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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 17.1909

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Heft 2
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Eulenberg, Herbert: Franziskus von Assisi: Worte über ihn bei einer Feier zu seinen Ehren
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Ostermann, A.: Bauernhochzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.26460#0083

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Baueknhochzeil.

lhnen sich bette. Als aber Sankt FranziSkus dieses
bemerkte, sprach er: „Mit nichten! Daö wäre nicht
recht getan, ihr Schwestern Rosen, wcnn ich auf euch
schlummerte und euch zerdrückte. Ruhet drum hier
neben mir und welkt, bis der Tau des neuen Morgens
euch erwecket!" Also sprach der Heilige und bettete
sich aus die Erde neben das Eselein und neben die
Rosen, deren Duft ihn im Traum auf Seraphschwingen
in den chriftlichen Olymp hinauftrug. Und ein paar
verslogene Tauben nisteten über Nacht bei ihm in seiner
Kutte und wärmten ihn. Die beiden Böhmen aber,
die diesem zuhörten und zusahen, schlichen sich leise fort
in ihre Herberge, und wie sie sich cndlich anschauten,
mcrkten sie, daß sie beide geweint hatten.

So lebte Franziskus, da er auf Erden wandelte,
der sich allem und jedem hier verbrüdert und vcrschwistert
fühlte, der alle Menschen lieben konnte, uur die Ver-
leumder und Angeber nicht, der seinen Sonnengesang
anstimmend den Tod in seiner Zelle erwartete und den
die Kirche für heilig erklärt hat, ohne das Jdeal, dem
er lebte, verwirklichen zu können. Er steht vor allen
Heiligen uns Deutschen am nächften und darum haben
Franz Liszt und spätere Wagnerianer als bewußte Ger-
manen laut aus ihn hingewiesen: „Kniet nicder! Denn
hier ist Geift von unserm Geiste!" weil seine Lehre der
Religion unserer Vorfahren vielsach verwandt ift, vor
allem in seiner Verehrung für die Frauen und in der
unbegrenztcn Liebe zur Natur. Sein Leben hat sich
um zwei Augenblicke bewegt, den einen, da er seine
Habe fortgab, um arm wie Christus zu werden, und
den andern, als er einsah, daß nicht alle Menschen
waren wie er, und daß Egoismuö die Welt regiert, und
er darum in größter Verzweiflung seinen Vorsitz im
Orden ausgab, um ein Einsamer zu werden. Vor dieser
Treue gegen sein Jdeal, das Urchristentum, wirkt der
Franzis'kuo unserer Ieit, Leo Tolftoi, rccht wie ein Quack-
salber gegen einen Arzt. Die Heilmittel, die Franz von
Assisi den Menschen, die ihn aufnahmen, brachte, waren
aber: Armut und Freude, indem er lehrte und nicht
anders lebte, in dem Glauben und der Glückseligkeit,
für die Lessing die Worte fand: „Der wahre Bettler
ist doch einzig und allein der wahre König."

Herbert Eulenberg.

auernhochzeit.

Heut hält des dicken Müllerö Kathrein
Hochzeit mit dem Bauernftanz. Zuchhe!

Stolz flattern die Fahnen von Glanzpapier,
darunter schwingt der Fichtcnkranz.

Willkommen! leuchtet wunderbar
— auf rotem Grund — dem jungen Paar!

Ein Böllcrschuß! Die Trauung ist aus!

Der Brautzug schwenkt in daö Hochzeitshaus.

Heut soll die Welt sich luftig drehn
und einmal auf dem Kopfe stehn
und Freßgevatter sein. Juchhe!

Die Gäste kamen zu Fuß und zu Pferd,
im Frack und im Iylinderhut,
und setzten sich schön, wie sichs gehört, -
die Bauern, die Gärtner, die Häuöler, die Kätner, -

dcr Rang liegt ihnen schon im Blut.

Und jeder fühlt sich hochgeehrt.

Waö wird es geben? Von Kalb und Schwein,
von Ochs und Gans und Hühnerlein.
Potztausend! Alle lockern den Bund,
ein guteS Esien ist gesund.

Am Spinde sitzt der Fiedlerfried
und fiedelt lustig sein erfteö Lied.

Mahlt, ihr Mühlen, mahlet schnelle,
wie des dicken Jakobs Mühle,

Bratenstücke, Weineswelle,
laßt nur hurtig im Gewühle
eure Arme flügelnd greifcn.

Schneidct nicht zu dünne Streifen,
und die Backen und die Iähne
laßt wie Mahlftein gehn.

Redct nicht, ihr Kampfeshähne,
heut von Steuer, Ioll und Wahlen.

Denkt, ihr braucht nicht zu bezahlen!

Juch, das macht euch schon Vergnügen!

Eßt, bis sich die Bänke biegen,
und noch eins, das sollt ihr wissen:
führt die Krüge hübsch zum Mund,
wohl nach jedem fetten Bissen, —
gutes Trinken ist gesund.

So ists recht, das lob ich mir,
wer nicht Wein mag, der trinkt Bier.

Der Pastor sieht das Brautpaar an,
schickt einen Blick zum Himmel
und hebt die erste Rede an.

Da legt sich daS Getümmel »
der Meffer und der Gabeln all,
dick ölig fließt der Bilderschwall
im Kreis herum ein lange Zeit.

Andächtig und betrachtend,
über die Schüsseln schmachtend
sitzt jeder Bauer da und schreit:

Hoch lebe, hoch daö Brautpaar!

Der Brautvater sieht die Brautmutter an
und hält die zweite Rede.

Und nach der Worte schwülcm Bann
beginnt mit neuem Saft und Kraft
die Eß- und Messerfehde.

Gar mancher, dem der Suriuö

den Redekamm heut stolz geschwellt,

fühlt einen Worteüberfluß

und tut sich auf, breit hingeftellt,

auf dies und das und den Bräutigam,

wie er von den Soldaten kam,

auf Mastvieh, Ernte, Kriegerbund,

schwer rollt die Zunge aus dem Grund,

und die Worte schlagen und fallen sich wund.

Die vollen Schüsseln lceren sich
und füllen sich und leeren sich
auf einen Schlag und einen Hieb.

Des Essens ist kein Ende.

Und da ihm sonst nichts übrig blieb,
so fiedelt schncll der Fiedlerfried
sein zweites und noch schönres Lied,
daß er das Unheil wende.
 
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