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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0263

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Raumbezüge und Sozialtopographie

259

Im letzten Abschnitt illustrieren zwei Fallstudien eine Extremform physi-
scher Einschließung, die Gefangenschaft unter strengen Sicherheitsbedingun-
gen. Diese äußerste Maßnahme zur Lösung von Familien- und Herrschafts-
konflikten führte zu der Ausgrenzung, ja dem zeitweiligen Ausschluß der
Eingesperrten aus der Gemeinschaft. Dabei handelte es sich häufig nicht um
einen schlichten Gegensatz zwischen Individuum und Gruppe, vielmehr tra-
fen vielschichtige Motive verschiedener Beteiligter aufeinander. In der Folge
bildeten sich innerhalb der Familie und über sie hinaus, in der weiteren Ver-
wandtschaft, Fronten und Allianzen. Die Mitglieder des Familienkerns sahen
sich vor die Frage gestellt, inwieweit sie äußere Kreise in ihre Konflikte einbe-
ziehen und wieviel Publizität sie zulassen sollten. Um Grenzen zwischen In-
nen und Außen geht es hier also im doppelten Sinn: durchaus gegenständ-
lich-physisch-räumlich sowie auch im Sinn der personellen Abgrenzung.

2.1. Abschließungen - architektonische Grenzen und symbolische
Schwellen im höfischen Raum
Die vielfältigen Bestimmungen über Abschluß und Einlaß in die Apparte-
ments der fürstlichen Familie und in das Frauenzimmer waren nur ein Teil
des am Hof vorgeschriebenen, umfassenden Kontroll- und Sicherheitssy-
stems. ^ Hofordnungen lieferten präzise Anweisungen dazu." Dabei ging es
um die Modi des Auf- und Zuschließens sowie der Bewachung von Türen
und Toren, um die Dienstbeschreibungen der zuständigen Wärter, Wächter,
Türhüter, die Aufbewahrung von Schlüsseln, um Vorschriften, wer wo ein-
und ausgehen durfte, welche Wege dabei einzuschlagen und welche Kontakte
an welchen Orten erlaubt waren. Maßnahmen zum Schutz von Leib, Leben
und materiellen Gütern ergänzten sich mit Zeremonialanweisungen und Ver-
schwiegenheitsgeboten gegenüber der Außenwelt.
Unter den Reglements, die den Gesamthof betrafen, hatte die Sicherung
des Hoftors Priorität. Es markierte in Verbindung mit Wassergraben und
Zugbrücke die äußere Grenze zum Umland. Als wehrhaft wirkender Teil der
Befestigungsanlagen, als heraldisch geschmücktes Repräsentationsbauwerk
und als »Kontrollpunkt sämtlicher Bewegungsabläufe in das Schloß hinein
bzw. aus ihm heraus« war das Hoftor eine architektonisch ausgeformte
Schwelle von besonderer Symbolkraft. Sie machte den Hofbewohnern ebenso
wie den Eintretenden »die unumschränkte Ordnungs- und Rechtsgewalt des
Fürsten« augenfällig.""
Beim Abschluß nach außen spielte ab dem späten 15. Jahrhundert die mili-
tärische Abwehr vor allem bei jenen Burgen und Schlössern eine Rolle, die,
vom Haupthof abgelegen, zeitweilig als Gefängnis fungierten wie etwa die

342 Vgl. S. 207f., S. 213ff., S. 221t. sowie S. 231ff.
343 Vgl. MÜLLER, Fürstenhof, S. 40.
344 MÜLLER, Fürstentum, S. 117.
 
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