Inventarauswertung bei unserer Fragestellung AN-
DERMANN, Burgen, S. 103ff. HOPPE, Struktur, S. 13ff., 45, 74. HERRMANN, Burginventare,
S. 86ff.
7 Zur Auswertung von Hofordnungen hinsichtlich der Raumnutzung HOPPE, Struktur,
S. 364f.
 
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