werken zusammenhalten, um eine genügend breite Fahrrinne zu
gewinnen, die durch Baggerung vertieft werden soll. Obwohl die
Buhnen mit ihren Köpfen unter dem Mittelstand des Waffers
beginnen und an eine Ausfüllung der ausfälligen Wasserflächen
nicht gcdacht ist, droht hier tatsächlich die Gefahr, daß die
„gesegneten Gebreite" sowohl landschaftlich wie auch in der Frucht-
barkeit Cinbuße erleiden.
Die Winzer im Rheingau führen die Güte ihrer Traubenreife
nicht zum geringstcn auf die breite reflektierende Wafferfläche zurück.
Sie haben nichts von den Tonnen, die da durchgeschleppt werden
können; und möchten den Grund ihrer Epistenz auch nicht in an-
geblichen Kleinigkeiten gefährdet sehen. Schon im Staatsvertrag
von >884 (es kommen Prcußcn und Hessen als Anlieger gleicher-
weise in Frage) war diesen Befllrchtungen Rechnung getragen.
Die sogenannte grllne Linic hat damals die Ufer genau umschricben,
und für die Strecke von Geisenheim bis Rüdesheim waren mit
Rücksicht auf Landschaft und Landeskultur keinerlei Regulierungs-
werke vorgesehen, um die Ufer in ihrer natürlichen Beschaffenheit
zu lassen. So kann man die Erregung im Rheingau wohl
begreifcn; denn das neue Projekt greift nicht nur in die Ticfe
sondern auch erhcblich in die Brcite des Wasserspiegels hinein.
Daß es fast ausschließlich Unterwafferbauten sind und daß durch
quer eingelcgte Grundschwellen das Wasser an den tiefen Stellen
gestaut werden soll, um eine allgemeine Senkung des Waffer-
spiegels zu verhüten, genügt den Winzern nicht. Sie fragen
richtigerweise! wenn er nun aber doch sinkt?
Denn wenn nach der Denkschrist die in der Fahrrinne aus-
gebaggerten Bodenmassen „zur Ausfüllung und Aufhöhung klcinerer
llfercinbuchtungen zwecksBegradigung derUfer" Derwendung
finden sollen, muß das harmlose Vertrauen von selber aufhören.
Solche Kleinigkeiten können im Ganzen eine erhebliche Wirkung
haben; ein gestutzter Bart mag sehr praktisch, modcrn und ordentlich
sein: aber einc so behandelte Löwenmähne ist trotzdcm nicht das
Jdeal. Der Natur paffen die Begradigungen nun einmal nicht;
nnd daß die landschaftliche Schönheit des Rheingaus durch die
geplante Negulierung Schaden nehmen wird, das werden selbst
die Väter des Projektcs nicht leugnen. Cs handelt sich cben um
keine Gewalttat, sondern um ein sehr schwieriges Problem; einer
Landschaft wegen die Schiffahrt leiden laffen, gcht ebensowenig
wie das Umgekchrte. Man wird da beide Teile sorgfältig hören
müffen.
Ob die Rheingauer zu wenig gcfragt wurden? Fast scheint
es so; denn um nichts entstehen keine Protestversammlungen wie
die in Hattenheim. Auch staatliche Denkschriften sind ja noch
keine Iehn Gebote und selbst für diese gibt es noch Auslegungen.
Was hier in Frage steht, die Rheingau-Landschaft, gehört den
Bewohnern nicht allein; sie ist ein ideales Besitztum des deutschen
Dolkes. Wir müffcn hier cine Sorgfalt verlangen, darin auch
das Kleinste noch bedenklich ist. Ob wir die Rheingauer als
Anwälte dafllr einsctzen könncn? Cs schcint fast so; nur müßten
wir auch sicher sein, daß der Gerichtshof sie nicht beiseite läßt.
K. M.
uS Hesten.
