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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 2.1888-1889

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Heft 8
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Aus der Bücherei
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.11724#0130

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Ansnahine des Titelbildes vc>n einein guten Geschmack, wie
er leider bei folchen Bänden ungewöhnlich ist. A.

'lkudolpl) Ltangs Lticb 'nacl) Lionardo da Vincis
AbcndMUbl (Bcrlin, Ltiesbold öc To., Mk. 600--60. Druck
von lhartmann ä: Beck in Düsseldors) ist ein crfreulicher Be-
wcis dasür, daf; es auch in unserer Zeit noch Rünstler giebt,
welche die Lelbstverleugnung besitzen, ein Iahrzehnt mühe-
vollcr Arbeit an ein großes gediegenes IDerk zu wagen. Die
traurige Geschichte des Lionardoschen Abendmahls ist bekannt.
Mit einem Merke, welches als Aomposition die volle Blüte
einer mehrjahrhundertjährigen Tntwickelung darstellt, machte
er den durch die Lrsahrung noch nicht gebilligten Versuch,
seine reizvollen Lrrungenschasten der Taselmalerei mit Mlfarben
aus die Wandmalerei zu übertragen. Der Versuch mißlang:
die Einflüsse der Witterung und eine Reihe barbarischer Un-
bilden haben das lVerk in der Folge so zerflört, daß jetzt nur
noch dürstige Uberreste desselbcn vorhanden sind. Neben
anderen zahlreichen Nachbildungen des Lionardoschen Abend-
mahles hat der Aupserstich von Rasfael Morghcn mit Recht
den größten Ruf erlangt. Allerdings in anderem öinne, als
wie wir heute die Güte eines Kupserstiches bcurteilen. Ls
kam damals nicht daraus an, eine durchans genaue U?ieder-
gabe des Urbildes zu schasfen; die Gelegcnheit, Ltiche mit
dem Gemälde oder mit sdhotographien zu vergleichen, mangelte;
man begnügte sich daher damit und mußte sich damit begnügen,
vor allen Dingen eine Nachbildnng zn erhalten, welche sür
die allermeisten Beschauer die erste Äenntnis des Aunstwerkes
überhaupt vermittelte. Man nmßte eine derartige UAeder-
gabe um so sreudiger begrüßen, wenn der Aupserstich als
solcher betrachtet ein so bedeutendes Ukeisterwerk war, wie
der Morghensche Ltich nach Lionardos Abendmahl. Frei von
der Derpflichtung, sich mit aller möglichen Genauigkeit an
das Urbild anzuschließen, konnte der Rupserstecher alle seine
Arast aus künstlerisch schöne Ausgestaltung im Linne seincr
Zeit verwenden. Bemerkenswert sür die Aussassung jener
Aeit ist, daß Ulorghen sein !Derk lediglich nach der Ieichnung
des Teodore Ukattoini schus, und daß Goethes berühmte Be-
schreibung sich völlig an den vom Urbilde mehrsach sehr ab-
weichenden 5tich anlehnt. Rudolph 5tangs Aufgabe war
gemäß der Aussassung unserer Zeit eine ganz andere. U)ir
wollen nicht mit ihm darüberrechten, ob es überhaupt empfehlens-
wert ist, zu versuchen, ein halbzerstörtes lVerk in ursprüng-
licher Gestalt wiederzugeben. Geht er an das IVerk, so ver-
langen wir genane UÄedergabe aller Linzelheiten, soweit sie
crkenntlich sind. lhierin hat Ltang unseren Ansorderungen
entsprochen. Vor Allem hat er die lVirkung des rückwärts
einsallenden Lichtes entsprechend richtig wiedergegeben, er hat
die salschen Linzelheiten des Ulorghenschen Stiches berichtigt,
z. B. das berühmte von Iudas Arm umgeworsene Lalzsaß
beseitigt, er hat die Gewänder malerisch 'belebt nnd flosflich

unterschieden; an Stelle der zum Teil griechisch idealisirtcn
Typen Ulorghens sind Gesichter getreten, die sich strenger an
das sormale Ideal der mailändischen Lchule anlehnen.
IVar der Rünstler in der Anwendung der stecherischen Mittel
durch das Ltreben nach treuer NAedergabe beschränkt, so hat
er doch innerhalb dieser selbstgezogenen Lchranken Vortresf-
liches geleistet. Der Lammler wird nach wie vor auch nach
dem Besitze des Morgheuschen Ltiches streben. Dem Aunst-
freunde, der Lionardos Abendmahl in schöner und treuer
Nachbildung zu haben wünscht, ist der Ankauf des Ltangschen
Stiches warm zu empfehlen. fV)

