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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 17.1909

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Heft 1
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Renard, Eduard: Die Gefährdung der königl. Schlösser in Düsseldorf und Benrath
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Treu, Reinhold: Der Schillerpreis von 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.26460#0046

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Die Gefährdung der Königl. Schl'öffer in Diiffcldorf und Benrath.

Bebauung verfallen; ob es daun vielleicht überhaupt
noch ein Jnteresse hätte, allein das Herrenhaus der
Anlage von dem Zerftörungswerk auszuschließen, läßt sich
kaum vorhersagen. Möglich, daß der Hauptbau in
seiner verftümmelten Form nur ein schmerzlichcS Er-
innerungszeichen bliebe! Wie das Benrather Herren-
haus, das in der geschlossenen Anlage und der Voll-
ständigkeit seines Schmuckeö von so prägnantem
Charakter ist, der Bestimmung eines vornehmen modernen
Hauses zugesührt werden könnte, ist demjenigen der,
mit diesem entzückenden Jdyll etwas näher vertraut ist,
ganz unerklärlich. Das, was man heute in einem
solchen Falle verlangt und verlangen muß, hinunter
bis zu den einfachsten Einrichtungen der „oowwoältS" —
wird man vergeblich in Benrath suchen, und der Ver-
such, diesen Mängeln abzuhelsen, müßte mit einem Teil
des wertvollen Ausbaues bezahlt werden; damit wäre
der große künstlerische Wert von Benrath verloren. So
paradox eö klingen mag — Benrath taugt nur zum
„moauilloiit aatioiiLl"; daß in Deutschland noch keine
Aussichten dafür vorhanden sind, unserem wertvollsten
Denkmalbesitz zu dieser Rangerhöhung und zu diesem
ehrfurchtgebietenden „otiuw oum äixuitats" zu ver-
helfen, das muß man in solchen Fällen als einen
schweren Mangel empfinden.

Und endlich die Schäden ideeller Art! Die Ver-
suche, das StaatShoheitsrecht der Denkmalpflege ge-
setzlich zu regeln, sind bekanntlich bislang gescheitert;
dasür ift aber aus der ganzen Linie an Kleinarbeit
getan worden, was getan werden konnte, um die an-
erkannte Lücke unserer Gesetzgebung, die sast kein anderer
europäischer Staat mehr aufzuweisen hat, nach Möglich-
keit zu schließen. Wie sehr die Lücke empfunden wird,
das hat noch jüngft die einmütige Annahme des Ge-
setzes gegen die Verunstaltung der Landschaft und des
Ortsbildes bewiesen. Die Staatsregicrung übt nach
allen Seiten über das buchstäbliche Recht hinaus ihren
Einsluß auf alle Zweige des Verwaltungsorganismus
zur Wahrung der Denkmalpslege-Jnteressen aus und tritt
selbst mit großen Beihilfen ein. Da sollte es doch
unter allen Umständen vermieden werden, diesen be-
rechtigten Bestrebungen der Staatsregierung in den
Jägerhof-Benrather Fällen in den Weg zu tretcn. Die
kleine Gemeinde oder Gesellschaft, von der man im
Aufsichtswege schwere Opfer für die Dcnkmalpflege
verlangt, oder der man die Veräußerung eines Denk-
maleS abschlägt, wird hier die sormale rechtliche
Unterscheidung nicht gelten lassen, sondern wird die
verschiedenartige Behandlung als bittereö Unrecht emp-
findcn. Dieser Widerspruch kann durch hiftorische Er-
wägungen nur verschärft werden: Man wird geneigt
sein, daran zu erinnern, daß beide Schlösser einst
Staatseigcntum waren, daß sie bei der seltenen Be-
nutzung — Benrath wenigstens seit einem Jahrhundert —
so gut wie als öffentlicher Besitz gegolten haben.

