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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 2.1926-1928

DOI issue:
Band 2, Heft 12
DOI article:
Mützel, Hans: Die Dalmatika
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.69978#0286

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274

HANS MÜTZELf: DIE DALMATIKA

BAND 2

handen sind. Für die Richtigkeit des Rückschlusses,
daß dieser Schnitt der ursprüngliche ist, können
wir uns auf die frühesten Originalstücke sakralen
Charakters berufen. Hier kommt uns eine Schrift aus
der Feder W. F. Vollbachs ‘) zu Hilfe, welche eine
sehr kleine Gruppe von Originalgewandstücken be-
handelt, die er zunächst „Koptische Tuniken“ nennt.
Das eine Stück befindet sich in Mainz in der neu-
gegründeten Abteilung frühchristlicher Altertümer
des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, ein an-
deres im Kunstgewerbemuseum in Leipzig, ein Frag-
ment mit Stickerei im Kaiser-Friedrich-Museum in
Berlin; andere Ganzstücke, die bis vor kurzem noch

spätantiken Armeituniken, die bunte ägyptische so-
wohl, wie die tunica manica alba aus einem einzigen
breiten, rechteckigen Stück bestehen mit einem
Kopfloch in der Mitte (vgl. Z. H. W. K. N. F. 2,
203 Abb. 1, 212 Abb. 4), zeigen die hier behandelten
Dalmatiken einen völlig neuen Typ. An ein schma-
les rechteckiges Mittelteil mit Halsloch sind breite
Ärmel im rechten Winkel geradlinig angesetzt; der
untere Teil ist durch keilförmige Seitenstücke er-
weitert, wie es im orientalischen Mittelalter üblich
ist (Abb. 1 a). Nach der Buchstabenform der ein-
gestickten arabischen Inschrift auf dem Berliner
Fragment dieser Gruppe sind die Stücke nicht vor


Abb. 1 a. Frühchristliche Dalmatika. Priestergewand. Mainz,
Rötn.-Germ. Zentralmuseum.
im kirchihlichen Besitz in Kairo waren, sind jetzt
sämtlich im dortigen Koptischen Museum. Diese
Gruppe ist sowohl im Schnitt wie in Form und Inhalt
der künstlerischen Ausstattung ganz charakteristisch
unterschieden von jener anderen sehr großen Gruppe
der ägyptischen, bunten Ärmelkittel hellenistischer
Zeit. Daher bezeichnet der Verfasser sie auch als das,,
was sie ihrem Zwecke nach sind, als liturgische
Dalmatiken, Diakonengewänder der koptischen Chri-
sten. Da wir es in diesen Gewändern mit zweifellos
priesterlichen Dalmatiken in ihrer frühmittelalter-
lichen, speziell orientalischen Form zu tun haben,
sind sie wegen ihres Schnittes besonders berufen,
den fundamentalen Unterschied zwischen den beiden
Talar-Tuniken restlos aufzudecken. Während die

4) W. F. Vollbach, Eine koptische Tunika im Rö-
misch-Germ. Zentralmuseum. Sonderdruck aus der Fest-
schrift zum 75 jähr. Bestehen des Museums, Mainz, 1927.

Abb. 1 b. Ägyptisches Männergewand in Dalmatikaform.
Gegenwart.
das 10. Jahrh. zu setzen; aus ihr geht auch der Zu-
sammenhang mit Syrien hervor. Der sakrale Zweck
der Gewänder ist deutlich durch die in Seidenplatt-
stichstickerei ausgeführte Dekoration zum Ausdruck
gebracht.
Es ist nun zu untersuchen, wo und wie dieser Ty-
pus sich bekannten einreihen läßt. Die Seitenteile als
Erweiterung einer schmalen Mittelbahn, geradlinig
auf der primitiven, keilförmig auf einer höheren Stufe,
sind charakteristisch für eine große Familie orien-
talisch-asiatischer Kleidformen, welche seit dem Al-
tertum bis zur Gegenwart in weitestem Umkreis ver-
breitet ist (Abb. 1b). Hier in Europa, etwa auf dem
Balkan kann diese Form nicht entstanden sein;
das ponchoartige Mittelteil mit dem Kopfloch ist
ganz uneuropäisch und deutet vielmehr auf Ägyp-
ten, wo die alte Herodotische Kalasiris (Z. H.
W. K. N. F. 2, 213, Abb. 6 a) und der bunte Ärmel-
kittel den gleichen Schnitt haben. Wie weit im
 
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