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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0125

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Kochs, von dem jüngst erst das Monumentalwork übor die Glaö-
fenster des Berliner Kunstgewerbemuseums ausgestattet wurde,
als Jubiläumsgabe dem Kaiser überreicht, leider nur in achtzig
Privatdrucken aufgelegt und der Offentlichkeit fast unzugänglich.

Die „Rudolfinischen Druckc" sind, streng genommen, kein Ver-
lagsunternehmen. Sie haben etwas von dem Geiste der italieni-
schen Bibliophilen der Renaissance an sick: aus der Freude am
schönen Buche heraus, und aus der hier gegebenen Mäglichkeit,
selber als Bücherfreund einmal sein Jdeal zu verwirklichen, sind
sie entstanden. Daruni haben diese Bücher vor allem dcn unnach-
ahmlichen Reiz der Persönlichkeit. Jedes spricht die stolze und
„einmalige Weise" eines Mannes, dessen Art unersetzbaren Wert
hat. Und dieses ist ihre Weise: Vollendete Schönheit in Druck,
Material und Einband, ohne allen Buchschmuck; das Ziel dcs
Ehrgeizes lediglich untadelige Arbeit, Meistcrwerke des gedruckten
Buches zu schaffen.

Und diesem Geist solider, vom Künstler geleisteter Arbeit
entspricht die Auswahl der Drucke. Reuters „Hanne Nütc"
und Tegnsrs „Fritbjofsage" waren die ersten: Lieblingsbücker
des Volkes von ausgesprochen „heimatlicher" Art, die in ihrer hand-
festen Ausstattung mit Halbpergamcntband und Kochschrift auf
dem klaren Büttenpapier dem Bedürfnis eines lesbaren Buches
entsprachen. Wundervoll ist dabei immer die feine Nuancierung
des Cinzelnen, bei aller Treue des gemeinsamen Charakters: Die
schwere „fette" Kochschrift bei Hanne Nüte, ein gedrungenes dickes
Versbüchlein mit treuherzig derbem Papiermuster auf dem Deckel;
magere Kochtnpe bei Frithjof, der dcm längeren Versmaß ent-
sprechend breiter und höher, dafür schmäler ausgefallen ist und ein
romantischeres blaues Muster auf seinen Einbanddecken zeigt.

Das Crinnerungsjahr 1913 hat dann zwei kleine biegsame
Bändchen gebracht, die den Manen der Freiheitshelden gewidmet
sind. Das eine sind Rückerts „Geharnischte Sonette", und
man muß den Rudolfinen zur Chre sagen, daß ihre Schöpfung die
des verblaßten Dichters unvergleichlich überragt. Aber wem die
gut gemeinten Reimereien gar zu sauer werden, braucht sich ja
nicht hinein zu vertiefen und wird seine lebhafte Freude haben
an dem auserlesen schönen Druck und dem biegsamen Ganzperga-
mentumschlag, dessen Pergamentbünde ohne Leimung durch
den Deckel gezogen sind: eine prächtige Art, die Noblesse handwerk-
licher Arbeit hervorzukehren. Der einzige Schmuck im Jnnern
ist die Mgnette eincs speerdurchbohrten Drachen und das Rot
und Blau der Titel und Zahlen; auf dem Deckel findet sich die
streng gezeichnete Gestalt des Drachentöters Michael mit umge-
schriebenem Titel in Goldpressung.

Das letzte Werkcken aber darf wohl das vollkommenste genannt
werden: Form und Gestalt entsprechen sich in glücklichster Weise.
Cs ist das Prosagedicht „Vom Vaterland" von E. M. Arndt.
Der Nachdruck ist hier ausschließlich auf das Jnnere gelegt, der Um-
schlag besteht in dnnkelrotem Japanpapier, mit grüner Schnnr
geheftet; auf dem Deckel nur ein feines Goldornament auf der
Vorderseite, kein Titel. Den kurzen Spruch Arndts von der bibli-
schen Hohcit und Jnnigkeit eines Gebets hat Rudolf Koch auf zehn
Seiten zu je fünf kurzen Zeilen mit der Hand geschrieben, das
Original ist dann auf lithographischem Wege vervielfältigt wordcn.
Dreihundert Exemplare gibt es hiervon wie von allen übrigen
Rudolfinischen Büchern. Es gibt wenig Schriften, in denen sich
Inhalt und Erscheinung so unmittelbar decken; wenige von solcher
vtrenge und Klarheit des Stils, gleichermaßen in des Dichters
Hymnus auf Heimat und Freiheit, wie in der männlichen und
ernsten Handschrift Rudolf Kochs. Es ist ein Werk, würdig den
größten Zeiten deutscher Buchkunst. Paul F. Schmidt.

ührer durch daö Provinzial-Musemn in Bonn.

2. BaiP:^Die mittelalterliche und neuere Abteilung.

Die Bestände der mittelalterlichen und neuercn Abteilung des
Bonner Provinzial-Museums sind so verschieden geartet, daß
ein Führer durch das Museum nichts anders bedeutet als ein
kurzer Abriß der Geschichte der Kunst und des Kunstgewerbes.
Wenn auch alle Gegenstände, die durch Iiele und Grenzen, dic
einem Provinzial-Museum gesteckt sind, mehr odcr weniger dem
Kreise der rheinischen Kunst entstammen, so bedeutet diese ört-
liche Begrenzung doch kaum eine der stilgeschichtlichen Betrachtung.
Denn das Wesentliche und Eigenartige der rheinischen Formen-
sprache kann bedeutungsvoll nur erfaßt werden, sofern die Sonder-
entwicklung in die allgemeine Kette kunstgeschichtlichen Geschehens

einbezogen wird. Aus dem llbcrblick über das Gesamtschaffen
einer Aeit ist das Besonderc eincs Kunstzweiges, einer örtlich
begrenzten Schule zu erschließen.

