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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Gräff, Walter: Die vierte Ausstellung der Maler-Lithographen in Paris
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Berolzheimer, Michael: Die Flussgötter auf dem Capitol
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0377

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306

sande. Cottet hat zwei auch sehr schwerfällige,
aber für seine Kunst charakteristische Blätter aus der
Bretagne gebracht.
Fantins Bedeutung als Lithograph zu würdigen,
hiesse Eulen nach Athen tragen. Er ist ein Dichter
und in seinen trotz ihrer Einfarbigkeit farbigen
Blättern liegt Musik. Legros und Carriere sind
auch nicht hier zu charakterisieren. Ersterer hat
einige Porträts gebracht, die etwas grau gedruckt
von weitem den Eindruck von Silberstiftzeichnungen
hervorrufen. Es sind wie immer äusserst einfach

gezeichnete, fein modellierte, wunderbar ruhige
Charakterköpfe. Carriere, der in seiner Malerei
von der Farbe jetzt fast ganz absieht und dessen
Töne doch so eminent farbig wirken, erreicht fast
genau dasselbe auf dem Stein wie auf der Lein-
wand. Man könnte seine Lithographien allerdings
fast für mechanische Reproduktionen seiner Bilder
halten.
Im übrigen herrscht entweder das Handwerk
über die Kunst, oder es ist Mittelware ohne Hand-
werk. —


Die Flussgötter auf dem Capitol.
Von Dr. M. Berolzheimer.

Vor der Fassade des den Capitolsplatz zu Rom
hinten abschliessenden Senatorenpalastes sind zwei
als Pendants gedachte Marmor-Kolossalstatuen
von Flussgöttern aufgestellt, die vermutlich aus der
Zeit der ersten römischen Kaiser stammen.
Während nun bezüglich des links angebrachten,
sich auf eine Sphinx stützenden Flussgottes wohl
nie ein Zweifel darüber gewaltet hat, dass er den
Nil darstellt, gehen bezüglich der rechts aufge-
stellten, sich auf ein Tier stützenden Statue die
Meinungen auseinander.
Die einen erkannten in diesem Tier einen
Tiger und bezeichneten den Flussgott als Tigris;
die anderen, darunter der hervorragende Gelehrte
Wolfgang Helbig — Führer durch die öffent-
lichen Sammlungen klassischer Altertümer in
Rom, 2. Aufl., Leipzig 1899, 1. Bd., S. 261 und
262 — entscheiden sich für die Bezeichnung als
Tiber.
Nun hat das Tier zweifelsohne eine Wolfs-
schnauze, die aber, ebenso wie die beiden
Zwillinge, unbestrittenermassen ergänzt ist.
Die einen glauben daher, dass das Tier
ein Tiger war und etwa zur Zeit seiner Auf-
stellung auf dem Capitol, zu einer Wölfin
umgearbeitet wurde. (Römisches Capitol —
römische Wölfin.)

Helbig aber meint, das Tier sei von jeher ein
Wolf gewesen; nur sei der moderneRestaurator bemüht
gewesen, den Kopf demjenigen der capitolinischen
bronzenen Wölfin (a. a. 0. No. 638) möglichst
anzunähern; er habe die Vorderseite des Schädels
in diesem Sinne überarbeitet und dem von ihm
angesetzten Schnauzenstücke eine ähnliche Form
gegeben, wie sie jener Bronzefigur zu eigen sei;
während die Zusammenstellung des Nils und
Tigris auf römischem Boden notwendig
befremden müsse, lägen für diejenige des Nils
und des Tibers mancherlei Analogieen vor
(a. a. 0. No. 48); ausserdem sei das Tier durch
die Formen des Körpers, wie durch das volle
Haar deutlich als Wolf oder Wölfin kenntlich. —
Nun ist
1. der Oberkiefer des Tieres unbestrittener-
massen angesetzt. Hätte der Restaurator einen
schon vorhandenen Wolf nur dem Aussehen
der bronzenen Wölfin nähern wollen, so hätte er
den Oberkiefer nur überarbeitet; dagegen
musste er, um eine vollkommen anders
konstruierte Schnauze (Tiger) in eine Wolfs-
schnauze umzuwandeln, den Oberkiefer des
Tigers ab nehmen und dafür den Oberkiefer
des Wolfes ansetzen.
2. Es ist nicht richtig, dass die Zusammen-
 
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