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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Frimmel, Theodor von: Bilder von seltenen Meistern, 17, Warnard van Rysen
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0162

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129

Bilder von seltenen Meistern.
Von Dr. Th. v. Frimmel.
XVII.

Warnard van Rysen. Houbraken nennt
in seiner Grossen Schauburg unter den zahlreichen
Schülern des Cornelis Poelenburg auch den „War-
nard van Rysen, geboren te Bommel, die zieh naar
Italien begaf om zieh voort in de Konst te oeffenen.
Wedergekeert tot zyn geboorte plaats, werd hy de
Leermeester van den Konstschilder Gerard
Hoet; maar dit duurde maar een jaar; want hy
begaf zig tot den Juweelhandel en vertrock
naar Spanje daar hy gestorven is“. (I. Teil,
1718, S. 129.) Das heisst, dass Warnard van Rysen,
aus Bommel gebürtig, sich nach Italien zur weiteren
Ausbildung begab. Als er in seine Vaterstadt zu-
rückgekehrt war, wurde er Lehrmeister des Gerard
Hoet, doch nur für ein Jahr. Dann trieb er Handel
mit Juwelen und zog er nach Spanien, wo er sein
Leben beschloss. Aus einer weiteren Mitteilung bei
Houbraken (III. (1721) S. 239) kann man schliessen,
dass Warnard v. Rysen’s Unterricht um 1664 fallen
dürfte und gewiss vor 1672 anzusetzen ist. Hou-
braken sagt nämlich, dass der 1648 geborene
Gerard Hoet erst in seinem 16. Lebensjahre Unter-
richt erhalten habe und zwar bei W. v. Rysen.
1672 begab sich Hoet nach dem Haag. Die An-
gabe, dass der Unterricht nur ein Jahr gedauert
hat, wird wiederholt und der alte Gewährsmann
fügt als Motivierung für die Kürze des Unterrichts
bei, W. van Rysen sei fortgezogen. Danach könnte
man die Auswanderung unseres Künstlers um 1665
ansetzen.
Die Angaben Houbraken’s wurden rasch ver-
gessen. Man machte den Hoet zu einem Schüler
Poelenburg’s und liess den Warnard van Rysen
fallen, so dass schon gegen 1755 Ch. L. von Hage-
dorn sich veranlasst sah, berichtigend einzuschreiten.
1745 hatte nämlich Argensville im Abrege unrich-
tiger Weise den Hoet als Schüler Poelenburgs be-
zeichnet und Hagedorn, vielleicht nach eigenen
Quellen oder möglicher Weise nach Houbraken,
setzt wieder den Warnard van Rysen in seine Rechte
als Lehrmeister des G. Hoet ein (vergl. „Lettre ä
unmateur de la peinture“ (1755) S. 97). Gleich
Houbraken, wurde auch Hagedorn in der Ange-
legenheit Poelenburg, Van-Rysen und Gerard Hoet
rasch vergessen, und Füssli’s grosses Künstler-
lexikon geht auf die mageren Angaben bei Des-
camps (II. 1754, S. 46) zurück. Dagegen rafft sich
die deutsche Uebersetzung des „Abrege“ von
d’Argensville in einer Fussnote zu der Berichtigung

auf, dass nicht Poelenburg, sondern Warnard
van Rysen der Lehrer des Gerard Hoet ist („Leben
der berühmtesten Maler“ III. (1768) S. 130). *)
Nun die Bilder des Warnard van Rysen. Nur
drei kleine Stücke lassen sich nach ihren Mono-
grammen oder nach den Resten einer Künstler-
inschrift auf unseren Maler beziehen und zwar das
Bildchen mit Magdalena der Büsserin in der Kas-
seler Galerie, ein anderes mit drei Nymphen im
Archivgebäude zu Frankfurt a. M. und eine
kleine Tafel mit Ziege und Schaf in einer Grotte
in der Sammlung des Herrn Gustav Ritters
von H o sehe k zu Prag. In der Utrechter Aus-
stellung von 1894 war nur die Photographie nach
dem Bilde der Kasseler Galerie zu sehen.
Der kleine W. v. Rysen in Kassel, eine
Magdalena mit Buch und Totenschädel vor sich,
verrät in der Formung, Haltung und Färbung
ziemlich deutlich den Zusammenhang mit Poelen-
burg’s Richtung. Was auffällt, ist eine Vorliebe
für grauviolette Töne. Im ganzen ist das Bildchen
kühl gehalten. Das Kolorit erinnert nicht wenig
an das des Verwilt (dies zum Unterschied etwa
von Haensbergen, Vertangen, Dirk van der Lisse
und noch anderen Malern, die in die Poelenburg-
gruppe gehören), doch ist Van-Rysen blasser als
Verwilt, wenigstens in diesem Falle. Von dem
Kasseler Bilde möchte man auch eine auffallende
Betonung des oberen Augenlides ablesen. Nicht
zu übersehen sind die vielen Engelsköpfe mit zer-
rauftem Haar. Eine Beschreibung der Darstellung
dieses Bildchens findet sich in Eisenmann’s Katalog,
der auch ein Facsimile des Monogramms mit kur-
sivem lateinischen W und R gibt. Zwischen beiden
Buchstaben etwas, wie ein kleines v, das sich an’s
7? anlegt. Einige Zeilen seien der Eisenmann’schen
Beschreibung entnommen: „In einer weiten lichten
Felshöhle sitzt die am Oberleib entblösste Heilige
an einem Felstisch, vor sich ein geöffnetes Buch,
das sie an einen Totenschädel gelehnt hat. Ueber
ihr links eine Wolke, auf welcher sich eine Menge
von Engeln und Cherubims herabschwingt. Einer
der Engelknaben hält Magdalenen ein Kreuz vor.
1) In der Literatur über G. Hoet den älteren wird, wie wir schon
an einigen Beispielen gesehen haben, W. v. Rysen mehrmals als Lehrer des
Hoet genannt. Ich füge zur Literatur über Van Rysen noch hinzu De Groot:
Houbraken’s Schauburg S. 40 und 69 und eine Erwähnung des W. v. Rysen
im Zusammenhang mit der Kunst zu Zalt-Bommel in dem Hefte von
De Groots „Plaatselijke ontwikkeling in onze 174g eeuwsihe schilder-
school“ (Sonderabdruck S. 13) und Woermann: Geschichte der Malerei,
Bd. III. — Vom älteten Gerard Hoet handelt eine reichliche Literatur,
deren Aufzählung an dieser Stelle kaum geboten erscheint.
 
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