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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0042

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38

KapitelA

Ausdrucksfähigkeit, die durch sprachpragmatische Analysen zu unterfüttern
wäre.

4.6. Hof- und Residenzenforschung
Die Hof- und Residenzenforschung ist eine ausgesprochen junge Forschungs-
richtung, an der sich, nachdem von Hans Patze die ersten Anstöße ausgegan-
gen waren, seit der Gründung der Residenzenkommission der Akademie der
Wissenschaften zu Göttingen 1989 verschiedene Disziplinen (Geschichtswis-
senschaft, Kunst- und Architekturgeschichte) intensiv beteiligen.'" Zuvor, be-
sonders im 19. Jahrhundert, waren Höfe vor allem aus sitten- und kulturge-
schichtlicher Perspektive als Orte des fürstlichen »Privat«- und Alltagslebens
betrachtet worden."'
Die neuere Forschung hat mehrere Ausgangspunkte: die auf Otto Brunner
zurückzuführende Auffassung, daß das Haus, der Hof, den Mittelpunkt der
von der Person des Herrn ausgehenden Herrschaft darstellt und »die wichtig-
ste unmittelbare Emanation des Herrn« (Moraw) ist, die vor allem von der
Frühneuzeitforschung aufgegriffenen Analysen des Hofs und der höfischen
Gesellschaft durch Norbert Elias sowie Fragen danach, was eigentlich eine
Residenz ist und wie die Residenzenbildung verlief."' Auf Landes- wie auf
Reichsebene stoßen die fürstlichen Höfe als politische, soziale und kulturelle
Kraftzentren inzwischen auf großes Interesse. Dabei lassen sich etliche
Schwerpunkte ausmachen. Der Hof steht in erster Linie als soziales System
zur Diskussion, als Personenverband mit bestimmter Zusammensetzung und
Abstufung (Stichworte Ämter, enger und weiter Hof), in dem verschiedene
Personengruppen miteinander verflochten sind, zwischen denen Austausch-
beziehungen (Stichworte Klientelismus, Patronage, Kommunikation) beste-
hen und deren Umfang, Zusammenleben, Besoldung, Aufgaben etc. geordnet
sind (vor allem durch Hofordnungen).'" Das Raumgebilde Hof, seine Archi-

106 PATZE/STREICH, Residenzen. Umfangreiche Bibliographien bieten die seit 1990 erscheinen-
den Mitteilungen der Residenzenkommission, vgl. vor allem die Sonderhefte 4 und 5 (2000).
Einschlägig ist neuerdings das von Werner Paravicini herausgegebene dynastisch-topogra-
phische Handbuch: Höfe und Residenzen im spätmitteialterlichen Reich. Vgl. zum Hof in
der Frühneuzeit MÜLLER, Fürstenhof, im Mittelalter PARAVICINI, Kultur. Vgl. zur Forschung
über (Königs)Höfe im Spätmittelalter auch HEINIG, Kaiser Friedrich III. 1, S. 19ff.
107 Vgl. für das 19. Jahrhundert etwa VOIGT, Fürstenleben. DBRS., Hofleben. TREUSCH VON BUTT-
LAR, Leben. FÖRINGER, Anordnungen. Wegen der Verarbeitung reichen Quellenmaterials
sind die älteren Studien zumindest zum Einstieg durchaus noch brauchbar. Dies gilt um so
mehr für einige Arbeiten aus dem 20. Jahrhundert, z. B. GUNDERMANN, Herzogin Dorothea.
THIELEN, Kultur.
108 BRUNNER, Land, S. 254ff. MORAW, Entfaltung, S. 89. ELIAS, Gesellschaft. DERS., Prozeß.
DUINDAM, Elias, S. 371. Vgl. zur Definition von »Residenz« und zur Residenzenbildung die
Literaturangaben bei HEINIG, Kaiser Friedrich III. 1, S. 20, Anm. 8.
109 Vgl. JOHANEK, Höfe. EWERT/SBLZER, Ordnungsformen. HlRSCHBIEGEL, Hof. SCHLÖGL, Kom-
munikation. AHRENS, Residenz. STREICH, Reiseherrschaft. HEINIG, Kaiser Friedrich III. 1.
NOFLATSCHER, Räte. KRUSE/PARAVICINI, Höfe und Hofordnungen. PARAVICINI, Menschen.
Vgl. auch das laufende Projekt von Beatrix Basti und Gernot Heiss: Hofdamen. Patronage-
und Klientelsysteme am Wiener Hof der Frühen Neuzeit (Schwerpunkt 17. Jahrhundert).
 
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