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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 2.1888-1889

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Heft 7
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Vom Tage
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Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.11724#0112

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und er ist die Aunst und die Kunst ist er — nnd nun auf-
qexaßt: die Schöpfung beginnt, die Schöxfung van feinen
Gnaden I

Ls ist ein unfägliches vergnügeu, diefen xrometheifchen
Iungen zuzufchauen, felbst bei mißratenen Nlerken. Diefer
unbesiegbare Glaube an sich felbst, diefes verwegene Vertrauen
auf die Gewißheit des 5ieges, diefe unerfchütterliche Zuver-
sicht geben ihren Nnternehmnngen einen Waldesduft der Ur-
fxrünglichkeit, eine naive Frifche, eine verwegene Aninnt, die
nicht zu befchreiben sind. Ls ist diefer Ausstellung der
illustrirten s)resse fehr zuträglich, daß die geborenen Akade-
miker in ihr in der Ukinderheit sind. 5ie ist ein lustiger
Tummelplatz geistvoller Griginale, die fprudeln von fchillern-
den Londerbarkeiten und köstlichen Launen, die gerade die
größte Schwierigkeit immer am liebsten besiegen, die das
jdhilisterwort „Unmöglichkeit" wie einen veralteten Aberglauben
verlachen.

Der Wiener Ztephansdom ift Gegenftand eines
amtlichen Gutachtens, das hervorragende Zachmänner in
Folge eines Berichts feitens des Dombaumeifters Schmidt
an die Statthalterei abgegeben haben. Ls beftätigt das Urteil
jenes Mannes: der alte Dachstuhl, der feit der Lrrichtung
des Baus befteht, fei zu einer ftäten Gefahr für diefen ge-
worden. Alle Borsichtsmaßregeln könnten eine furchtbare
Aataftrophe nicht abhalten, bräche in diesem ,,walde von
Lfolz" irgendwie Feuer aus: ein Zusammenfturz würde den
Linfturz der Gewölbe nach fich ziehen, der hohe Thurm, von
der Lohe umfpült, müßte gleich den Seitentürmen durch die
Berkalkung der Lteine dem Linfturze nahe gebracht werden
und fich vielleicht verderbenbringend auch auf die kfäufer der
Bachbarschaft werfen, Glockenftühle und Glocken würden dem

(Z?

Lprec

(Mnter sacblicver Versntwol

Zn Sachen: Landschaftsmalerei.

Der Aufsatz Gtto v. lLeixners im vierten ^tücke
des „Runstwarts" spricht eine bestimmte Runstan-
schauung mit so erfreulicher Alarbeit aus, daß ich
der Verlockung nicht zu widerstehen vermag, die in
demselben angeregten Gedanken etwas weiter zu
führen.

Leixner sagt, was seit Aristoteles nicht neu ist:
der Aünstler solle nicht ein „Abschreiber" der Natur
sein, sondern auch in der ^andschaft ein „Ganzes"
schaffen, indem er das IVesen einer Gegend erfassend,
im Bilde sie von „Zufälligkeiten" reinigt. So müsse
der Golf von Neapel im Strahle südlicher Sonne, ein nor-
wegisches Fjord düster, als Akondnacht, oder während
eines Bturmes dargestellt werden.

Leixner entwickelt diese Zorderung aus den be-
kannten Ljegelschen Grundsätzen. Sein Gedankengang
überrascht weniger als die völlig sorglose Alarheit,
mit welcher er heute noch diese Ansicht vertritt.