von billigcn Wilderwcrken, welche die neuen, ver-
hältnismäßig wenig kostspieligcn Vervielsältigungsweisen zur
Veröffentlichung gutcr Gemälde aus allen Ieiten der Ver-
gangenheit benntzen, haben wir diesmal sehr Lrsrculiches zu
melden. Iunächst ist im kVesen des von Georg lfirth heraus-
gegebenen ,,^sor menschatz es" (München und Leipzig, G.
Lfirth; jährlich Z2 lhefte von je 16 Blättern sür Z5 Mk.) in-
sosern eine lVaudlung eingetreten, als die Reproduktionen
von Gemälden und figürlichen Ieichnungen, die sich srüher
nur selten zwischen die ornamentalen Lharakters mischten,
mehr und mehr hervorgetreten sind. Das Lammelwerk über-
läßt damit die publikation alter Schöpfungen sür Runstge-
werbe und Baukunst nach langer verdienstlicher Thätigkeit
mehr und mehr andern sachmännischen Sammlungen, um neu-
ersrischt cin schönes Bilderwerk von Interesse für jeden
Gebildeten zu werden. IVir von unserm Standpunkte aus
können das nur begrüßen und dankbar anerkennen, daß die
Vervielfältigungen in ihrer überwiegenden Mehrzahl geradezu
mustergültig sind. — Lin neues ebenso billiges Unternehmen
hat sich dem „Formenschatze" mit dem ,,Rlassischen Bilder-
schatz" zur Seite gestellt, den die ,,Verlagsanstalt s. Aunst
und lVissenschaft" in München, wie wir schon kurz anzeigten,
seit dem Mktober herausgiebt. Er „soll sür die bildende Äunst
dieselbe Bedeutung gewinnen, wie Reclams Universalbibliothek
odcr Meyecs Volksbücher sür die lVeltlitteratur", indc-m cr
,,die sämtlichen Meisterwerke der bildcnden Aunst aller Zeiten
und Völker" nach und nach in Lieserungen von je 6 Blatt
zum fdreise von 50 fdsennigen verössent'licht. Aonnten wir
dcn ersten Lieferungen gegcnüber noch nicht unbedingt loben
(nnd zwar gerade beim Vergleichen mit den ebenso billigen
kfirthschen Blättern nicht), so zeigt sich doch schon jetzt ein
ersreulicher Fortschritt als Änßerung eines Strebcns, das
sicherlich zn immer besseren Leistungen sühren wird. Dürsten
wir uns eine Bitte erlauben, so wär's die: gleich bsirth nicht
alle Tafeln schwarz, sondern einige in sarbigen Tönen zu
drucken. N)ir sind überzeugt, daß auch der „Alassische Bilder-
schatz" durchaus zum Guten wirkt und empsehlen ihn unseren
Lesern.


Gottfried Aeller.

Spät lernt' ich erst deine Gedichte kennen,

Das will mir in die Seele brennen;
kfätte mehr herrliche Stnnden gewonnen,

IVär' ich schon srüher getaucht in den Bronnen.
Lin Dichter wie du wird im deutschen Land
Nur lanasam, langsam, langsam bekannt.

Lin echter Dichter, das wirst du wissen,

Nämpst mit unglaublichen Lsindernissen.

Dich mein' ich-, nicht den Dichterschund,

Den Tausend- und Abertausendbund,

Der jährlich das Vaterland überschwemmt
Und sich in jedes Ulurstblättchen klemmt.

Der wird gelesen und gleich verstanden —

Lin Dichter wie du, aus der Schönheit Landen,
Ach, wie hat der zu rudern, zu ringen,

Bis er sein Schiff kann ans Ufer bringen!

IVeil er nicht wie die andern schreibt,

Sich jeder Strohkopf an ihm reibt.

Zetern alle: bserr-j^ bferrje,

Der wandert za nicht aus der alten Lhaussee.

Der schlurst ja nicht in unserm s?antoffel,

Der ist hirnverbrannt, schreien bseinz und Stoffel.
Und die Lumpenkerle richten ihn schnell:

Schlagt ihn zu Boden, es ist ein Bebell.

Awister, du siegtest! - und einerlei
IVar dir der chämischen Unkengeschrei.

Auf der mächtigen Schulter das nackte Schwert,
Lehnst du an deinen Tempelherd.

Aruold Böckliu.

wie haben die Awnschen dich ausgelacht
Und ihre ledernen Witze gemacht,

Dich Iahrzehnte lang verkannt,

Dich nur mit Spott uud llsohn genannt,

Bis schließlich einer den Bann gebrochen
Und das erlösende bVort gesprochen:

Zhr kferren, was redet ihr immer zu,

Laßt doch endlich den Meister in Buh;

Der hat, was selten oder nie

Die Maler und Dichter in nnserer Zeit,

Und sind sie noch so klng und gescheit,

Zhr Ligenstes nennen — s)oesie.


(s


ls

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