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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 2.1888-1889

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Heft 1
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Steinhausen, Heinrich: Kunstgenuss und Vergnügen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11724#0007

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1. Stück.

Lrscbeint

im ersten und driiten Viertel

Derausgeber:

Ferdtnand AvenarLus.

Kesrcllpreis:
Vierteljährlich 2t'g Mark.

2.

Zsbrg.

Ikrunstgenuss nnd Vergnügen.

hne Zweifel nicht das kleinste Hindernis,
welches sich der glücklichen Lntwicklung der
^^DöMzbildenden Rünste (mn nur von diesen heute
reden) in der Gegenwart entgegenstellt,
ist der Umstand, daß ihre Kräfte und Gaben allzu-
wenig von dem gefühlten Bedürsnis des wirklichen Lebens
gefordert und in Thätigkeit gesetzt werden. Sie teilen
eben das Schicksal senes geflügelten Boten, welcher,
hinausgesandt, hin und wieder flog über der wogen-
der Llut und keine Stätte fand, da sein Fuß ruhen
konnte.

Treten wir einmal in die werkstatt eines zeit-
genössischen Malers, der -nicht gerade zu den auser-
wählten wenigen gehört, die mit bildnerischer Aus-
schmüchung von Rönigsschlössern oder dekorativer
Darstellung von ^taatsaktionen usw. beauftragt sind.
Sondern er hat Freiheit und auch künstlerischen
Lrnst genug, das auf der Leinwand zu gestalten,
wozu sein Genius ihn treibt; er „gehorcht der ge-
bietenden Stunde" oder vielmehr dem inneren Gesicht,
und es liegt ihm an, zu bilden, was seine Seele ge-
schaut hat und so wie sie geschaut hat. Dabei kennt
er aber weder den Ort, an den sein Bild gelangen
wird, vorausgesetzt, daß es das Glück hat, verkauft
zu werden, noch die Umgebung, der es als ein Teil
angehören soll. Das heißt: es ist ihm gänzlich ver-
borgen, ob es wird in der gewünschten Beleuchtung,
Höhe, weite, Räumlichkeit gesehen werden, und
ebenso wenig weiß er, ob die Bestimmung des
Naumes, dem sein Bild eingefügt werden wird, dem
Sinne desselben entspricht. Sondern er muß eben
das Schicksal seines werkes abwarten. vielleicht
findet sich ein wläzen, der es in seinem Studio aus-
hängt, oder ein Geldfürst, wie es in der Gründerzeit
wohl geschah, schmückt damit seinen Salon und ist
zugleich überzeugt, dabei sein Geld nicht übel ange-

legt zu haben, oder der ack boc gewählte Ausschuß
macht mit dem Bilde einem Zubilar eine Freude
oder endlich auch, wenn einflußreiche Gönner nicht
sehlen, es wandert in eine Nationalgalerie. Rurz,
er sieht nicht das Dolk vor fich, nämlich dessen vielleicht
noch so kleinen Bruchteil, der berufen und sähig ist,
sein künstlerisches Thun zu verstehen und aus sich
wirken zu lassen; sondern er steht dem „j)ub likum"
gegenüber, dessen Geschmacksrichtungen und Runst-
urteile, mißleitet und sich selbst nicht verstehend, un-
bestimmbar sind und wirklich durcheinander wogen
wie die Gewässer der Sintflut.

Za, dem j)ublikum! Ihm muß der Rünstler sein
Bild vor Augen sühren und zwar er muß selbst An-
stalt dazu tresfen, wenn überall die welt etwas von
ihm erfahren soll. Mder soll er stolz-bescheiden warten,
bis irgend ein „Znterviewer" sich zum Besuch seiner
werkstatt herbeiläßt? Za, dazu gehören auch ver-
bindungen mit irgend einer Literatur- oder Nedaktions-
größe, und dann, selbst wenn ein ganzes Feuilleton
von ihm handelte, so lesen die Leute eben ein Urteil
über ihn im besten Falle zum Nachsprechen, er selbst
aber und seine Runst bleiben unbekannt. Darin hat's
sa der Schriststeller, der Dichter besser, auch der,
welcher einsame wege geht und nach der Tauglich-
keit seiner werke für den Büchermarkt nicht sragt.
Lin Buch ist doch immerhin für Zedermann zu haben,
der es sich kausen oder (als Deutscher) borgen will,
und sammelt allgemach eine Gemeinde um den Autor,
wenn auch von ^tillen im Lande: er erfährt nichts
von ihnen, aber sie sind doch da.

Tin Bild aber muß hiuaus aus Neisen und der
es geschassen, muß ihm selbst dazu verhelsen. Ietzt
bleibt ihm eine doppelte wahl. Trstens kann er sich
mit einem „Unternehmer" in verbindung setzen, der
das werk nach und nach in allen Städten von über

Der Nachdruck von längeren wie kürzeren Beiträgen des „Runstwaris" ist vom verlage nur unter deutlicher Puellenangabe gestattet.




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