Dor ciniger Aeit ging durch die Mainzer Tagesblätter die
Nachricht, die katholische kirchliche Behorde beabsichtige, einen
Diözesanbaumeister anzustellen, der zugleich das Amt eines Dom-
baumeisters am Mainzer Dom übernehmen solle. Cin Diözesan-
baumeister könnte höchst scgcnsreich wirken. Man wird von der
katholischen Kirche nicht erwarten, daß sie rasch und entschieden
die Fcsseln der historischen Baukunst abwirft: zu stark sind die
Wurzcln, die das Dorurtcil zugunsten der Gotik seit den Tagcn
der Romantik getrieben hat. Was man aber erwarten und
verlangen kann, ist, daß endlich auch hier wirklich schöpferische
Kräfte zu Worte kommen, daß man nicht länger kleine gotische
Dome aufs Land hinaussetze mit ihrer gedankenlosen Wiederholung
des ganzen toten Apparats an Strebepfeilern und Bogen, Fialen,
Wimpergen, Wasserspeicrn usw. Heffen besitzt bereits einige
mustergültige Landkirchen (von Friedr. Pützer), die nicht „modern",
aber auch nicht gotisch oder romanisch sind. Eine stilgerechte
Gotik kann doch nicht katholischer sein, als eine künstlerisch selb-
ständige, nur von den allgemcinen Traditionen alles guten Kirchen-
baues bestimmte Weise. Man muß hoffen, daß der künftige
Diözcsanbaumeister die katholische kirchliche Bchorde in Heffen
allmählich dahin bringt, daß sie die künstlerisch lcbendige LLsung
unter allen Umständen der toten Schablone vorzieht, wenn sie
auch noch so historisch und durch die Überlieferung gehciligt ist.
Die Ernennung eines Diözesanbaumeisters ist somit ein Schritt
«on besonderer Tragweite. Und dasselbe gilt von der bevor-
stehenden (oder bercits vollzogenen?) Wahl cines Dombaumeisters.
Zwar heißt es, es handle sich vorcrst nur um technische Siche-
rungen. Aber man wird und kann dabei ja nicht stehen bleiben.
Der Zustand der Westpartie, Franz Jgnaz Michael Neumanns
unvergleichlicher, 184? leider so unverständig behandelter Ausbau
der drei Türme, dann die Langseiten, der Kreuzgang, das alles
und andercs mchr bedarf einer gründlichen Kontrolle. Überall sind
Sicherungen, Ausbefferungen, Crneucrungen unbedingt crforderlich,
soll der Dom nicht zur Ruine werden. Und sollte man nicht
auch im Innern schließlich einmal daran gehen, dem nüchternen
Anblick dcs gewaltsam erneuerten Ostchors mit seinem viel zu
großen reizloscn Tabernakel wenigstens etwas von seiner ertötenden
Kälte zu nehmen?
Sobald man sich nun aber vergcgenwärtigt, was das alles
bedeutct, kann einem angst und bange werden. Wir haben in
Deutschland keinen zweiten Mainzer Dom. Deffen wird sich ja
wohl auch die kirchliche Behörde bewußt scin. Sie wird die
Verantwortung fühlen, die sie in diesem Augenblick auf sich
nimmt. Sie ist es, die den entscheidenden Schritt tut. Der Dom
ist nicht Eigentum des Staats, auch nicht der Gemeinde, sondern
einer Stiftung, die nahezu völlig selbständig ist. Die Wahl des
Dombaumeisters wird das Schicksal des Domes vielleicht auf
unabsehbare Zeit bestimmcn.
Auch hier kann und muß die Allgemeinheit fordern, daß
man sich vor allen Dingen Zeit nimmt, viel Zeit; daß man die
wirklich bcrufenen Jnstanzen hört, daß man so wenig wie irgend
möglich unternimmt, daß man das, was unbedingt notwendig ist,
entschlosscn durch wirkliche Künstler, durch die besten handwerk-
lichen Kräfte tun läßt, ohne jede Rücksicht auf andere als sachliche
Beweggründe. Das alles wird man in Mainz wiffen. Wir hoffen,
daß die Herstellung des Mainzer Doms ein Beispiel dafür
werde, wie ein solcher Bau gesichert und hergestellt werden kann,
ohne daß sein künstlerisch gegebenes, nun einmal festgeformtes
Gepräge irgendwie merkbar oder gar störend verändert wird. Der
Mainzer Dornbaumeister wird seiner Aufgabe um so vollkommener
gcrecht werden, je weniger sein Wirken am Dom auffällt. Übt
er diese gewiß nicht kleine Entsagung, so wrrd ihm alle Zukunst
dankbar sein. Nudolf Kautzsch.
Düsseldorfer Schauspielhaus
hat den kühnen Versuch gemacht, seine Bllhnenkunst den
Parisern zur Prüfung vorzustcllen. Nach allen Berichten ist dic
Aufnahme cine sehr achtungsvolle gewesen, so daß unser Anschen
bei den garnicht zur Fremdenbewunderung geneigten Franzosen
eine günstige Steigerung erfahren hat. In den „Rheinlanden" ist
schon so wiederholt von den kllnstlerischen Absichten dieser Bühne
die Rede gcwescn, daß wir den Erfolg nur mit Genugtuung
verzeichnen können. Dielleicht hilft er den tapfren Lcuten, daß sie
nun auch am Niederrhein etwas mehr Begeisterung auslösen.
