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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 17.1909

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Heft 3
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Stichproben aus Hans Thoma: "Im Herbste des Lebens"
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Kellermann, Bernhard: Aus Kellermanns: "Tor"
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https://doi.org/10.11588/diglit.26460#0118

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Stichprobm aus Hans Thoma: „Jm Herbste des Lebens".

anderen Sammlungen zu verbrennen - den Tag darauf
eilte ich, die Sammlungen noch zu besichtigcn, da ich
nun einmal in Jtalien war. (S. 57.)

* *

Aber wie schönfarbig glatt und glänzend wie in
einer perlmuttcrfarbigen Riesenmuschcl liegend isi dann
Venedig bei Sonnenschein. Das Schmuck- und Schatz-
käsichen S. Marco paßt so gut hinein. Das farbige
Dunkel in dem braungoldenen Raume ist einer der
raffiniertesten Farbengegensatzgedanken, die es gibt, der
beim Hereintreten aus dem Licht deö blauen Tages
ebenso überrascht, wie beim Heraustreten in die Lust-
fluten. (S. 77.)

* * *

Diese Leinwand habe ich gekauft und bezahlt, sie ist
mein, also kann ich sie bemalen wie ich es will. (S. 4O.)

4- *

*

So ein Rembrandt kann machen, was er will, es
ift halt immer cine von Geist durchwobene Schöpfung;
und manch anderer kann auch machen, was er will,
eS bleibt ein Machwerk. Was hilft da aller Fleiß und
Schweiß und alle Bravheit und Gerechtigkeit — in der
Kunst findet die reine Gnadenwahl statt: Sünder können
erhoben werden, und der Gerechte kann in die Hölle
fahren. (S. ZZ.)

*

(Paris 1868) — eine Stadt voll Lebenöfreude, voll
Kunft, voll Licht mit einem so schönen silberlichthellen
Wolkenhimmel darüber. (S. 36.)

* *

*

Einer der Schirmerschüler ist auch wirklich auSgezogen,
um die richtige Terrainbildung zu finden; er sand in
Jtalicn auch noch nichts RechteS und kam nach Damaskus,
wo er endlich ein wirklich gut gebautes, zum Bild
brauchbares Terrain fand; alö er sich aber hinsetzte,
haben ihn leider die Beduinen mit Steinwürfen verjagt.

. . (S. 29.)

*

Wenn man so vom Dorf kommt, so ist einem die
Stadt mit ihrer Regsamkeit ein Ding, das man über
die Maßen anftaunt, man scheint unterzugehen und
doch sühlt man sich auch getragen. (S. 22.)

* *

*

Es ist bekannt, daß schüchterne Menschen ost ge-
rade in daS Gegenteil umschlagen — sozusagen frech
werden — denn daö Häfele, in dem die verschiedenen
Eigenschaften des Menschen beisammen wohnen, ist gar
klein. (S. 22.)

* *

*

Das Behagen, das in der Ausübung einer Kunst-
tätigkeit liegt, ift sehr groß, und man darf wohl an-
nehmen, daß der Künstler ein bevorzugter Mensch sei.
DeShalb dürfte auch daö bißchen Lebensmisere, auch
wenn eö oft viel ist, das zudem der Künftler mit allen
andern Menschen gleichmäßig zu tragen hat, nicht zu
wichtig genommen werden. (S. 19.)

Eine Seele, die zwischen Lachen und Weinen schwebt,
nennt man eine weiche Seele — eine bewegliche Teele.

. . (S. 109.)

*

Ein Onkel von mir, ein braver Bauersmann, wurde
gefragt, ob er vor dem Schlafengehen auch betc und
was er bete; er antwortete, er sei abends müde und da
sage er nur: lieber Gott du kennst deinen Michel. (S. 97.)

* *

*

Nun kam ich aus dem einengenden Wald heraus
aus der Dunkelheit auf die Bergeshalde, die im Dämmer-
lichte laq, einzelne Silberdisteln leuchteten noch herauö,
dic im Scheine des Lichteö versunken, vergessen hattcn,
ihre Kelcbe zu schließen. (S. 114.)

*

Der Maler müßte eigentlich das für das Auge
schaffen, was die Musik sür das Ohr ist. (S. 211.)

* *

*

So ein Staatsmann, ein Minister ist doch auch ein
Künstler und wenn die Farben Parteien bedeuten, so
muß er halt auch versuchen, aus all den schreienden
Farbengegensätzen ein harmomsches Gebilde herzustellen —
der Staatsmann muß das Farbenmischen so gut ver-
stehen wie wir Maler. (S. 227.)

* *

*

Wenn eine Theorie sich darauf versteist, daß ein
Bild momentan wirken soll, so müßte es auch vor den
Augen vorüber gezogen werden, ehe der Beschauer Zeit
gesunden hat, es als etwas Feststehendes auszusassen.

(S. 187.)

us Kellermanns: „Tor"

Er kam in alle diese alten, krummen Häuser, in
alle möglichen Stuben, zu allen möglichen Menschen.
Jedeö Haus roch anders, die Treppen knarrten anders.
Die einen waren steil und dunkel und kletterten in eine
Art von Turm hinauf, andere waren breit und licht,
knarrten vornehm und sührten auf weite, helle Vor-
plätze. Zuweilen stand man unvermutet dicht vor den
Türen, es gab aber auch Treppen, auf denen man sich
verirren konnte; sie liesen kreuz und quer, endeten im
Boden oder sührten auf einen Hos hinaus. All die
Glocken, die Grau an diesem Tage läutete, hätten zu-
sammen ein Konzert gegcben. Da waren schüchterne
und anmaßende Glocken, gutgelaunte und mißgeftimmte,
winselnde und lachende, solche die knarrten und sauchten,
bevor sie einen Ton herauöstießen, andere, die bei der
leiseften Berührung in ein übermäßiges Gebimmel aus-
brachen, die einen beruhigten sich sofort wieder, die
andern läuteten sleißig weiter; es gab freundliche Glocken,
die sofort höflich sagten: Herein, herein! es gab un-
gastliche, die brummten: Geh weg, weg! Die Iimmer,
in die Grau trat, waren weit und licht, oder düster,
oder schmal wie ein Omnibus. Es gab eine Menge

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