Silbcrner feuervergoldcter Becher mit
grünen Schmucksteinen.
(Geornetrisch konstruiert.)
methode, die in allen Werkftätten die
gleiche ist. Wir crläutern sie am
Beispiel der Abtcilung für Metallarbcit,
die für das Entwerfen von De Praetere,
für die praktische AuSführung von I.
Vermeulen geleitet wird.
Gleich zu Anfang werden die Schüler
mit dem Material vertraut geniacht,
das sie zu verarbeiten haben. Jn
methodischem Gang haben sie die ein-
fachsten Formen, die technisch oft nicht
die leichtesten sind, korrekt auszuführen.
Jhr Werkzeug müffcn sie sich selbft
anfertigen, damit sie gründlich mit ihm
vertraut werden. Dann werden prak-
tische Aufgaben gelöst, wie sie das
Lcben täglich verlangt. Soll zum Bei-
spicl cinc Tischlampc verfcrtigt wcrdcn,
so spricht man zuerst von den unum-
gänglichen praktischen Erfordcrnissen,
wie Fuß, Säule, Lichtträger, Schirm,
und der Form, in die sicb jeder dicser
Teile kleiden muß. Und damit wird
eine Skizze geschaffen, dic dcn An-
sorderungen der Praxis gcnügt, und
die auch technisch einwandfrci sein wird,
da der Schüler durch stcte Arbeit ge-
lernt hat, technisch richtig zu dcnken.
Nsthetisch aber ist diese erste Skizze
noch vollkommen indifferent. Um nun
die technisch und praktisch korrekte
Lampc schön zu gestaltcn, wird sie nicht einfach, wie
es noch vor wenig Iahren saft überall üblich war, mit
allcrlci Zierat überladcn. DaS erste SchönbeitSclement
soll in der Form selbst liegen, in
den edlen Verhältniffen.
Und hicr kommt nun in der
Kunstgcwcrbeschule Zürich ein Prin-
zip zur Geltung, das schon die
Aguptcr und Griechcn kannten, daö
die Basis der romanischcn und
gotischen Kunst bildetc und das
noch manche Künstler der Rcnais-
sance in ihrem tcktonischen und archi-
tcktonischen Schaffen anwandtcn.
Es ist das dic Konstruktion aus
geomctrischer Grundlage. Sie allein
schaffl stetö, wcnn sie richtig geband-
habt wird, sür daö Auge wohl-
gcsällige Formen und Räume.
Und sie ist auch sähig, viel mehr
als die bloß ausgeklebtcn Forme»
eines kuustlich rcproduzicrtcn histo-
rischcn Stilö, eine Einheit in die
Gegenstände zu bringen, die bewirkt,
daß allc in Harmonie übercin-
ftimmen.
Der Vergleich mit Harmonie,
mit Musik kann noch gcnauer auö-
gesührt wcrdcn. Die Lampe zum
Beispiel, von der wir sprachen, ist Gaslampe aus Messlng. (Geomettlsch konstruiett.)
aus lauter Bogen zusammengesetzt, die
sehr wenigcn Kreisen entnommen sind.*
Alle stehen zueinander in einem ein-
sachen geomctrischen VerhältniS, daö
durch Konftruktionen erreicht wordcn
ist, und das wir mit den Vcrhältnisscn
der Schwingungszahlcn der musikali-
schcn Jntervalle vergleichen könncn.
Selbstverstäudlich braucht solche Pro-
portion nicht immcr zwischen Kreisen
zu bestehen; sie kann sich auch auf
Quadratcn oder Dreiecken ausbauen.
Je mehr der Mensch das Auge
sür diese absolut unausdringlichen Ver-
hältnisse hat, um so mehr köunen wir
ihn form-musikalisch nenncn. Die
Griechcn warcn cö in hohem Grade;
das bcweist unter anderm der Säulen-
modul. Und jedermann, der künst-
lerischcn Geschmack bat, ift eö heute noch.
