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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 11
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Schäfer, Wilhelm: Die Deutsche Botschaft in Petersburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0380

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räume: alles ist bis ins einzelne
durchdacht, jedes findet sich, ehne
auszufallen, an der rechten Stelle.

An den Stickereien des Paretz-
Iincmers hat die Gattin des
Künstlers mit 24 Gehilfinnen ein
halbes Jahr lang gearbeitet. Be-
merkenswert wie die von Eber-
hard Enke geschaffene Figuren-
gruppe, dic das Dach des Ge-
baudes krönt, sind auch die
Bronzereliefs am Haupteingang
der Botschaft, ist schließlich selbst
der mächtige Adlerslügelknauf der
Fahnenstange auf dem Dach.

Das Gebäude mit seiner Ein-
richtung kostete nicht ganz andert-
halb Millionen Mark. Das ist eine
verhältnismäßig niedere Summe.

Sie konnte nur dadurch inne-
gehalten werden, daß sowohl
Künstler wie Firmen und Muse-
umsverwaltungen Opfer brachten.

Stellen doch allein die im grün-
weißen Salon enthaltenen Mei-
sterbilder einen Wert von über
zweihunderttausend Mark dar!

Die mehrfach erwähnte Figuren-
gruppe hatte einen Wert von
vierzigtausend Mark. Sie war
das großartige Geschenk der deutschen Kolonie in
Petersburg.

Unter densAeichen und Wundern, die im neuen
Deutschland auf dem Gebiete der Kunst geschahen, war

dieses fern der Heimat entstandene
Botschaftsgebäude sicherlich eines
der guten. Die Bedeutung dieses
Baues lag in der selbständigen und
großen Erfassung der gestellten
Aufgabe, in dem mutigen Heraus-
treten aus einer veralteten Übung,
und in ihrem sozusagen amtlichen
Bekenntnis zur neuen deutschen
Kunst. Diese Bedeutung ist schon
jetzt zu einer geschichllichen ge-
worden. Daß die Botschaft nicht
in englischer Unauffälligkeit an
ihrem Platze steht, das mag man-
chen vielleicht nicht angenehm ge-
wesen sein, die Unauffälligkeit,
Leisetreterei und Mimikry als die
Haupteigenschaften des diploma-
tischenMetiers hetrachten. Derneu-
deutsche, von einem Hauch guter
Zucht umwehte Charakter dieses
Gebäudes war schlechterdings nicht
zu verkleistern. Es gibt einem Tat-
sachengeiste Ausdruck, der doch in
fich keineswegs eine Öde, sondern
Schätze der Phantasie und der
Grazie, der Arbeit und der Ord-
nung verschließt.

Nun ist beim Ausbruch des
Krieges der stolze Bau dem
Petersburger Straßenpvbel aufgetan worden und ihm
zum Opfer gefallen. Durch die herrlichen Räume
drang die Menge mit ihren fchmutzigen Stiefeln, stieg
bis auf das Dach, erschlug dort oben einen einsam zur

Abb. 19. Beleuchtungskörper im Empfangsraum.

Abb. 20.

Beleuchtungskörper im Empfangsraum.

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