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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Eisler, Robert: Mantegnas frühe Werke und die römische Antike
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0200

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Denkmals, die in der für die Antike charakterist-
ischen Kombinationsperspektive mitdargestellt war
— offenbar wegen der daselbst befindlichen Statue
des heroisierten Kaisers — hat Mantegna missver-
ständlicherweise für ein selbständiges Bauglied ge-
halten, ohne doch ganz zu übersehen, dass hier


Abbildg. 11.
Detail aus einem trajanischen Relief
vom Constantinsbogen.
eine Verkürzung beabsichtigt war, weshalb er diesen
vermeintlichen Flügelbau in einem stumpfen Winkel
an das Mittelstück angliederte. Die kleinen Figuren
an den Gesimsecken gaben ihm die Anregung dazu,
die auf der Münze seitwärts unten aufgestellte Statue
ebenfalls auf den Bogen hinaufzustellen. Die Ruinen
eines Doppelbogens oben auf dem Gesims erinnern
an die Zubauten, die sich in Rom auf den als
Stadtburgen benutzten antiken Bauten im Mittel-
alter ansiedelten, wie wir sie noch auf den Stichen
des Willem v. Nieuwlandt dargestellt sehen. Mantegna
hat derlei offenbar für antik und zugehörig gehalten,
da er auch seinem Triumphbogen in dem „Gang
zum Richtplatz“ einen solchen Oberbau gegeben
hat. Auf dem Figurenfries dieses Stadttors *) sehen
wir einen Reiter, dem ein Fusssoldat mit einem
Feldzeichen voranläuft. Das Motiv stammt von
einer Münze mit der Inschrift decursio2), die auch
für das Medaillon mit der gleichen Darstellung am
linken Flügel des Altars von S. Zeno3) zum Vorbild
gedient hat. Das Relief mit dem Tropaion auf dem
erwähnten Stadttor, ebenso die daselbst angebrachten
Embleme (Palme, Ruder etc.), sowie die zwickel-
füllenden gekreuzten Schilde4) stammen gleichfalls
von Münzreversen.
Ohne Zweifel hat Mantegna auch Gemmen
benutzt. Im Mittelgrund des Hinrichtungsbildes be-
finden sich drei Füllfiguren, von denen die mittlere
1) Vgl. Abbildg. 5.
2) Vgl Abbildg. 6.
3) Vgl. Abbildg. 7. Die Verwendung solcher Reliefmedaillons mit
antiken, der Kleinkunst entnommenen Motiven zur dekorativen Belebung
der Architektur geht auf das Vorbild Donatellos zurück, der bekanntlich
für die im Hof des Palazzo Ricardi-Medici eingemauerten Tondi Gemmen
der mediceischen Sammlung als Vorbild benützte.
4) Vgl. Abbildg 5.

etwas an den Marmordavid des Donatello erinnert,1)
während die rechte deutlich ein praxitelisches Stand-
und Stellungsmotiv erkennen lässt. Doch hat kaum
ein Werk der grossen Plastik als Vorbild gedient.
Wenn man nicht etwa an eine Kleinbronze denken
will, so kann wohl nur eine Gemme in Frage
kommen. Auch einige rein mythologische Motive,
die auf Münzen nicht vorkommen, dürften auf solche
Vorbilder zurückgehen. So zwei Centauren- und
Lapithenkämpfe (Abführung des hl. Jacobus auf
einem Haus im Hintergrund und rechtes Medaillon
im Mittelstück des Altars von S. Zeno), ein flöten-
blasender Satyr (Figurenfries des dritten Bildes
in der Ermitanikapelle) und das Medaillon mit
dem Triton und der Nereide (rechter Flügel des
Altars von S. Zeno. Eine ähnliche Gemme ist
publiziert in Furtwänglers Gemmenwerk Taf. XLI,
No. 41).
Alle diese Beziehungen — so interessant sie
an und für sich und so charakteristisch sie für die
Bestrebungen des Mantegna sind — mit dem eigent-
lichen Problem dieser Untersuchung haben sie
kaum etwas zu tun. Es können unmöglich diese
Entlehnungen, die sich allesamt nur auf neben-
sächliche Füllmotive erstrecken, gewesen sein, die
bei den Zeitgenossen ein solches Aufsehen erregten,
wie wir es als Voraussetzung für die Entstehung
einer Tradition, die ein Jahrhundert überdauerte,
anzunehmen haben. Auch ist der Ausdruck „ima-
gines traxit de statuis Romanis“ zu bestimmt, als


Abbildg. 12.
Relief mit zwei Tubabläsern in der kgl. Glyptothek in München.
Geschenk des Baron Bissing.
Provenienz: Rom.
Vgl. Furtwänglers Katalog zu No. 364.

i) Der heilige Georg desselben Meisters ist für eine Figur des
„Ganges zur Hinrichtung“ (v°r dem Torpfeiler in der Mitte) benutzt.
 
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