Wie man emincnt musikalisch sein
kann, obne dic Prinzipien der Akustik
zu kennen, so kann cm Künstlcr hcute
Formen und Räumc schaffen, obne
die Gesetze geomctrischer Proportion
zu kcnnen, die er unbewußt anwendet,
und die auch bei ihm nachgcwiesen
wcrden konnen. Abcr auch das Um-
gckehrte ist ricbtig: der Akustikcr vom
Fach ist noch lange kcin scbaffcuder
Musiker, und wer die Gesctze geo-
mctrischcr Proportion alö Mathematiker ^völlig bcherrscht,
wird dcöhalb »och keine schöne Form entwcrscn können
oder gar eine Architcktur zu schaffen vermögen, die
dcn Ansordcrungen der Einheit in
der Vielheit entspricht. Der Ge-
werbekünstler wic der Musiker ist
an die Fesscl der Gesetzmäßigkeü
gebunden; doch bleibt der Jndivi-
dualität beider ein wcites Feld der
Betätigung offen, und eö ist nicht
zu bcsürchten, daß der scstsundierte
Stil zur Einsörmigkei't versühre.
De Praetere ist Vläme. Hol-
länder wareu es, die zucrst wieder
aus die Notwendigkeit sester geo-
mcrrischcr Proportionen hinwicsen,
zuförderst de Groot, de Bazel,
Lauweriks und Berlagc; Berlagc
besonders in seinem Werk': „Die
Grundlage und Entwicklung der
Ärchitektur", das vier Vorträge um-
faßt, die er im Jahrc 1907 am Kunst-
gcwcrbemuseum Zürich gehaltcn hat.
Man hat denn auch oft gesagt,
daß die Arbeiten der Zürcher Schulc
Wir hoffen, auf dlese intereffanten
Dinge eingehend und unter Beifügung
von Entwürfen mit der eingezeichneten
Konstruktion noch zurückzukommen.
Die Red.
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grünen Schmucksteinen.
(Geornetrisch konstruiert.)
methode, die in allen Werkftätten die
gleiche ist. Wir crläutern sie am
Beispiel der Abtcilung für Metallarbcit,
die für das Entwerfen von De Praetere,
für die praktische AuSführung von I.
Vermeulen geleitet wird.
Gleich zu Anfang werden die Schüler
mit dem Material vertraut geniacht,
das sie zu verarbeiten haben. Jn
methodischem Gang haben sie die ein-
fachsten Formen, die technisch oft nicht
die leichtesten sind, korrekt auszuführen.
Jhr Werkzeug müffcn sie sich selbft
anfertigen, damit sie gründlich mit ihm
vertraut werden. Dann werden prak-
tische Aufgaben gelöst, wie sie das
Lcben täglich verlangt. Soll zum Bei-
spicl cinc Tischlampc verfcrtigt wcrdcn,
so spricht man zuerst von den unum-
gänglichen praktischen Erfordcrnissen,
wie Fuß, Säule, Lichtträger, Schirm,
und der Form, in die sicb jeder dicser
Teile kleiden muß. Und damit wird
eine Skizze geschaffen, dic dcn An-
sorderungen der Praxis gcnügt, und
die auch technisch einwandfrci sein wird,
da der Schüler durch stcte Arbeit ge-
lernt hat, technisch richtig zu dcnken.
Nsthetisch aber ist diese erste Skizze
noch vollkommen indifferent. Um nun
die technisch und praktisch korrekte
Lampc schön zu gestaltcn, wird sie nicht einfach, wie
es noch vor wenig Iahren saft überall üblich war, mit
allcrlci Zierat überladcn. DaS erste SchönbeitSclement
soll in der Form selbst liegen, in
den edlen Verhältniffen.
