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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Frimmel, Theodor von: Bilder von seltenen Meistern, 20, Cornelis Vroom
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0277

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225

Bilder von seltenen Meistern.
Von Dr. Th. v. Frimmel.
XX.

Zu Cornelis Vroom. Das bahnbrechende
Talent in der Haarlemer Landschaftsmalerei, Cornelis
Vroom, war lange unterschätzt, verkannt, vergessen,
auch wenn seine Zeit ihm eine gewisse Bewunderung
entgegengebracht hat. Die Handbücher für Ge-
schichte der Malerei von Kugler, Waagen, Görling
finden es nicht der Mühe wert, ihn zu nennen.
Erst Woermann fügte ihn in seine Darstellung ein
(„Geschichte der Malerei“ III, 624), nachdem vor
Jahren Nagler und später Bode auf den Meister
nachdrücklich hingewiesen hatten Eingehende
Studien über Cornelis Vroom sind erst neueren
Datums,und eineZusammenfassung seiner erhaltenen
Werke ist zwar schon versucht worden, steht aber
offenbar erst am Anfang. Nachgebildet wurde bisher
nur eines der Bildchen in Dresden und das signierte
Bild in Schwerin und dabei ist es in letzterem Falle
keine Nachbildung photo-chemischer Art, sondern
eine Radierung, die, so gut sie gelungen sein mag,
dennoch viele subjective Züge enthält.') Eine
mechanische getreue Nachbildung des Schweriner
Gemäldes wird erst heute geboten und mit der
Abbildung eines weiteren signierten Werkes zu-
sammengestellt, das bisher so gut wie unbeachtet
geblieben ist, mit der Waldlandschaft von 1651 in
der Kopenhagener Galerie.
Dass Cornelis Vroom der Sohn, des Seemalers
Hendrick Vroom, ein Vorgänger eines Jacob
van Ruisdael und seiner Gruppe ist, wird schon
in Nagler’s Lexikon angedeutet.1 2) Seither ist das
oftmals klar ausgesprochen worden durch Bode,
Bredius und Andere. Vroom bringt das zur Reife,
was Jahrhunderte in ihrer Weise vorbereitet haben,

1) Radierung von W. Krauskopf zu W. Bode: „Die grossherzog-
liche Galerie zu Schwerin“, Verlag der Gesellschaft für vervielfältigende
Kunst 1891. — Für die Erlaubnis zur Aufnahme des Bildes in Schwerin
habe ich Herrn Direktor Steinjnann und Inspektor Malchin zu danken.
Bezüglich der Abbildung des Vroom in der Kopenhagener Galerie bin ich
Herrn Direktor E. Bloch und Herrn Direktorialassistenten Dr. Karl Madsen
zu grosser Dankbarkeit verpflichtet.
2) Zur Literatur über C. Vroom nenne ich die Erwähnungen bei
Adr. Roman (1621), bei Amzing (1628), bei Schrevelius (1647), die in „Oud-
Holland ‘ XVIfl. S. 218 ff. eingehend gewürdigt sind. Aus den ältesten
Nachrichten erhellt, dass Cornelis Vroom, der Landschaftsmaler, ein Sohn
des Marinemalers Hendrik Vroom ist. Vergl. auch De Groot „Arnold
Houbraken und seine groote Schonburgh“ S. 383. Bei Florent le Comte
im „Cabinet de singularitez“ (1699, Tom. II, S. 268> wird Cornelis Vroom
durch ein Missverständnis als Schüler des Paul Bril genannt. Eine kurze
Erwähnung als „een braaf Landschap-scbilder“ wird dem Corn. Vroom
zuteil im Kommentar der Van Manderausgabe von 1764 (II. Bd.). Offen-
bar auf C. Vroom ist eine Stelle bei Hirsching zu beziehen in den „Nach-
richten von . , Sammlungen in Teutschland“ (III, 1789, S. 59) wo eine „aus-
nehmend schöne Wildniss von F. Kroon, eines Lehrlings von Ruisdael“
erwähnt ist. Die Signatur wurde augenscheinlich verlesen oder der Name
verdruckt. Die Nachträge zu Füssli’s grossem Lexikon sind sich über
den Vornamen des Landschaftsmalers Vroom noch nicht recht klar.
Carpenter und L. Hymans „Memories et documents inedits sur Van Dyck,
Rubbens etc.“ (1845^1 S. 229 ff. erwähnt eine Rechnung vom 11. November
1628 für den englischen Hof. Hierzu auch „Oud Holland“ XVIII S. 219 f.

