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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Halm, Philipp Maria: Modelle aus dem 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0145

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119

Modelle aus dem 18. Jahrhundert.
Von Dr. Ph. M. Halm.

Zu den prächtigsten Schöpfungen, welche
Francois Cuvillies der Aeltere, der geniale Hof-
baumeister des Kurfürsten Karl Albert und Max
Joseph III., den Strassenbildern der Hauptstadt ein-
fügte, gehört die imposante und doch dabei äusserst
elegante Fa^ade der Cajetanshofkirche, die zwar,
wie sich aus zwei von Trautmann (Monatsschrift
d. hist. Vereins v. Oberbayern 1895, S. 132 und 133)
veröffentlichten Entwürfen im allgemeinen Aufriss
ergibt, auf Agostino Barelli bezw. Enrico Zuccali
zurückgeht, durch Cuvillies aber erst ihre end-
gültige Ausgestaltung erfuhr. Gegenüber den Ent-
würfen Barellis und Zuccalis erscheint Cuvillies
Werk wesentlich ruhiger, geschlossener. Dazu trägt
namentlich das fein abgewogene Relief der orna-
mentalen Teile bei, welche nur das grosse Wappen
im Giebel und die vier Standbilder in den Nischen
der zwei vorspringenden Risalite des Mittelbaues
bedeutender hervortreten lassen. Roman Anton
Boos verstand es aber auch in Bezug auf den
figuralen und wohl auch ornamentalen Schmuck
der Fa^ade, den künstlerischen Intentioneh des
Architekten gerecht zu werden. Von ihm rühren,
wie schon Lipowsky (Baier. Künstlerlexikon 1810,
S. 32) mitteilt, die vier circa 3,50 m hohen Stand-
bilder der Heiligen, Adelheid, Ferdinand, Cajetan
und Maximilian her. Auf Grund der Baurechnungen
(Trautmann a. a. 0. 135) fertigte er auch das grosse
kurfürstliche Wappen und die beiden Reliefmedail-
lons über den Scitenportalen.
Das bayerische Nationalmuseum gelangte kürz-
lich durch Schenkung in den Besitz einiger Modelle
des in Frage stehenden Figurenschmuckes. Es
sind dies das Thonfigürchen des Bischofs Maxi-
milian (H. 0,37 m) (Abbildg. 3), ferner zwei Thon-
reliefs der beiden Medaillons mit den Brustbildern
S. Peters und S. Pauls (H. 0,24, Br. 0,24 m) (Ab-
bildg. 4, 5) und zwei weitere Reliefs mit Putten-
szenen (H. 0,30, Br. 0,24 m) (Abbildg. 6, 7), die
den Füllungen über den Nischen mit den Stifter-
figuren als Grundlage gedient hatten. Erkennt
man in diesen letzteren Reliefs, die an Francois
Boucher oder Charles Eisen gemahnen, weniger
deutlich die Hand von Boos, so offenbart sich in
der Statuette und in den Brustbildern der beiden
Apostel das grosszügige, breite Schaffen umso
unverkennbarer. Roman Anton Boos ist vielleicht
auch noch das Modell zu einem Tabernakelengel
(Abbildg. 8) zuzuschreiben. (H. 0,23 m.)

Den markig-männlichen, auf Monumentalität in
erster Linie hinstrebenden, nicht selten aber auch
in Pose verfallenden Kraftgestalten des Roman
Anton Boos stehen die Werke seines Zeitgenossen
Franz Ignaz Günthers mit ihrem Grundton
von Anmut und Eleganz gegenüber. Wenn wir auch
nicht in der glücklichen Lage sind, auf Grund aus-
geführter Arbeiten einige Modelle des b. National-
museums seiner Hand zuschreiben zu können, wie bei
den Skizzen Boos für die Theatinerkirche, so spricht
doch so deutlich der Stil dieses Meisters aus den-
selben, dass wir ohne Bedenken seine Autorschaft
annehmen dürfen. Am untrüglichsten scheint mil-
den Stil Günthers der Torso einer Hohenpriesterfigur
(H. 0,24 m) (Abbildg. 9) zu offenbaren, die im engsten
Zusammenhang mit den Altarfiguren desselben in
Rott a. I., etwa mit dem hl. Korbinian oder Benno
des Hochaltars oder auch mit dem prächtigen
hl. Hieronymus entstanden sein dürfte, also etwa
in die Zeit von 1760—1763 zu setzen ist. (Vergl.
die Kunstdenkmale des Königreichs Bayern. I, 2040.)
Ungefähr zehn Jahre darnach fertigte Ignaz Günther
die Chorstühle und die Kanzel für die Frauenkirche,
deren Reste sich in der Tabernakelkapelle der
Frauenkirche in München und im bayer. National-
museum befinden. Dem Kreise jener Arbeiten
gehört das Fragment eines Thonreliefs an, welches
offenbar zu einer Darstellung Christi im Tempel
gehört (H. 0,45, Br. 0,35 m) (Abbildg. 10). Der Stil
schliesst sich eng an die holzgeschnitzten Reliefs
der Kanzel und der Chorstühle an, namentlich in
den Gewandpartien.
Schliesslich scheint mir noch ein Thonrelief
mit dem Brustbild einer Mater dolorosa (H. 0,44,
Br. 0,36m) (Abbildg. 11), welches das bayer.National-
museum auf der Auktion der Sammlung Hirth er-
warb, auf Ignaz Günther hinzuweisen. Spricht die
allgemeine Komposition und namentlich die anmutige
Auffassung der Maria für die Urheberschaft dieses
Meisters, so festigen noch charakteristische Einzel-
heiten wie z. B. die stark betonten Handballen
bei der Maria und die Haare der Engelsköpfchen
diese Annahme.
Aus der stattlichen Thonmodellsammlung des
neuen bayer. Nationalmuseums beanspruchen noch
zwei hochovale Skizzen (H. 0,40, Br. 0,29 m)
Johann Peter Alexander Wagners, der seit 1771
Hofbildhauer zu Würzburg war und in den
fränkischen Kirchen und Klöstern und in den

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