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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Grautoff, Otto; Schwind, Moritz von [Honoree]: Moritz von Schwind zum hundertsten Geburtstag: 21. Januar 1804-21. Januar 1904
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0362

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291

Klarheit ausgedrückt sind. Abbldg. 9 St. Georg
mit dem Drachen, Skizze für die Reichenhaller
Kirche; auch hier fallen wieder die fein und klar
gegliederten Formen in den Bewegungsmomenten
auf; daneben das schöne, edle Haupt des heiligen
Georg. Abbldg. 10 eine Handstudie, vielleicht zu
den Kreuzwegstationen. Abbldgn. 11 und 12. Zwei
Studien, deren Entstehungszeit nicht zu ermitteln
ist. Dazu geben wir in Abbldg. 13 eine Karrikatur
auf Schwind, von Scholl1) erfunden, von A. Göbel2)
radiert und von A. Göbel und Karl Trost3) „als
Handzeichnung gedruckt und dem Herrn von
Schwind als Geschenk überreicht“; diese Karrikatur
stammt wahrscheinlich aus dem Ende der vierziger
Jahre, vielleicht aus dem Jahre 1847, als Schwind,
der damals in Frankfurt lebte, den Ruf an die
Münchner Akademie erhielt und annahm. Auf
einem Throne sitzt der Meister mit übergeschlagenen
Beinen, gemütlich die Pfeife rauchend; neben ihm
ein Cerberus. Hinter ihm hängt seine bayerische
Professorenuniform; ihr gegenüber sein früherer
schlichter Künstleranzug. Er, dem alles so leicht
wird, sitzt bequem und behaglich auf dem Throne;
über ihn beugt sich der Maler Karl Trost. Ganz
klar ist das Blatt nicht; und es ist mir trotz mehr-
facher Umfragen bei den Kreisen, die Schwind
noch persönlich nahe standen, nicht gelungen, eine
Erklärung des Blattes zu erhalten. Jedenfalls aber
scheint es zu bedeuten, dass alle übrigen Künstler
sich, jeder auf seine Weise, vergeblich abmühen,
etwas zu erreichen, während ihm, dem Meister,
alles spielend gelingt. Das Blatt enthält manche
1) Franz Joseph Scholl, Bildhauer, geb. 4. Dezember 1796 zu Mainz,
gest. 7. April 1842 (?). A. D. B.
2) A. Göbel unbekannt; vielleicht der Aquarellmaler Karl Göbel.
3) Karl Trost, Genre- und Tiermaler, geb. 1811 zu Eckernförde,
gest. 1. April 1884 in München. A. D. B.

ergötzliche Szene, und ist ein treffliches Zeugnis
für den gesunden Humor, der auch in jenen Tagen
in Künstlerkreisen herrschte. Wahrscheinlich sind
die meisten Personen Porträts aus dem Schwind-
schen Kreise.
Eine erschöpfende und umfassende Schwind-
biographie fehlt uns bis heute; jedoch beschäftigt
sich das k. k. Kultusministerium zu Wien seit kurzem
mit den Vorarbeiten zu einer Schwindbiographie
grossen Stiles; nach dem bekannten, österreichi-
schen Segantini-Werk kann man an diese neue
Arbeit die grössten Erwartungen knüpfen.
Die beiden Biographien von Lukas Führich
und Hyacinth Holland, die bald nach Schwinds
Tode erschienen, sind in ihrer Art glänzende
Arbeiten und bilden noch heute das vorzüglichste
Quellenmaterial; daneben kommen hauptsächlich
noch die persönlichen Erinnerungen seiner Schüler
und Freunde Eduard Ille, A. W. Müller und Julius
Naue in Betracht, endlich kleinere Studien des
Wiener Alois Trost1). Ernst Förster bietet in seiner
fünfbändigen Geschichte der deutschen Kunst
mancherlei Einzelheiten, W. H. Riehl in seinen Er-
zählungen, und Muther entwickelt in seiner Ge-
schichte der Malerei im 19. Jahrhundert die corne-
lianische Zeit vortrefflich und hat hier auch Schwind
zum ersten Male im Gange der Kunstentwicklung
richtig eingeschätzt. Die Haacksche Monographie,
die 1898 bei Velhagen & Klasing erschien, ist
hauptsächlich durch die vortreffliche Uebersicht
seiner Werke in guten Reproduktionen wertvoll
und unentbehrlich; textlich bedeutet sie ein Resume
des vorhandenen Materials.
1) Dr, Alois Trost: Moritz von Schwind und die Tretsenskyschen
Mandlbogen. Mitteilungen der Graphischen Künste 1899 No. 1. — Der
Katalog der Schubert-Ausstellung. Wien 1897. — Festschrift für Theodor
Gompertz. Wien 1902 etc.
 
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