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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 17.1909

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Heft 1
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Baur, Albert: Die Kunstgewebeschule Zürich und ihre Metallarbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.26460#0028

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Cinfaches Kaffeegeschirr aus Messing. (Geometrisch aufgebaut.)

ie Kunftgewerbeschule Zürich

und ihre Metallarbeiten.

Wenn wir unö bcstreben, die bange Frage zu beant-
nwrten, ob wir es iin modernen Kunstgewerbe wirklich
so herrlich weit gebracht haben, wie eö nach der Unzahl
von Aussätzen scheinen möchte, die sich damit besassen,
so wird unser Urteil immer unsicherer. Seit man daö
geistlose Abschreiben der historischen Stile ausgegeben
hat, ist zuerst der Jugendstil und dann so manches
Stilchen aufgekommen und wicder zu den Akten gelcgt
wordcn, daß wir uns oft gesragt haben: können wir
denn nur noch Moden aber keinen großen Stil mehr
schaffcn? Und woran liegt eö, daß so selten etwas
ganz in sich Abgerundetes aus dem Markte erscheint?

Das liegt wohl nicht zum wenig-
sten an der Vorbildung der ent-
wcrfenden und ausübenden Ge-
werbekünstler. Die solide Meister-
lehre früherer Zeiten ist für das
Kunsthandwerk so selten geworden,
daß sie kaum mehr genannt zu
werden braucht. Es bleibcn also
noch die Kunftgewerbeschulen, die
aber in der Form, wie man sie einft
gegründet hat, den Untergang des
Handwerks nicht zurückhalten konn-
ten. Denn sie begnügten sich damit,
gewerbliche Zeichner zu erziehen, die
wohl darin bcwandcrt waren, irgend
einen Gegenftand mit den Aier-
formen des bestellten historischen
Stils zu bekleiden, denen eö aber
an jeder techniscyen Ausbildung ge-
brach. Und als man endlich dic
Verderbnis einsah, die so übcr alles
Kunsthandwcrk kam, wußte man
sich nur durch Flickarbeit zu helfen
und gab den Schülern nebenbei
einen Begriff von technischer Ubung.

Aber das alte Unterrichtsziel blieb: der Schüler sollte
in erster Linie kunstgewcrblicher Zeichner werden.

Nun ist eö aber Erfahrungstatsache, daß von zwanzig
jungen Leuten, die eine Kunstgewerbeschule besuchen,
nur einer die Anlagen besitzt, sich zum Künstler zu ent-
wickeln, der technisch, praktisch und ästhetisch einwand-
srei zu entwersen versteht. Und das genügt auch voll-
kommen für die Ersorderniffe des Lebens. Was wird
aber auö den neunzehn andern? Sie haben nichts
gelernt alö zu zeichnen, und so müssen sie sich mit
Kopieren und Kombiniercn durchö Leben schlagen. Die
einzige Originalität, die sie zu erringen vermögen, ist
sinnlose Ubertreibung. Und so ift durch diese Über-
produktion an mittclmäßigen kunstgewerblichen Ent-
werfern die Entwicklung eines wirklich modernen Stils
sehr gehemmt worden.

Der cinzige Weg, der aus dieser
Misere hinausführt, ist die Anlage
der Kunstgewerbeschule als eine
Reihe von Werkstätten. Nur so
kann sich jeder Schüler in erster
Linie zum kunstgewerblichen Arbeiter
entwickeln, der die Technik voll-
kommen beherrscht. Und dann
braucht nur jener zum Zeichner zu
wcrden, den der Erfolg dazu an-
stachelt.

Das ist auch der Weg, den die
Kunstgewerbeschule Zürich beschrit-
ten, seit vor ein paar Jahren Iulius
De Praetere ihre Leitung über-
nommen hat. Jhre Werkstätten
sür Raumkunst, für dekorativc
Malerei, für Textilkunst, sür Gra-
phik und für Metallarbeit, denen
je ein fachmännisch gebildeter Leiter
vorstcht, suchen den Schülern alles
zu geben, was einst einc gute
Meisterlebre bot.

Die Schöpsungen der Schule
erklären sich ganz auö der Arbeitö-

Standuhr aus Messing.
 
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