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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

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Heft 7
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Schäfer, Wilhelm: März-Ausstellungen in Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0046

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lieben dienstbar zu macken. Indern man grofse
Worte von der Veredlung durch die Kunst redete,
wollte man ihr die ^.rt der Wirkung vorschreiben.
^Vn und kür sieb ist es ja auch richtig, dass alle
Künstler, die nichts persönliches zu sagen haben,
sich auf gewisse dekorative Wirkungen verleben;
denn das bann rnan lernen, ^ber darüber
hinaus hat sich die Kunst längst von ikrern
ursprünglichen schmückenden 2weck zur intirnen
persönlichen Liederschrift einer Weltanschauung
entwickelt.
Oder wer wollte es wagen, z. 8. einen
Qiorgione als Wandschmuck zu betrachten? Wo
wir auch eins seiner tiefen ^ugenpaare auf uns
gerichtet fühlen, da spricht nicht nur der Oeist
seiner ^eit besser zu uns als durch tausend
wissenschaftliche Werke — insofern ist die Kunst
die eigentlich wertvolle Qeschichtsschreibung —
sondern auch die tiefe 8eele eines Jünglings, der
sich in diesem ^.ugenpaar ewig machte. 80 viel
Jahrhunderte noch vergehen, immer werden
wieder Menschen davor stehen und sich des
Menschentums freuen, das sich in der Kunst
so zur Ewigkeit erheben konnte.
2u den Kunstwerken dieser ^rt rechnen die
8ilder von Lochmann und Müklig. Kind wenn
es auch nicht das Mensckenantlitz selbst ist,
durch das sie sich oifenbaren. Ls ist doch mehr
als ein 8tückchen Latur, was sie dahinmalen in
ihrer Köstlichen Weise. 8s ist die ganze Liebe
einer tiefen Menschenseele zu all den kleinen
8onnenlicbtern und 8ckönbeiten der Welt. Wie
z. 8. in dem einen 8ild von Müklig der 8sel
mit den Lüknern vor der gelben Wand steht: die
Menschheit müsste sich über alles Menschliche
erheben, wenn nicht immer wieder feine Laturen
vor solchen 8ildern stehen sollten in stillem,
innigem Olück. Wenn längst unsere dekorative
8trömung als äufseres Okarakteristikum unserer
2eit in Landbüchern festgelegt sein wird, werden
jene 8ilder als köstliche 8esitzstücke der Mensch-
heit geschätzt werden. Denn alle dekorative
Malerei mufs gemalt sein, wie ein 8chauspieler
spricht: für die Kernwirkung, für die Menge,
^.ber es giebt keinen bessern Künstlerspruch:
Lichts vor andern, sondern alles vor sich selbst.
Keth ei ist kein übler Lame. Ond wenn
8okn-Kethel auch nicht ganz so gut klingt, es
sind doch zwei sehr eigene Künstler, die diesen
Lamen tragen. Unsere Keproduktion von Alfred
8okn-Kethel giebt leider nichts von der vor-
nehmen Karbe dieses 8ildes. In dem leiden-
schaftlichen 8estreben, zu einer vielklingenden
und dennoch einfachen Karbe zu kommen, zeigt
Alfred 8ohn-Ketbel den wobltbätigen Kinüufs
der Kranzosen. Käst ratkniert ist die Dame mit
dem bunten l'ucb an der kalbentblöfsten 8cbulter.
^11 die kleinen 8untbeiten, die in der Lautfarbe
spielen, sammeln sich in dem l'uck zu einem
vielstimmigen starken Akkord. Man vergisst das
nicht, wenn man es einmal sah. Oie Krau mit

dem Kind ist zu bewusst. Wie überhaupt das
auffällige Kormbewuistsein dieses Künstlers viel-
leicht schon zu sehr französische ^rt verrät.
Otto 8okn-Kethel, von Laus aus mehr Zeichner
als Maler, geht in demselben 8estreben der Ver-
einfachung fast bis an die Orenzs der Manier,
^ber gerade seine kleine Landschaft zeigt, welch
köstliche Wirkungen dabei kerauskommen können.
Lin feiner Oescbmack, der Intimitäten liebt.
L. Lordenberg bat einen ganz andern Weg.
8ein Interieur aus Klandern soll mit einfachen
Kläcken und Klecken farbig wirken, und es wirkt
wundervoll. Leb. Otto wird um seiner Litho-
graphien willen geschätzt. Augenscheinlich hat
die 8eschäftigung mit dem 8tein auf seine Malerei
zurückgewirkt. 8ie hat etwas wohlthuend 8reit-
llächiges bekommen, und man kann wobl sagen,
dafs seine Landschaften zu den besten der Aus-
stellung geboren. Krnst Lardt beündet sich
augenscheinlich in einem Übergang. Man spürt
aus seinen Landschaftsstudien überall ein leiden-
schaftliches Kingen heraus. Man bat das Oefübl:
es wird noch einmal etwas, aber jedenfalls ganz
etwas anderes, als das, was wir da sehen. Kritz
von Wille Kat diesmal seine Lobe in der
8chnee1andschaft erreicht, die vielleicht etwas
ungünstig hängt, aber aufserordentlicb gut die
schmutzige 8cbneestimmung des l'auwetters
wiedergiebt. Lnd ^.dolf Lins überrascht
durch die ausserordentliche Vielseitigkeit. 8ein
„Keierabend", seine ,,Oänse am 8acb" und sein
„Wald": man kann garnicbt glauben, dafs alles
von derselben Land gemalt wurde. Lnd dock
ist jedes in seiner ^.rt vorzüglich: z. 8. das gelbe
Kopftuch der Oänsebüterin, wie es die Kaum-
bildung vollendet; denn ohne diesen gelben Kleck
würde die ganze 8acbecke platt sein. Qanz ab-
gesehen davon, wie dieses Oelb mit dem Oelbrot
der Oänsescbnäbel spielt. Max 8tern ist ent-
schieden in seinen kleineren 8acben besser als
in der ,,Arbeitspause". 8ie wirkt angenehm
bunt, aber nickt ungezwungen in der Labung
der Kiguren. Lier ist augenscheinlich ein 8tück
gut gesehenes Leben durch das Modell zerstört
worden. Ibotzdem verrät gerade dieses 8ild
den strebenden Künstler mehr, als z. 8. das
kleine köstliche Oämmerungsbild, weil es eine
ganz andere Karbigkeit erstrebt. Zaghaftigkeit
ist kein Vorzug eines Künstlers, ein kükner Ver-
such wertvoller, als ein zahmer Krfolg. Oie
grössten 8ilder der Ausstellung sind Porträts.
Keusing, pfannekucken, Lamacker,
Klingen, alle in ihrer ^rt tüchtig, haben
einen schweren 8tand gegen 8ckneider-
Oidam. 8s offenbart sich immer mehr, dafs
wir in ikm einen Mensckensckilderer bester
^rt besitzen. Man sagt seinen 8ildern nach,
dafs sie Kart sind, ^.ber dock nur, weil sie
von einem ^uge gesehen wurden, das mit un-
heimlicher 8ckärle in das Wesen eines Menschen
dringt. 8eine beiden Versuche, das Porträt zu

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