Bekanntlich giebt es eine sehr tüchtige norwegisch-
schwedische Schule von Landschaftern. Zch habe
einzelne der bserren im Leben kennen gelernt. Ls
sind lebenslustige heitere Leute, die ihre Lseimat
schwärmerisch lieben uud sich nichts besseres begehren,
als ihre Berge, ihr Meer zu malen. Diese armen
Leute müssen also, nach Leixner, wollen sie nicht
„2lbschreiber der Natur" geheißen werden, immer
„düster" malen. Sie müssen die Summe aus den
Grscheinungen ihrer bjeimat ziehen, so eine 2lrt Nor-

verheerenden Llemente zum Vpfer fallen. Deshalb werden
verfchiedene Maßregeln verlangt, vor allem: daß man hier
wie beim Aöllner Dom und bei verfchiedenen Aathedralen
Zrankreichs den alten hölzernen durch einen eisernen Dach-
ftuhl ersetze. Bei der gewaltigen Gefahr, die mit dem Zaudern
verbunden ift, dürfte man fo fchnell wie möglich ans lVerk
gehen.

» Der Gedanke eines deutfchen fchwimmenden
Ausstel lun gsp alastes in Gestalt eines mächtigen Lchiffs
(des größten, welches je die Reife um die Lrde gemacht hat)
fcheint in der That feiner Ausführung entgegen zu gehen.
Der Borstand des deutschen Lxportvereins hat ein Rund-
fchreiben erlassen, um die erforderlichen fünf Akillionen Mark
aufzubringen, und fetzt darin die Dorteile einleuchtend aus-
einander. „Ls werden auf einem Raume fämtliche ausfuhr-
fähigen 2lrtikel Deutfchlands vereint und dem Auslande direkt
zur Auswahl und zum Aaufe vorgelegt werden. Der deutfche
Zabrikant, welcher an diefem Unternehmen sich beteiligt, wird
verhältnismäßig geringere Unkosten haben, als sie ihm bisher
durch die Beteiligung an einer einzigen Ausstellung erwuchfen,
und er wird dafür gewifsermaßen ebensoviele internationale
Ausstellungen in einem kurzen Zeitraume befchicken, wie der
Ausstellungsdampfer auf jeder feiner weltumfchiffungen ksäfen
anläuft." Ls braucht kaum darauf hingewiesen zu werden,
wie einstußreich fich das neue Unternehmen auch für unser
Aunstgewerbe gestalten könnte — obgleich die Nkeinungen
über Nutzen oder Schaden in künstlerifcher Beziehung geteilt
fein dürften. Ltudienreisen für Gelehrte, Aünstler ufw., fo-
wie Gefellschaftsreisen follen mit dem bsauptzweck verbunden
werden.

bsaal.

lung dcr Dcrrcn Linscndcr.)

mal-Norwegen im Geiste feststellen. Aber das, was
ihnen in ihrem Vaterlande Freude macht: das Blitzen
des ^chnees und den kalten Glanz des Frostes, die
wechselnden Lichtwirkungen der tiefstehenden Sonne,
die im hohen Norden doppelt anmutige Grscheinung
des Frühlings, die wohlige Märme des Sommertages

— 2llles das sei zwar ein „Bild der kVirklichkeit",
entspreche aber nicht dem Wesen der darzustellenden
Landschaft, sei also zugleich eine „vollkommene Un-
wahrheit". Armer Sinding, der du versuchtest,
in etwa hundert Bildern das Nordland, deine Loffo-
dische kxeimat, in den wechselnden winter- und
Sommer-, Tages- und Nachtstimmungen zu schildern

— du hast, nach Leixner, eine große Dummheit
begangen; denn du hättest die ganze Gegend in
deine Seele aufnehmen und unter Zortlassung alles
„Zufälligen" ein Bild schaffen müssen, in dem die
Gesamtheit der Tindrücke verarbeitet wäre. Das Bei-
werk, eine Figur hätte dann andeuten müssen, was
das Bild nicht zu geben vermag. So wäre hier
statt des Bestrebens, die Wirkung eines frostigen
Sonnentages im Bilde wiederzugeben, die Nälte
besser durch einen Mann dargestellt, der trotz seines
sOelzes eine rote Nase hat!

Noch viel trauriger aber ist ein neapolitanischer
Nkaler daran, der sich sein Leben lang mil der Dar-
stellung seiner bseimat beschäftigt. Mag dem armen
Rerl die bleierne Schwere des Scirocoohimmels, das
Brausen der Brandung, die ihren Gischt weit über

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