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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0221

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185

Bibliographische Rundschau.
Mitgeteilt von Dr. Hermann Popp.

Dr. Alexander Dedekind, Aegyptologische Unter-
suchungen. Wien, Verlag W. Frick, 1902.
Dieses vorwiegend sprachwissenschaftlichen
Studien gewidmete Werk beschäftigt sich in seinem
zweiten Teil mit einem interessanten Kunstfund,
der bis heute noch keine eingehendere Behandlung
erfahren hatte, den musivischen Flachreliefs aus
der Zeit Ramses des Dritten (ca. 1250 v. Chr.).
Es handelt sich hier um die Entdeckung ganz
merkwürdiger, einzig dastehender emaillierter Ver-
zierungen auf einer Masse, die ungefähr aus dem
nämlichen Material besteht, wie unsere feuerfesten
Ziegel. Fellahs hatten im Jahre 1870 in einem
verfallenen Tempel zu Teil el-Jahoudieh (zu deutsch
„Erdhügel der Juden“) bei Schibin el-Kanätir diese
Reliefs aufgefunden; Brugsch, durch einen Zufall
darauf aufmerksam geworden, ging der Sache nach,
und innerhalb kürzester Zeit waren die Ueberreste
dieser altehrwürdigen Kunst in alle Windrichtungen
zerstreut. Grössere Bruchstücke der Reliefs be-
finden sich in Wien, im britischen Museum, im
Louvre, in Berlin und im Museum zu Gizeh. —
Dr. Dedekind beschäftigt sich im ersten Kapitel
seiner anziehenden Abhandlung ausführlicher mit
der Provenienz der Reliefs, mit dem Fundort, und
liefert hier mancherlei neues, teilweise auf sprach-
lichen, teilweise auf historischen Forschungen be-
ruhendes Material. Im 2. Kapitel geht er auf die
seltsame Technik dieser Buntziegel mit ihren ein-
gelegten Zieraten näher ein und stützt sich dabei
hauptsächlich auf die Meinungen bedeutender Fach-
männer, wie Prof. Dr. Linkei (Wien), Dr. Th. Frimmel
(Wien), Ernst Berger (München) u. a. — Die Flach-
reliefs dürften — nach ziemlich übereinstimmenden
Urteilen — in der Weise entstanden sein, dass
man die Grundform (den eigentlichen Ziegel) mo-
dellierte, und zwar sowohl durch Handbearbeitung
wie durch Formenpressung und hierauf die zahl-
reichen Ornamente teils einkratzte, teils in vorher
sorgfältig ausgehobene Vertiefungen mosaikartig
einlegte. Dann wurde das Ganze gebrannt, durch
Bestreichen mit Emailfarben glasiert und zuletzt
diese aufgelegten Glasuren in einem zweiten Brand
bis zum Schmelzen erhitzt, wodurch jener weiche,
zarte Schmelz erzielt wurde. Wie man sieht, eine
sehr komplizierte Erklärung, deren Richtigkeit nach-
zuprüfen uns heute, wo wir diese Technik absolut
nicht mehr betätigen, nicht möglich ist. —
Zweifellos sind die in Frage kommenden musi-
vischen Flachreliefs ebenso interessante als feine
Kunstwerke mit leuchtendem Kolorit und eigen-
artigen Darstellungen, die besonders auch für den-

jenigen, der sich mit Kostümkunde beschäftigt,
manchen neuen Aufschluss bieten werden, wie sie
auch für den Kulturforscher von hohem Interesse
sind. (Zwei beigegebene Tafeln, nach Originalen
im K. K. Hofmuseum zu Wien, kommen dem Text
in trefflicher Weise zu Hilfe.) G. j. Wolf.
Eckenstein, L. Albrecht Dürer. 8°. XI, 250 S.
New-York. 1903. Mk. 21.—.
Fies, E. Inleiting tot eene Kunstgeschiedenis. Afl. 1.
H. Honig, Utrecht. (Kplt. in 14 afl.) ä fl. 0,75.
Geiges, F. Der alte Fensterschmuck des Freiburger
Münsters. Ein Beitrag zu dessen Kenntnis und
Würdigung. 1.T1. 13. u. 14. Jhdt. 2.Lfg. S. 65—132
mit Abbildungen und 2 farbigen Tafeln.) Fol.
Herder, Freiburg. Mk. 5.—.
Anton Graff von Winterthur. Bildnisse des
Meisters, herausgegeben vom Kunstverein Winter-
thur mit biographischer Einleitung und erklärendem
Text von O. Waser III, 59 S. illustr. Text mit
40 Tafeln. Fol. Wintertliur 1903. (K. W. Hierse-
mann, Leipzig.) Mk. 32.—-.
Es ist ein überaus dankenswertes Unternehmen
des Winterthurer Kunstvereins, die Bildnisse des
Meisters Anton Graff in mustergiltigen Reproduk-
tionen gesammelt herauszugeben. Graff’s Kunst
verdient es umsomehr in dieser Form den Kunst-
freunden vorgeführt zu werden, als sie in der
Kunstgeschichte nach zwei Richtungen hin von
besonderer Bedeutung ist. Einmal war Graff der
einzige, der in der Zeit jenes nüchternen Pseudo-
klassizismus unentwegt seine realistischen Ziele
verfolgte und dann fiel seine Tätigkeit in eine
Epoche des deutschen Geisteslebens, deren be-
deutendste Vertreter er uns in treuester Weise im
Bildnis festgehalten hat. Was er uns an solchen
Bildnissen überliefert hat, das erregt auch heute
noch unsere freudige Bewunderung ob der Klar-
heit, Kraft und Tiefe, mit welcher er eine Physio-
gnomie erfasste und wiedergab. Was uns seine
Porträts so besonders anziehend macht, das ist,
ganz abgesehen von der geistigen Bedeutsamkeit
der meisten der von ihm Dargestellten, die
künstlerische Schlichtheit und die Betonung des
geistigen Ausdruckes. Darin kommt ihm keiner
seiner Zeitgenossen auch nur annähernd gleich
und selbst manch später Geborene könnte sich
hieran ein Beispiel nehmen.
Mit Graff’s Auftreten trat in der Bildniskunst
insofern ein Umschwung ein, als die falsche
repräsentative Pose verschwand, um der Natürlich-
keit in Haltung und Ausdruck Platz zu machen.
Statt der pompösen Staatsgewänder und Perücken
 
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