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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 2
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Landsberger, Franz: Schlesische Malerei und Plastik des Mittelalters
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0094

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TOD MARIA, MITTELGRUPPE EINES ALTARS IN DER SCHWEIDNITZER PFARRKIRCHE

SCHLESISCHE MALEREI UND PLASTIK DES MITTELALTERS

TAas ist der Titel einer Ausstellung, die der Museums-
direktor Heinz Braune und sein Kustos Erich Wiese
für den Denkmalpflegetag dieses Herbstes in Breslau ver-
anstaltet haben. Die Sammlung des Materials stellte beson-
dere Anforderungen. In den veralteten schlesischen Inven-
tarisationsbänden fand man nur lückenhafte Angaben, und
so hieß es, in monatelangen Fahrten die Provinz durchsuchen,
um aus Kirchen und Kirchböden versteckte Schätze ans Licht
zu heben. Es war zuweilen die höchste Zeit, drohendem
Verfall zu begegnen, und manches Stück mußte erst not-
dürftig konserviert werden, ehe es ausstellungsfähig wurde.
Nun steht alles sauber in den schönen Pölzigsälen des
Scheitniger Gebäudes, vielleicht etwas eng aneinandergepreßt
und vom didaktischen Standpunkt nicht eben klar geschichtet,
aber in künstlerischer Hinsicht jedenfalls so dargeboten, daß
die großen Qualitäten zu voller Erscheinung kommen. Warum
man das Niveau hier und da bis zu provinzieller Handwerk-
lichkeit herabsinken ließ, könnte gefragt werden, freilich
weniger vom Kunsthistoriker, der ja gern auch den platten
Boden vor Augen hat, von dem aus die großen Begabungen
emporsteigen. Und daß diese großen Begabungen wirklich
da und sogar in stattlicher Anzahl vorhanden sind, wird
einem doch in dieser Ausstellung ins helle Bewußtsein
gerückt.

Die schlesische Plastik des vierzehnten und beginnenden

fünfzehnten Jahrhunderts ist ja schon durch Wieses Publikation
in ihrer Bedeutung erkannt worden; aber wie schwer war es
bisher gemacht, einige der wichtigsten Werke auch nur richtig
sehen zu können. Die überlebensgroße Kreuzigung der Corpus-
Christikirche zum Beispiel stand auf der Westempore hinter
der Orgel versteckt. Nun ist sie das Hauptstück der Kuppel-
halle geworden, und man genießt hier in vollem Licht ein
ganz charakteristisches Beispiel schlesischer Kunstgesinnung.
Es ist bei diesen, dem ganzen Gebiete eigenen Cruzifixus-
gruppen ein Arbeiten in großen Formaten, denen durch ge-
ringe Gliederung und Detaillierung eine gewisse Derbheit
und Dumpfheit belassen wird. Inhaltlich wird der Affekt
des Leidens gewaltsam herausgestoßen, aber gerade in Ver-
bindung mit der schwer gehaltenen Form entsteht ein er-
schütternder Ausdruck lastender Verzweiflung.

Neben solchen pathetischen Äußerungen schlesischer Gotik
ertönen unvermittelt weiche Klänge, aus denen man die
künstlerische Nähe zu Böhmen und Österreich heraushört.
Das sind jene Frauenstatuen — Heilige und Schöne Ma-
donnen —, von denen hier zur Probe eine holzgeschnitzte
wiedergegeben sei. Das Rosa des Kleides und das Silber
des Mantels kommen erst auf Rechnung einer späteren Uber-
malung; die goldene Mondsichel hat man sich mit den
Spitzen nach unten zu denken.

Bei der Malerei dieser Frühzeit hätte man die Glatzer


 
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