Ich möchte die günstige Gelegenheit jedenfalls benützen, an
einer vortrefflichen Einzelheit die ernsten Absichten dieser Bllhne
noch einmal zu zeigen: weil gerade die den Parisern nicht gcfallen
hat: die sogenannte Matinee. Ieden Sonntag um halb zwölf
fllllt sich das Düffeldorfer Schauspielhaus bis auf den lehten
Platz. Dr. Herbcrt Culenberg spricht cine Cinlcitung, oft mit
großer Derve und immer ungewöhnlich: über Tolstoi, Rembrandt,
Kleist, Bismarck, Mörike, Hugo Wolff usw. und dann wird
rezitiert, gelesen oder gesungen aus dem Schah des Betreffendcn.
Also eine Volkserziehungsarbeit großen Stils und eine Sonntags-
feier fllr solche, die nicht gerade rn eine Kirche wollen und doch
gern eine Crhebung für den Sonntag hätten.
Dann und wann kommt auch ein Gast von außen, spricht
einen Vortrag oder liest; so z. B. am 28. Februar d. I. Hermann
Heffe. Ich war dabei und muß schon sagen! die ganzc Art hat
etwas Schöneres für einen Dichter als das Katbcder. Selbst
Hermann Hcffe schien sie zu paffen; er las seinc behagliche Prosa
und die rnclancholischen Gedichte zum Cntzücken des Publikums,
das mit dem Beifall nicht aushören wollte. Cs schien mir, als
sei diese Hörerschaft ungewöhnlich gut cingestcllt und also die allsonn-
tägliche Erziehung schon im Besitz nachweisbarer Erfolge. S.
Herausgeber: Wilhelm Schäfer, Verlag der Nheinlande G. m. b. H. Druck A. Bagel, Düffeldorf. Papier: I. W. Zanders, B.-Gladbach.
Alle fllr die Redaktion bestimmten Sendungen sind an den Hcrausgeber W. Schäfer, Dallendar, erbeten.
Für unverlangte Manuskripte und Rezensionsexemplare wird keine Derpflichtung übernommen.
gewinnen, die durch Baggerung vertieft werden soll. Obwohl die
Buhnen mit ihren Köpfen unter dem Mittelstand des Waffers
beginnen und an eine Ausfüllung der ausfälligen Wasserflächen
nicht gcdacht ist, droht hier tatsächlich die Gefahr, daß die
„gesegneten Gebreite" sowohl landschaftlich wie auch in der Frucht-
barkeit Cinbuße erleiden.
Die Winzer im Rheingau führen die Güte ihrer Traubenreife
nicht zum geringstcn auf die breite reflektierende Wafferfläche zurück.
Sie haben nichts von den Tonnen, die da durchgeschleppt werden
können; und möchten den Grund ihrer Epistenz auch nicht in an-
geblichen Kleinigkeiten gefährdet sehen. Schon im Staatsvertrag
von >884 (es kommen Prcußcn und Hessen als Anlieger gleicher-
weise in Frage) war diesen Befllrchtungen Rechnung getragen.
Die sogenannte grllne Linic hat damals die Ufer genau umschricben,
und für die Strecke von Geisenheim bis Rüdesheim waren mit
Rücksicht auf Landschaft und Landeskultur keinerlei Regulierungs-
werke vorgesehen, um die Ufer in ihrer natürlichen Beschaffenheit
zu lassen. So kann man die Erregung im Rheingau wohl
begreifcn; denn das neue Projekt greift nicht nur in die Ticfe
sondern auch erhcblich in die Brcite des Wasserspiegels hinein.
Daß es fast ausschließlich Unterwafferbauten sind und daß durch
quer eingelcgte Grundschwellen das Wasser an den tiefen Stellen
gestaut werden soll, um eine allgemeine Senkung des Waffer-
spiegels zu verhüten, genügt den Winzern nicht. Sie fragen
richtigerweise! wenn er nun aber doch sinkt?
Denn wenn nach der Denkschrist die in der Fahrrinne aus-
gebaggerten Bodenmassen „zur Ausfüllung und Aufhöhung klcinerer
llfercinbuchtungen zwecksBegradigung derUfer" Derwendung
finden sollen, muß das harmlose Vertrauen von selber aufhören.
