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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0211

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Raumbezüge und Sozialtopographie

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Das fürstliche Appartement befand sich gewöhnlich in einem oberen
Stockwerk. In Berlin zum Beispiel wird das Appartement Kurfürst Fried-
richs II. innerhalb des dreigeschossigen Spreeflügels im zweiten Obergeschoß
über der Schloßkapelle vermutet. * Eine solche Hochlage symbolisierte die Di-
stanz von der Spitze der Ranghierarchie nach unten und sorgte für* räumliche
Abgeschiedenheit." Treppenanlagen, an sich der Verbindung dienend, ver-
stärkten unter Umständen den Abschluß gegenüber den unteren Bereichen,
die in höherem Maß öffentlich waren. Friedrich II. etwa konnte über eine
Treppe in den großen Saal im ersten Stock hinuntergehen, doch führte diese
Treppe nicht weiter bis ins Erdgeschoß hinab. ' Gleichzeitig genossen die Be-
wohner der oberen Sphäre Bewegungsfreiheit. Im Baiersdorfer Schloß zum
Beispiel hatte man von Kurfürst Albrechts Appartement aus »daoben vff dem
Sale ein freyen lauff vnd vmbgangk«. Aus diesen Überlegungen heraus wollte
Albrecht seine Kinder, falls sie wegen einer Seuche von Ansbach nach Baiers-
dorf evakuiert werden mußten, dort »In der großen kemnaten In vnnser ge-
mailten Stuben vnd kamern, do wir innen pflegen zu sein. So Wir dohin kö-
rnen« unterbringen lassen." Bei dem erwähnten Saal könnte es sich, der Be-
zeichnung »vmbgangk« nach zu schließen, um eine Galerie gehandelt haben.
Solche »galerieartigen Zusatz-Säle« boten Platz, um sich körperliche Bewe-
gung zu verschaffen, und waren daher möglicherweise ein beliebter Rück-
zugsort für männliche Schloßbewohner.^
Das Fürstenappartement selbst war nur ausgewählten Personen zugäng-
lich. Soweit Hof Ordnungen die Wohnung des Fürsten überhaupt berührten -
dort gab es im Vergleich zu dem Getümmel der Hofstube wenig zu regeln,
zumindest solange der Fürst seinen Leibdienern keine ausgefeilten Vorschrif-
ten zur Aufwartung und Körperpflege machte^ -, versuchten sie die Intimität
des Appartements und besonders der Schlafkammer zu wahren. Markgraf
Friedrich der Ältere beispielsweise verfügte 1512, daß während seiner Abwe-
senheit keiner außer dem Schuster und den Edelknaben in sein »gemach« ge-
lassen werden sollte.'^ Am Berliner Hof Joachims II. durften die Tür knechte
und Kämmerer, solange der Fürst sich in der Kammer aufhielt, dort niemand
einlassen, »dann die uns in die cammer geschworen«. Die zum »gesellicht«

32 PESCHKEN, Schloß, S. 28. Vgl. zur Kapelle S. 161.
33 HOPPE, Gestalt, S. 172.
34 PESCHKEN, Schloß, S. 30. Am badischen Hof in Durlach sollte man Knechte und Jungen, die
sich verbotswidrig vor dem Gemach des Fürsten und an anderen unerlaubten Orten herum-
trieben und lärmten, »güetlich hinabweisen« und bei hartnäckigen Verstößen ins Gefängnis
stecken. Hofordnung von 1568. KERN, Hofordnungen 2, S. 131.
35 8. Okt. 1472. BURKHARDT, Funfft Merckisch Buech, Nr. 122, S. 213.
36 HOPPE, Gestalt, S. 172f., mit dem Verweis auf englische Vorbilder.
37 In den bei Kern abgedruckten Hofordnungen finden sich erst vom späteren 16. Jahrhundert
an entsprechende Details, etwa in einer bayerischen Kammerordnung von 1589, Bd. 2,
S. 210ff. Vgl. auch die undatierte preußische Hofordnung ebd., Bd. 1, S. 89. Sie stimmt weit-
gehend mit den Anordnungen zur Aufwartung »auf eines Fürsten eigenen Leib« vom April
1541 überein. GStAB, Etats-Ministerium 50a 3, Bl. 2-6.
38 KERN, Hofordnungen 2, S. 228.
 
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