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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Pückler-Limpurg, Siegfried: Der Maler Brol in Salzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0165

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132


Abbildg. 13,
Brol, Zeichnung von 1630.
stimmt, und an der Veränderung der Gestalt des
Frühlings braucht man sich nicht zu stossen, da es
ja offenbar keine Kopie, sondern nur eine Nach-
ahmung des Sustris’schen Werkes sein sollte.
Zudem spricht noch ein anderer Umstand gegen
eine so frühe Tätigkeit Brol’s.
Die Sammlung besitzt nämlich zwei weitere
Zeichnungen (Abbildg. 13,14) — eine Frau mit einem
Früchteteller auf dem Kopfe, und eine solche, die auf
einer Schalmei spielt — welche beide, trotz mancher
Verschiedenheiten, derselben Hand zugewiesen
werden müssen. Sie zeigen dieselbe kritzelige, zer-
fahrene Zeichnung; bei der Früchteträgerin kehrt die
Schrittstellung der Frau von 1609 und der Minerva
wieder. Diese beiden Blätter tragen das Datum
1630. Wir gewinnen also für die Tätigkeit des
Mannes einen Zeitraum von über 30 Jahren, von
Sustris Todesjahr gerechnet.
Weiter weisen noch zwei Blätter der Samm-
lung auf die Hand Brol’s. Das eine ist eine Zeich-
nung mit den klugen und törichten Jungfrauen, in
Form einer flachbogigen Lünette; die Figuren fast
noch unruhiger als die früher erwähnten, die Um-
gebung aber interessant durch den nach rechts
sich öffnenden Ausblick auf einen arkadenumzogenen
Stadtplatz. Das andere ist ein Aquarell: Minerva
mit den Musen in einer Berglandschaft; im Hinter-

gründe entspringt, erzeugt durch einen Hufschlag
des davonfliegenden Pegasus gegen eine Felswand,
der kastalische Quell. Die Zeichnung ist hier, der
Farbe sich anpassend, einfacher, lässt aber die
Hand Brol’s doch deutlich erkennen; das Kolorit
ist von olivegrün und rotlila beherrscht.
Dies ist alles, was sich über Brol’s Wirken
anführen lässt. Noch ist ein Punkt zu erwähnen.
Anfangs war ein Teil der Zeichnungen einem
Meister zugeteilt, der bei Katalogisierung der Halm-
Maffei-Sammlung im Kupferstichkabinett einstweilen
„Meister der Grottesken“ genannt wurde. Die Zeich-
nungen dieses Meisters sind durchweg ornamentale
Entwürfe, im Stil verwandt mit den Stuckornamenten
der von Candid ausgeschmückten Teile der Resi-
denz. Andererseits zeigen die eingefügten Figuren
ähnlich zerfahrene und unruhige Umrisse wie die
Brol’schen. Vielleicht werden andere die Identität
beider Meister annehmen; ich möchte nach reif-
licher Ueberlegung nicht so weit gehen, da der
Meister der Grottesken in Einzelheiten doch einen
festeren Strich und geschlossenere Formen zeigt.
Jedenfalls besteht eine nahe Verwandtschaft zwischen
beiden, die noch nicht aufklärbar ist. Allein schon
ihre Kenntnis, vor allem der Name Brol, bedeutet
einen Schritt vorwärts in der Durchforschung der
süddeutschen dekorativen Malerei vom Anfang des
17. Jahrhunderts.

Abbildg. 14.
Brol, Zeichnung von 1630.
 
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