Solche Kleinigkeiten können im Ganzen eine erhebliche Wirkung
haben; ein gestutzter Bart mag sehr praktisch, modcrn und ordentlich
sein: aber einc so behandelte Löwenmähne ist trotzdcm nicht das
Jdeal. Der Natur paffen die Begradigungen nun einmal nicht;
nnd daß die landschaftliche Schönheit des Rheingaus durch die
geplante Negulierung Schaden nehmen wird, das werden selbst
die Väter des Projektcs nicht leugnen. Cs handelt sich cben um
keine Gewalttat, sondern um ein sehr schwieriges Problem; einer
Landschaft wegen die Schiffahrt leiden laffen, gcht ebensowenig
wie das Umgekchrte. Man wird da beide Teile sorgfältig hören
müffen.
Ob die Rheingauer zu wenig gcfragt wurden? Fast scheint
es so; denn um nichts entstehen keine Protestversammlungen wie
die in Hattenheim. Auch staatliche Denkschriften sind ja noch
keine Iehn Gebote und selbst für diese gibt es noch Auslegungen.
Was hier in Frage steht, die Rheingau-Landschaft, gehört den
Bewohnern nicht allein; sie ist ein ideales Besitztum des deutschen
Dolkes. Wir müffcn hier cine Sorgfalt verlangen, darin auch
das Kleinste noch bedenklich ist. Ob wir die Rheingauer als
Anwälte dafllr einsctzen könncn? Cs schcint fast so; nur müßten
wir auch sicher sein, daß der Gerichtshof sie nicht beiseite läßt.
K. M.
uS Hesten.
Dor ciniger Aeit ging durch die Mainzer Tagesblätter die
Nachricht, die katholische kirchliche Behorde beabsichtige, einen
Diözesanbaumeister anzustellen, der zugleich das Amt eines Dom-
baumeisters am Mainzer Dom übernehmen solle. Cin Diözesan-
baumeister könnte höchst scgcnsreich wirken. Man wird von der
katholischen Kirche nicht erwarten, daß sie rasch und entschieden
die Fcsseln der historischen Baukunst abwirft: zu stark sind die
Wurzcln, die das Dorurtcil zugunsten der Gotik seit den Tagcn
der Romantik getrieben hat. Was man aber erwarten und
verlangen kann, ist, daß endlich auch hier wirklich schöpferische
Kräfte zu Worte kommen, daß man nicht länger kleine gotische
Dome aufs Land hinaussetze mit ihrer gedankenlosen Wiederholung
des ganzen toten Apparats an Strebepfeilern und Bogen, Fialen,
Wimpergen, Wasserspeicrn usw. Heffen besitzt bereits einige
mustergültige Landkirchen (von Friedr. Pützer), die nicht „modern",
aber auch nicht gotisch oder romanisch sind. Eine stilgerechte
Gotik kann doch nicht katholischer sein, als eine künstlerisch selb-
ständige, nur von den allgemcinen Traditionen alles guten Kirchen-
baues bestimmte Weise. Man muß hoffen, daß der künftige
Diözcsanbaumeister die katholische kirchliche Bchorde in Heffen
allmählich dahin bringt, daß sie die künstlerisch lcbendige LLsung
unter allen Umständen der toten Schablone vorzieht, wenn sie
auch noch so historisch und durch die Überlieferung gehciligt ist.
Die Ernennung eines Diözesanbaumeisters ist somit ein Schritt
«on besonderer Tragweite. Und dasselbe gilt von der bevor-
stehenden (oder bercits vollzogenen?) Wahl cines Dombaumeisters.
Zwar heißt es, es handle sich vorcrst nur um technische Siche-
rungen. Aber man wird und kann dabei ja nicht stehen bleiben.
Der Zustand der Westpartie, Franz Jgnaz Michael Neumanns
unvergleichlicher, 184? leider so unverständig behandelter Ausbau
der drei Türme, dann die Langseiten, der Kreuzgang, das alles
und andercs mchr bedarf einer gründlichen Kontrolle. Überall sind
Sicherungen, Ausbefferungen, Crneucrungen unbedingt crforderlich,
soll der Dom nicht zur Ruine werden. Und sollte man nicht
auch im Innern schließlich einmal daran gehen, dem nüchternen
Anblick dcs gewaltsam erneuerten Ostchors mit seinem viel zu
großen reizloscn Tabernakel wenigstens etwas von seiner ertötenden
Kälte zu nehmen?