Und hicr kommt nun in der
Kunstgcwcrbeschule Zürich ein Prin-
zip zur Geltung, das schon die
Aguptcr und Griechcn kannten, daö
die Basis der romanischcn und
gotischen Kunst bildetc und das
noch manche Künstler der Rcnais-
sance in ihrem tcktonischen und archi-
tcktonischen Schaffen anwandtcn.
Es ist das dic Konstruktion aus
geomctrischer Grundlage. Sie allein
schaffl stetö, wcnn sie richtig geband-
habt wird, sür daö Auge wohl-
gcsällige Formen und Räume.
Und sie ist auch sähig, viel mehr
als die bloß ausgeklebtcn Forme»
eines kuustlich rcproduzicrtcn histo-
rischcn Stilö, eine Einheit in die
Gegenstände zu bringen, die bewirkt,
daß allc in Harmonie übercin-
ftimmen.
Der Vergleich mit Harmonie,
mit Musik kann noch gcnauer auö-
gesührt wcrdcn. Die Lampe zum
Beispiel, von der wir sprachen, ist Gaslampe aus Messlng. (Geomettlsch konstruiett.)
aus lauter Bogen zusammengesetzt, die
sehr wenigcn Kreisen entnommen sind.*
Alle stehen zueinander in einem ein-
sachen geomctrischen VerhältniS, daö
durch Konftruktionen erreicht wordcn
ist, und das wir mit den Vcrhältnisscn
der Schwingungszahlcn der musikali-
schcn Jntervalle vergleichen könncn.
Selbstverstäudlich braucht solche Pro-
portion nicht immcr zwischen Kreisen
zu bestehen; sie kann sich auch auf
Quadratcn oder Dreiecken ausbauen.
Je mehr der Mensch das Auge
sür diese absolut unausdringlichen Ver-
hältnisse hat, um so mehr köunen wir
ihn form-musikalisch nenncn. Die
Griechcn warcn cö in hohem Grade;
das bcweist unter anderm der Säulen-
modul. Und jedermann, der künst-
lerischcn Geschmack bat, ift eö heute noch.
Wie man emincnt musikalisch sein
kann, obne dic Prinzipien der Akustik
zu kennen, so kann cm Künstlcr hcute
Formen und Räumc schaffen, obne
die Gesetze geomctrischer Proportion
zu kcnnen, die er unbewußt anwendet,
und die auch bei ihm nachgcwiesen
wcrden konnen. Abcr auch das Um-
gckehrte ist ricbtig: der Akustikcr vom
Fach ist noch lange kcin scbaffcuder
Musiker, und wer die Gesctze geo-
mctrischcr Proportion alö Mathematiker ^völlig bcherrscht,
wird dcöhalb »och keine schöne Form entwcrscn können
oder gar eine Architcktur zu schaffen vermögen, die
dcn Ansordcrungen der Einheit in
der Vielheit entspricht. Der Ge-
werbekünstler wic der Musiker ist
an die Fesscl der Gesetzmäßigkeü
gebunden; doch bleibt der Jndivi-
dualität beider ein wcites Feld der
Betätigung offen, und eö ist nicht
zu bcsürchten, daß der scstsundierte
Stil zur Einsörmigkei't versühre.
De Praetere ist Vläme. Hol-
länder wareu es, die zucrst wieder
aus die Notwendigkeit sester geo-
mcrrischcr Proportionen hinwicsen,
zuförderst de Groot, de Bazel,
Lauweriks und Berlagc; Berlagc
besonders in seinem Werk': „Die
Grundlage und Entwicklung der
Ärchitektur", das vier Vorträge um-
faßt, die er im Jahrc 1907 am Kunst-
gcwcrbemuseum Zürich gehaltcn hat.
Man hat denn auch oft gesagt,
daß die Arbeiten der Zürcher Schulc
Wir hoffen, auf dlese intereffanten
Dinge eingehend und unter Beifügung
von Entwürfen mit der eingezeichneten
Konstruktion noch zurückzukommen.
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