und er ist selbst wieder nicht denkbar ohne ganze
Reihe von Vorläufern. Etwas aber, das er, wie es
scheint, zuerst auf der Fläche festgehalten hat, ist
die träumerische, melancholische Stimmung, die
gelegentlich bei trübem Wetter im Sommer oder
im Herbst über den deutschen, beziehungsweise
holländischen Eichwald ausgebreitet liegt. Das
genaue Hinsehen und Nachzeichnen der Formen
ist ihm bis zu einem gewissen Gracie überliefert
worden. Wie es in der Zeit lag, hat er auch gewiss
eine grosse technische Fertigkeit von den Vätern
überkommen, aber er ist freier in der Pinselführung
und wahrer in der Färbung als alle seine Vorgänger,
und, wie schon erwähnt, die etwas düstere Stimmung
des Eichwaldes, die oft Ruisdaelstimmung genannt
wird, ist vor ihm von Niemanden so eigentlich
malerisch aufgefasst worden, wie auf seinen Bildern.
Was ein Gillis van Coninxloo, ein Alexander
Keirincx auf diesem Gebiete geleistet haben, sieht
neben Vroom’s Bildern steif und altväterisch aus.
Und Jacob van Ruisdael (erst 1628 oder 1629 ge-
boren) hat die feine koloristische Stimmung von
Cornelis Vroom ererbt, nicht aber umgekehrt. Man
spräche besser von einer Vroom Stimmung in
der Landschaft, wenn man eine schwermütig ge-
stimmte Landschaft ohne unmittelbaren Sonnen-
schein im Stile der Haarlemer Malerei gegen 1650
charakterisieren will. Vroom hat diese Tonart
schon 1630 gefunden, wie das datierte und signierte
Bildchen der Schweriner Galerie beweist. Nach
diesem Datum und seinem Sterbejahre 1661 hat
man, wohl mit Recht, geschlossen, dass Cornelis
Vroom um 1600 geboren ist. 1628 war er schon
für den englischen Hof tätig. Spätestens 1635
gehörte er der Haarlemer Malergilde an, in deren
Chronik er 1639 und 1642 vorkommt. 1642 trat
er aus der Zunft aus, da ihm ihr tolles Treiben
nicht zusagte. Einige Jahre vorher, es war 1638,

Auf Nagler’s Lexikon wurde schon im Text hingewiesen. Die Mono-
grammisten seien nun hinzugefügt. Urkundliche Mitteilungen aus Haarlem
bei Van der Willingen „Les ariistes de Harlem“ (1870) und nach der Van
der Willingen’s Angaben bei Bode in „Zeitschrift für bildende Kunst“
VII, S. 175, im Jahrbuch der königl. preuss. Kunstsammlungen XI, S. 236,
in der obengenannten Verölfentlichung der Schweriner Galerie und in
der „Bilderlese aus kleineren Gemäldesammlungen in Deutschland und
Oesterreich“ (Sammlung Wesselhöft S. 38). Vrooms Zeichnungen in der
Albertina zu Wien, beschrieben im Feuilleton der Neuen freien Presse
vom 21. September 1889 „Zur Geschichte der holländischen Landschafts-
malerei“ (Frimmel) und „Zur Geschichte der Landschaftsmalerei“ in
-Monatsblätter des wissenschaftlichen Club in Wien“ X. Jahrg. No. 8 (1889)
Mit dem Vroom, der in Obreen’s Archief VI, S. 56 f. genannt wird, ist
wohl der Vater Hendrik gemeint. Für Cornelis Vroom von Bedeutung
sind die Kataloge der Galerien zu Schwerin, Berlin, Dresden, Hampton-
Conrt. Siehe auch A. Bredius im grossen Amsterdamer Galeriewerk und
E. W. Moes in „Oud Holland“ XIII, S. 192 und XVIII, S. 218 ff. Dort noch
weitere Literatur sowie im Verzeichnis der Werke, das im Text gegeben wird.
 
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