Sobald man sich nun aber vergcgenwärtigt, was das alles
bedeutct, kann einem angst und bange werden. Wir haben in
Deutschland keinen zweiten Mainzer Dom. Deffen wird sich ja
wohl auch die kirchliche Behörde bewußt scin. Sie wird die
Verantwortung fühlen, die sie in diesem Augenblick auf sich
nimmt. Sie ist es, die den entscheidenden Schritt tut. Der Dom
ist nicht Eigentum des Staats, auch nicht der Gemeinde, sondern
einer Stiftung, die nahezu völlig selbständig ist. Die Wahl des
Dombaumeisters wird das Schicksal des Domes vielleicht auf
unabsehbare Zeit bestimmcn.
Auch hier kann und muß die Allgemeinheit fordern, daß
man sich vor allen Dingen Zeit nimmt, viel Zeit; daß man die
wirklich bcrufenen Jnstanzen hört, daß man so wenig wie irgend
möglich unternimmt, daß man das, was unbedingt notwendig ist,
entschlosscn durch wirkliche Künstler, durch die besten handwerk-
lichen Kräfte tun läßt, ohne jede Rücksicht auf andere als sachliche
Beweggründe. Das alles wird man in Mainz wiffen. Wir hoffen,
daß die Herstellung des Mainzer Doms ein Beispiel dafür
werde, wie ein solcher Bau gesichert und hergestellt werden kann,
ohne daß sein künstlerisch gegebenes, nun einmal festgeformtes
Gepräge irgendwie merkbar oder gar störend verändert wird. Der
Mainzer Dornbaumeister wird seiner Aufgabe um so vollkommener
gcrecht werden, je weniger sein Wirken am Dom auffällt. Übt
er diese gewiß nicht kleine Entsagung, so wrrd ihm alle Zukunst
dankbar sein. Nudolf Kautzsch.
Düsseldorfer Schauspielhaus
hat den kühnen Versuch gemacht, seine Bllhnenkunst den
Parisern zur Prüfung vorzustcllen. Nach allen Berichten ist dic
Aufnahme cine sehr achtungsvolle gewesen, so daß unser Anschen
bei den garnicht zur Fremdenbewunderung geneigten Franzosen
eine günstige Steigerung erfahren hat. In den „Rheinlanden" ist
schon so wiederholt von den kllnstlerischen Absichten dieser Bühne
die Rede gcwescn, daß wir den Erfolg nur mit Genugtuung
verzeichnen können. Dielleicht hilft er den tapfren Lcuten, daß sie
nun auch am Niederrhein etwas mehr Begeisterung auslösen.
Ich möchte die günstige Gelegenheit jedenfalls benützen, an
einer vortrefflichen Einzelheit die ernsten Absichten dieser Bllhne
noch einmal zu zeigen: weil gerade die den Parisern nicht gcfallen
hat: die sogenannte Matinee. Ieden Sonntag um halb zwölf
fllllt sich das Düffeldorfer Schauspielhaus bis auf den lehten
Platz. Dr. Herbcrt Culenberg spricht cine Cinlcitung, oft mit
großer Derve und immer ungewöhnlich: über Tolstoi, Rembrandt,
Kleist, Bismarck, Mörike, Hugo Wolff usw. und dann wird
rezitiert, gelesen oder gesungen aus dem Schah des Betreffendcn.
Also eine Volkserziehungsarbeit großen Stils und eine Sonntags-
feier fllr solche, die nicht gerade rn eine Kirche wollen und doch
gern eine Crhebung für den Sonntag hätten.
Dann und wann kommt auch ein Gast von außen, spricht
einen Vortrag oder liest; so z. B. am 28. Februar d. I. Hermann
Heffe. Ich war dabei und muß schon sagen! die ganzc Art hat
etwas Schöneres für einen Dichter als das Katbcder. Selbst
Hermann Hcffe schien sie zu paffen; er las seinc behagliche Prosa
und die rnclancholischen Gedichte zum Cntzücken des Publikums,
das mit dem Beifall nicht aushören wollte. Cs schien mir, als
sei diese Hörerschaft ungewöhnlich gut cingestcllt und also die allsonn-
tägliche Erziehung schon im Besitz nachweisbarer Erfolge. S.
Herausgeber: Wilhelm Schäfer, Verlag der Nheinlande G. m. b. H. Druck A. Bagel, Düffeldorf. Papier: I. W. Zanders, B.-Gladbach.
Alle fllr die Redaktion bestimmten Sendungen sind an den Hcrausgeber W. Schäfer, Dallendar, erbeten.
Für unverlangte Manuskripte und Rezensionsexemplare wird keine Derpflichtung übernommen.