Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 17.1909

DOI Heft:
Heft 4
DOI Artikel:
Die Madonna mit der Wickenblüte
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26460#0158

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Madonna mit der Wickenblüte.

bewundern, bei denen die Hand des Restaurators eine
größere Rolle spielt, als die des genannten Meisters,
so daß richtiger der Name des Restaurators darunter
stehen sollte. R. Hölzel.

Iugegeben, daß in vereinzelten Fällen durch die sach-
männische Restauration eine einwandsreie Verbefferung
alter Gemälde erzielt worden ift, so steht dem doch
entgegen, daß durch dieselbe Prozedur eine erschreckend
große^Zahl von Kunstwerken verdorben ist. Jch kenne
eine ganze Anzahl von Werken in den verschiedensten
Galerien, die sauberer und deutlicher geworden sind, die
aber für mich den eigentlichen Reiz verloren haben,
ähnlich wie ein altes Bauwerk, dem man die Patina
der Jahrhunderte raubt, dem Schema und der Korrektheit
zu Liebe.

Jst es nicht auffällig, daß, je höher die „Wissen-
schaft" entwickelt ist, defto poesieloser daö betreffende
Land wird?

Wenn ich in die Kölner Galerie komme — und ich
bin ein begeifterter Verehrer unserer Primitiven — habe
ich.das Gefühl, daß schon Vieles zerstört ist, und ich
glaube, nicht die Ungefährlichften sind diejenigen, die den
guten Willen haben.

So war es früher und so ist es noch heute.

Claus Meyer.

Wenn nun aber bei der Wäsche der Madonna mit
der Wickenblüte gar nichts herauskäme? Dann hätte
Hagelstange recht, der nicht um seine Wickenblüte
kommen will! Ein bißchen lächeln muß man wohl!
Den Künftlern wird immer und so auch mir die ruinöse
Echtheit viel lieber sein, als die befte darüber gemalte
Restaurierung. Re-Restaurierungen bleiben jedoch trotz
des Ersolges beim Clarenaltar ein gesährliches Hand-
werk, zu deffen Ausübung ein ganz besonderer Mut
gehört. G. Schönleber.

Es wäre recht unvorsichtig von mir, wenn ich über
eine Sache, die ich nicht selber kenne und untersucht
habe, eine Meinung zu äußern oder gar ein Urteil ab-
zugeben mir erlaubte. Jch kenne daö Kölner Bild
so wie man es bei Galeriebesuchen kennen lernt, aber
ich habe eö nie daraushin angesehen, ob es eine Fälschung
sein könnte. Das Bild hat mich, offen gesagt, auch
gar nie so sehr interessiert, ich ließ es eben gerne gelten,
besonderö da ich wußte, daß es ein Liebling deS
Publikums und auch der Kunstforscher sei.

Nun würde ich vielleicht nicht einmal ein Urteil
abgeben, wenn ich das Bild mit dem Zweifel im Herzen
wiedersehen würde — hier würde ich gerne mich von
Sachkundigen leiten lassen.

Ob man es waschen und so vielleicht vernichten soll,
wenn es feftfteht, daß es eine Fälschung ift - das
wage ich auch nicht zu sagen. Wcnn eö erwiesen sein
sollte, daß es eine Fälschung ift, so würde ich dafür
sprechen, daß man ihm ruhig sein Dasein gönnen soll
— mit dem vollen Eingeständnis, daß es später ent-
ftanden ist. Denen es bisher so gut gefallen hat,
die mögen ganz getrost sich auch weiter daran freuen.

es kommt doch nicht darauf an, wie es kunfthistorisch
geaicht ist, um sich freuen zu dürfen.

Sollte man aber zu der Sicherheit gelangen, daß
etwaö Besseres, Wertvolleres, Echteres darunter ver-
borgen ist, so gebe man es getrost einem recht guten
Restaurator - einer Hand, die eö gewagt hat, den
Baumgartner Altar von Dürer in München so resolut
wiederherzustellen, daß sie den Dank aller Kunftsreunde
vollaus verdient.

Dieses Nichtssagen ist wohl alles, was ich Jhnen
aus Jhre freundliche Aufforderung, meine Ansicht zu
dem Fall auszusprechen, sagen kann. Hans Thoma.

Weil bei allen Bildern der Firniö mit der Zeit matt
und undurchsichtig wird, müffen alle älteren Bilder von
Ieit zu Zeit neu gefirnißt werden, wodurch allmählich
eine dickere Firnisschicht entsteht, die dann immer mehr
einen gelblichen oder bräunlichen Ton annimmt. Jn
diescm Zustande wird gewöhnlich die FirniSschicht mittels
Spiritus abgewaschen, wobei auch die Farbenschicht mehr
oder weniger beschädigt wird. Daraufhin müssen die
beschädigten Stellen neu bemalt und das Bild muß
neu gefirnißt werden. Außerdem werden die Gemälde
durch Stöße, übermäßige Feuchtigkeit oder Hitze usw. be-
schädigt, und dann entstehen auf der Bildsläche Löcher,
Riffe, Blasen, Sporflecken, oder die Farbenschicht bröckelt
stellenweise ab. Jn diesen Fällen werden größere Stellen
defekt, die neu bemalt werden müffen. Diese bemalten
und übermalten Stellen werden vielsach später wieder
abgewaschen, weil irrtümlicherweise vermutet wird, die
Übermalung sei lediglich in schulmeisterlich korrigierender
Absicht entftanden und nicht, wie es sast immer ge-
schieht, um eine Beschädigung zu verdecken. Durch
diese in verschiedenen Zeitabschnitten vorgenommene Ent-
sernung der Übermalung kommt immer von neuem die
zerftörte Stelle zum Vorschein, und durch das öftere
Abwaschen mit Spiritus nehmen die Beschädigungen
und insolgedeffen auch die Übermalungen einen immer
größeren Umfang an, so daß schließlich von dem ganzen
Bild nichts mehr original ist. Alles sernere Abwaschen
kann dann nichtö mehr helfen, sondern der Ruin deö
Bildes wird dann nur noch beschleunigt werden. Unter
diesen Umständen erledigt sich die Frage von selbst, ob
man Übermalungen entfernen soll oder nicht. In den
meisten Fällen hat man nur die Wahl zwischen zwei
Übeln, und da wählt man ganz einfach das kleinere
von beiden. (Um dieses zu finden, fragt man eine
größere Anzahl von sogenannten Sachverständigen mit
AuSschluß aller Künstler von Bedeutung, und dann
tut man das Gegenteil von dem Beschloffenen.) Es
gibt solglich nur eine auszustellende Maßregel, die sür
alle Fälle paßt: Man bildet in den Museen besondere
Säle sür die mehr intakten Bilder und auch besondere
Abteilungen für die ausgebesserten und defekten Ge-
mälde. W. Trübner.

Jch würde sicherlich nicht sür das Restaurieren eines
Bildes sein, welches, wie ich aus der Zuschrist erfahre,
die Sympathie Aller besitzt, wie der Madonna mit der
Wickenblüte. Jch selbst kenne daö Original nicht.

Fritz von Uhde.
 
Annotationen