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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 11
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Schäfer, Wilhelm: Die Deutsche Botschaft in Petersburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0378

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Die Deutsche Botschaft in Petersburg.

fenster an der Gartenseite; die andere Wand, die von
den Flügeltüren des Nebenraumes durchbrochen wird,
eine seidenglänzende Mche, in die als einzige Sinn-
bilder der Pracht die nach der wieder aufgefundenen
pompejanischen Technik des stueeo lustro ebenfalls
von Wagner ausgeführten goldfarbenen Pfauen ein-
getragen sind. An der Stirnwand des Saales, auf
einer verhältnismäßig niederen, zweistufigen Estrade,
steht vor der noch leeren Fläche, die das Bild des Kaisers
aufnehmen soll, der Thron. Es ist sicherlich der mo-
dernste Thron deS zwanzigsten Jahrhunderts, obgleich
ich mich erinnere, sein Vorbild irgendwo in einem alt-
römischen Sessel gesehen zu haben. Ein reich vergoldetes
Gestühl, Sitz und Lehne mit goldbraunem Sanct über-
zogen, an der Rückwand der von einem kreisförmigen
Blätterornament umgebene Namenszug äV II. Keine
Spur von Barock, von Renaissance oder von Byzanz;
vielmehr ein fast nüchtern wirkender Sessel, und doch
in seiner Würde mit keinem andern zu verwechseln.

Außerordentlich wirkt der an den Tbronsaal stoßende
Empfangsraum, der als „preußische Kammer" in Schwarz
cmd Weiß gehalten ist. Die mit hellenc, poliertem Ahorn
verkleideten Wände, die im Iierwerk reich durchgear-
bcitte, schwer vergoldete Decke, in die auch bier die
Beleuchtungskörper eingelassen sind, verleihen diesem
Raum eine beherrschte Pracht. Den Übergang zur

Decke bildet ein vergoldeter Fries von sitzenden preu-
ßischen Adlern nach dem Vorbild des von Schlüter
entworfenen Kapitelsaales im Königsberger Schloß. Je
zwei Medaillons in vergoldeter Bronze schmücken die
beiden Querwände: sie tragen die Köpfe der vier größten
preußischen Herrscher. Eine Nachbildung des Rauchschen
Denkmals Friedrichs des Großen bildet den einzigen,
von außen herzugetragenen Schmuck dieses Raumes.
Sie stammt aus der Berliner Königlichen Porzellan-
manufaktur.

Dieser Kammer, die auch vom Treppenhause aus ge-
sondert zugänglich ist, schließen sich andere Staatsraume
nach jeder Seite an. Der eine, in Weiß und Grün,
erhalt seine Bedeutung durch einige gewählte Beispiele
der neueren deutschen Malerei. Über dem Kamin
leuchtet eine südliche Landschaft von Böcklin. An den
Seitenwänden hängen einander benachbart eine Rhein-
landschaft von Thoma und eine märkische Kiefernland-
schaft von Leistikow, gegenüber ein lebensgroßes Bild
des Kaisers Friedrich von Lenbach und der Bau des
„Jmperator" im Hamburger Hafen vom Grafen Kalck-
reuth, eines der größten Formate und zugleich eines
der vollendetsten Werke dieses Meisters. Die auf dem
Kaminsims aufgestellte Eisengruppe von Gaul und
der berühmte Klingersche Kassandrakopf vertreten die
deutsche Plastik. Jn den gläsernen Schaukästen stehen

Abb. 17.

Treppenhaus.
 
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