Es kann nicht geleugnet werden, daß — vom reinen
NützlichkeitSstandpunkt betrachtet — solche Schlösser cine
Last sein können; aber die Krone trägt auch sonst solche
Lasten und trägt sie gern. Das idyllische Rheinsberg
mit seinen Erinnerungen an den großen König ist in
der Hinsicht wohl ein ebensowenig ersreulicher Besitz

wie der Jägerhof und Benrath. Wie ein Verkaus von
Rheinsberg in dem Stammland Preußen, so würde
auch gerade in der rheinischen Bevölkerung, deren histo-
risches Gesühl so stark ausgebildet und durch die reiche
Vergangenheit der Heimat besonders geschärst ist, eine
Preisgabe alten Krongutes nur das Gesühl der schmerz-
lichen Kränkung und der Zurücksetzung hervorrufen
können. Dr. Eduard Renard.

er Schillerpreis von I9O8.

Weil man im deutschen Volk nicht mehr zu-
srieden war mit der Verteilung des Schiller-
preises, hat man vor einigen Jahren einen Volksschiller-
preiö begründet: nun haben sich Staat und Volk auf
„Tantris der Narr" (Jnsel-Verlag) geeinigt, und Ernst
Hardt darf sich als der doppelt Preisgekrönte in die
Galerie unserer großen Dramatiker hinaus begeben.
Weil aber „mangels geeigneter Bewerber" der Staats-
schillerpreis schon einmal gestundet war, hätte der
Glückliche ihn eigentlich auch noch doppelt bekommen
müssen, sodaß er jetzt dreisach gekrönt vor seinem Volk
daständc, womit diese Komödie der Jrrungen vollendet
wäre.

Denn „Tantris" mag als Theaterstück seine Wirkung
haben, ein Drama ist es kaum und ganz gewiß kein
Werk, das eine doppelte Ehrung von solchem Gewicht
ertragen könnte. Was darin nach großer Dichtung
klingt, ist die alte Sage und Gottfried von Straßburgs
Kunst. Seit Ulrich von Türheim hat eö deutsche Nach-
dichter gereizt, ein Epos zu vollenden, und gleichzeitig
mit TantriS ist von Emil Lucka, einem jungen Wiener,
ein Roman erschienen (F. Fischer, Berlin), der den bei
Gottsried sehlenden Schluß als selbständige Dichtung
nicht übel versucht, obwohl auch ihm die Hände sür
solches Werk zu schwach sind. Ernst Hardt hat es sich
von vornherein billiger gemacht: ftatt der ganzen Dichtung
hat er einige Tageslängen daraus mit wirksamen Episoden
gefüllt und die mit vielem Theatergeschick in fünf Akten
vorgestellt. Wir sind im Lande Markes und trotz dem
Blutbann, trotz seiner Heirat mit Jsolde Weißhand ist
Tristan wieder im Land. Zuerft als Auösätziger, der
über eine Mauer hundert Klafter ties hinunterspringt,
danach als Narr, der den Namen Tristan in die Lust
geworfen und alö zwei verkehrt aneinander gesetzte
Stücke Tantris aufgefangen hat. Das gibt natürlich
wirksame Szenen und „atemraubende Spannungen",
aber wenn der salsche Narr Tantris zum Schluß mit
seinem Hund Husdent fortgeht und Frau Jsolde mit
ihrem Iauberhündchen Petikrü zurück läßt: ist an wirk-
licher dramatischer Entwicklung nichts geschehen; der
große Stoff hat seine ewigen Figuren sür ein Theater-
spiel herleihen müssen, das mit der Erinnerung an ihr
Schicksal gewandt und witzig, ein paarmal auch rühr-
sam die Kulissen zu schieben weiß.

Der Vorgang weckt die Erinncrung an einen andern
Mißgriff, mit dem die Komödie unserer Schillcrpreise
begann. Damals schwammen die Theatcr Deutschlands
in Begeisterung über Ludwig Fuldas Talisman, das
ebenso gewandt nur mit witzigeren Versen einen alten
 
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