I)i: Walter Cohen, Direktorialassistent des Museums, hat
sich in seinen einleitenden Betrachtungen, die er über die einzelnen
Zweige des Kunstgewerbes wie über die verschiedenen Schulen
der Malerei gibt, von ähnlichen Gesichtspunkten leiten lassen.
Daß «r bei der Behandlung der für das Rheinland besonders
wichtigen kunstgewerblichen Erzeugnisse zum Teil neue Forschungs-
ergebnisse gewinnt, gibt dem Führer wissenschaftliche Bedeutung.
Jn diesem Sinne ist, abgesehen von der niederländischen Malerei,
die Arbeit über die rheinischen und niederrheinischen Tonwaren
die ergebnisrcichste. Das Provinzial-Museum hat durch das
Interesse Or Cohens für dieses Gebiet eine, wenn auch kleine,
so doch sehr reizvolle keramische Sammlung erlangt. Über die
Cntwicklung des rheinischen Steinzeuges in Köln, Siegburg,
Raeren und im Westerwald ist seit den abschließenden Arbeiten
Otto von Falkes kaum etwas Neues zu sagen. * Dafür ist Ursprung
und Entwicklung der rheinischen Fayence und dcr niederrheinischen
Tonwaren um so dunkler. Daß ür Cohen einmal nachdrücklich
darauf hinweist, daß für die Bezeichnung Sonsbecker Faycnce,
die jetzt für eine gewisse Art delftartig blauer oder buntfarbiger
niederrheinischer Fayencen allgemein üblich geworden ist, bis
heute keinerlei tatsächliche Belege vorhanden sind, kann für die
Forschung nur günstig sein; daß er auf der andcrn Seite aus dem
Vorkonnncn dieser Bezeichnung — auch in holländischen Musee»
wird diese Fayence stets als „Sonsbeck" bezeichnet — mit großer
Wahrscheinlichkeit auf dcn niederrheinischen Ursprung schlicßt,
ist berechtigt.

Neben „Sonsbeck" ist auf andere rheinische Betriebe hin-
gewiesen. So auf die Porzellanmanufaktur von St. Matthias
bei Trier und vor allem auf die kurfürstliche Manufaktur Poppels-
dorf bei Bonn, aus der die heutige Wesselsche Porzsllan- und
Steingutfabrik hervorging. Die Erzeugnisse vom Cnde des 18. Iahr-
hunderts scheincn die künstlerisch bedeutendsten zu sein.

Aus dem 18. Iahrhundert sei endlich noch eine Steingut-
fabrik in Riehl bei Köln erwähnt, die im Jahrc 1788 von Gerverot
begründet wurde.

Neben diesen größeren keramischen Betrieben wurden am
Niederrhein in den Landstrichen nördlich von Krefeld in Schäp-
huysen, Hüls, Tönisberg, Rheurdt, Sevelen, Issum, Sonsbeck,
Helenabrunn und in der Kölner Gegend in Frechen Tonwaren
gefertigt, unter dcnen die großen Iierschüsscln mit ihrem reichen
Schmuck, ihren Marienfiguren, ihren biblischen und geschichtlichen
Darstellungen eine einzigartige, künstlerische Bedeutung besitzen.
Die frühesten bezeichneten Tonschüsseln wcisen auf die zweite
HLlfte des 17. Iahrhunderts. Infolge des sicheren Stilgefühls,
der auf die notwendigen Linienzüge beschränkten Aeichnung, des
ausgesprochenen Geschmacks für kraftvolle, farbige Wirkungen
besitzen diese Crzeugnisse der Bauernkunst gerade heute cin all-
gemeines Jnteresse.

An dic Keramik schließt sich die Behandlung der rheinischen
Bildnerei. Das Bonner Museum besitzt ja einige für die Geschichte
der rheinischen Bildnerei wegweisende Stücke, so die Skulpturcn
von Oberpleis, die in ihrer Medaillonfassung am deutlichsten das
Herauswachsen der mittelalterlichen Auffassung aus antik-römischen
Vorbildern erkennen lassen; dann, dem Stil und der Größe der
Gustorfer Gruppe des 12. und 13. Jahrhunderts nahestehend,
die Flachbildwcrke aus der Pfarrkirchc in Andernach mit der Dar-
stellung der Hölle, von Engeln und Auferstandenen. Aus späterer
Zeit sind in Bonn wichtige Stücke der kölnischen und inittelrheini-
schen Plastik und aus dem Ubergang der Spätgotik zur Renais-
sance, einzelne vorbildliche niederrheinisch-niederländische Arbeiten
vorhanden. An einzelnen Werken ist so das Zusammenfließen
der burgundisch-niederländischen Ströme mit der gefühlvollen
weichlichen und formschwellenden mittelrheinischen Richtung
zu verfolgen in dem der kölnischen Plastik eigentümlichcn Zusammen-
klang diescr Formen verschiedener Ursprungsgebiete. Auch der
Stilcharakter der niederrheinischen Plastik, der durch das Holz
und das Schnitzmesser bestimmt ist, wird in seinem Gegensatz
zu den Steinarbeiten des Mittelrheins klar bestimmt. Und endlich
ist auch, was in der Kunst des Rheinlandes kaum umgangen werden
kann, die Plastik der Renaissance, der Barock- und Rokokozeit in
knappen Zügen geschildert.

* Rheinisches Steinzeug: Rheinlande 1900.
 
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