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Nolte, Cordula; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Familie, Hof und Herrschaft: das verwandtschaftliche Beziehungs- und Kommunikationsnetz der Reichsfürsten am Beispiel der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1440 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 11: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34725#0316

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312

KapitelD

erschienen vor diesem Hintergrund weniger dem persönlichen Groll ent-
sprungen denn als strategische Schachzüge. (Für die durchlebte Verzweiflung
der Gefangenen war das, wie die Selbstmordgefahr zeigte, freilich unerheb-
lich.) Vor allem bei Markgraf Friedrich kam es für seine Gegner wegen der
sich regenden Widerstände darauf an, ihm mit allen Mitteln, von der vertrag-
lichen Absicherung bis zur symbolischen Negation seiner Identität, den Weg
aus dem Gefängnis abzuschneiden. Markgräfin Barbara festzuhalten war ver-
gleichsweise einfach. Sie spielte keine Rolle im politischen Leben, und selbst
ihre Fürsprecher teilten wohl die Ansicht, daß ihre Handlungsweise eine ern-
ste Verfehlung gegen die Familienordnung dar stellte.
Die Haftentlassungen und die dargestellten Ansätze zur Versöhnung und
Wiedereingliederung verdankten sich der Initiative jener, die sich der Famili-
enfront, gebildet aus Barbaras Brüdern bzw. aus Friedrichs Söhnen, nicht an-
schlossen und ihrerseits mit der Verwandtschaft paktierten. Ihre Bemühun-
gen wurden allerdings in anderweitige politische Erfordernisse eingepaßt
und von Rücksicht aufs Familienimage gebremst. Der Einbezug von »Freun-
den und Verwandten« barg die Gefahr, daß der Konflikt größere Kreise zog
als erwünscht. Wie offenkundig der Dissens im Inneren auch war, nach außen
sollte keine Zerrissenheit gezeigt werden. So weit wie möglich wahrten alle
Beteiligten das Prinzip, sich nach außen abzugrenzen und über Interna Ver-
schwiegenheit zu bewahren.
Etwas anderes war es, wenn die Familie geschlossen gegen einen äußeren
Gegner zusammenrückte, wie Barbaras Angehörige gegen Konrad von Heid-
eck. In Krisen und Notfällen wie diesem riskierte man bereitwillig Publizität
und setzte auf die größtmögliche Ausdehnung der Bluts- und Schwiegerver-
wandtschaftG Die Grenzen zwischen Innen und Außen, zwischen Dazuge-
hörigen und »Anderen«, wurden also je nach Bedarf flexibel definiert oder
anders ausgedrückt: »Freunde« waren nicht bei allen Gelegenheiten gleicher-
maßen willkommen.^

645 Vgl. SPIBSS, Familie, S. 505.
646 Vgl. TEUSCHER, Bekannte, S. 112, zur Variabilität des Zusammenwirkens von »Freunden«.
 
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