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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 17.1909

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Heft 3
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Veth, Cornelis: Adolf Oberländer
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https://doi.org/10.11588/diglit.26460#0089

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Adolf Oberländer.

sollte Oberländer vielleicht eher einen scharfen Beobachter mit eigenartiger Erfindungsgabe
nennen, als einen Phantasten. Er besitzt wie kaum ein anderer solides, grundsätzliches Können
und Wissen, ohne daö der erstndungöreichste Künftler sich leicht bizarr und gewollt zeigen muß, denn
daö bloß Ersonnene wirkt immer exzentrisch und peinlich, nie humoristisch, nie überzeugend. Eine
undisziplinierte Phantaste vermag nicht zu schaffen. Die gebändigte Phantasie eineö ZeichnerS wie
Oberländer jedoch, die durch das gestützt wird, waS ich die Geistesgegenwart der Empfindung nennen
möchte, ift eine der edelften Gaben deS menschlichen JntellektS, und mir kommt es manchmal vor,
alö ob sie uns besser und weiser macht, als viele Dinge, die vernünstige Menschen wichtig nennen.

Es liegt für mich in den Kompositionen dieses KünstlerS jene herzgewinnende Wunderlichkeit
einer besonderen Welt deS Denkens, deren schlichte Gemütlichkeit durch keinen Streit zerstört werden
kann. Und trotzdem ift es nicht die Zerstreutheit eines TräumerS, die dieser Bonhomie zugrunde
liegt. Sein künftlerisches Sehen ist scharf und intensiv: es ist nur nicht entschieden kritisch. AlleS
Interessante, Vielsagende, das seine fleißige Beobachtung stch zugänglich macht, überliefert sie als
Dokumente ihrem garnicht kritisch oder polemisch oder didaktisch gesinnten Herrn, dem Humor. Alles
Gcschaute dient nur als Baumaterial, auö dem dies neue Reich entsteht, dies unterhaltende, lächer-
liche, unwahrscheinliche Reich des WitzeS, so besonders und doch so allgemein, der Wirklichkeit so
unähnlich und ihr doch so verwandt. Hier begegnen wir aufs neue Dingen, die wir sonft nur ge-
wohnt sind mit Gleichgültigkeit oder Ärger anzusehen, hier freuen wir uns über die pikante Beredt-
heit, die sie unS mundgerecht macht, und über die schöne Fähigkeit, auch daS am wenigsten Anzichende
in eine steundliche Form zu kleiden, sodaß wir eS faft liebgewinnen.

Man darf wohl „wenig Anziehendes" sagen. Denn viclleicht die eigentümlichste Qualität von
Oberländers Schaffen befteht darin, daß es so wenig ästhetisch ist. Dies feine, nervöse und doch
großzügige Zeichnen hat nichtS Hübsches, es hebt mit einem gewissen Behagen sogar die Häßlichkeit
der Dinge hervor. In einer Hinsicht geht es noch weiter als der NaturalismuS. Es sucht das
Abweichende, verherrlicht sozusagen daS Abnorme. Aber, und das ist seine zweite charakteristische

Adam Adolf Oberländer wurde am I. Oktobcr 1845 in Rcgcnsburg geboren. Er war in Münchcn Schüler von Piloty.
Scit 45 Jahren zeichnet cr für die „Flicgcndcn Blättcr" in Münchcn, wo er scincn Wohnsitz hat. Dic Red.

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