meinen Lntwicklung stehen, sind noch anzuführen: Lhaplin,
ein ariftokratischer Fragonard unter den naturalistischen Deino-
kraten, Baudry, der mitten iin jdaris dieses Iahrhunderts
ein venetianer des Linqueeento war, kssbert, der letzte Lor-
nelianer, der aber malen kann und Farben schaut, und jener
seltsame, mystische I. Bertrand, der mit den Mitteln und in
der weise der ersten Renaissance das Gesühl der modernsten
Decadence und des modernsten Symbolismus malt, ein Tizian
des Baudelairismus.
Und ein letztes wort endlich über den Impressionis -
mus, von dessen gegenwärtigem ksochmeister, Llaude Nonet,
mit den verrückten Iüngern und den noch verrückteren jdreisen
— beides ganz fabelhaft — ich allerdings nur zwei Gemälde
hier gefunden habe, zwei für feine weise nicht einmal fonder-
lich charakteriftifche Landfchaften. Aber in einem Restaurant
der Ausstellung, dem Oafs äes ^.rk, dem jdavillon der jdresse
gegenüber, ist dafür die ganze wand mit den kfauptwerken
der zeitgenössischen „Imprefsioniften" und „Synthetisten" be-
deckt, so daß man ihre neue Art in aller Muße durchforschen
kann, während daneben die Füstin Dolgorucky, welche jetzt
rotblond ist, ein etwas mageres Vrchester durch alle Fährlich-
keiten der ältesten wiener Gassenhauer fesch und munter hin-
durch kutschirt. Sie hängen da ganz friedlich und ohne Streit,
diese Größen der Zukunft, j)aul Gauguin, Lharles Laval,
Leon Fauchs, Lmile Bernard, Louis Aoy, und felten genug
begegnet es ihnen, daß sie Iemand beachtet und auslacht.
Diese wirkung nämlich verfehlen sie niemals auf das unbe-
fangene Urteil, weil ihr Derfahren, nur die Farben gelten zu
lassen und ihre welt zusammenzusetzen aus Flecken, denen Lnt-
schiedenheit und Gewißheit des Umrisses fehlen, ihnen einen
naiven, kindisch ungelenken und lächerlichen Anschein giebt.
Doch wäre ich neugierig zu hören, wie, wer nur einmal die
naturalistifche Forderung der rückhaltlofen wahrheit zuge-
standen hat, sich ihres Grundsatzes erwehren möchte, auch
einmal die ursprüngliche wahrheit zu wagen, wie sie an
unsere Sinne gelangt, ohne die Zutaten und die Derwand-
lungen, welche der Derstand an dem ersten Zinnenbilde noch
nachträglich verübt; und diefes kann nicht geleugnet werden,
daß der erste Lrwerb unferes Bewußtfeins von der Außen-
welt immer nur in einem Zusammenhange von Farbenflecken
besteht, welchem erst nachträglich der Derstand, der aus der
Zufuhr des Gedächtnisses und dem Bergleiche aller wahr-
nehmungen schöpft, die Form, das Nebeneinander und das
kintereinander überzleht: die Zeichnung und die jderspektive.
Die Forderung der nackten wahrheit ohne diefe kfülle, welche
der Verftand gleich bei ihrem Lintritte in das Bewußtfein
über sie webt, der unmittelbaren von den Dingen in den
Sinnen bewirkten wahrheit, einer wahrheit Lvaiit la lettre,
ist nur der letzte und ein unvermeidlicher 5chluß der natura-
listischen Formel. bsermann Bahr.
» Auf der jdarifer Ausstellung wurden im Ganzen
die folgenden deutschen Künstler ausgezeichnet. Ls erhielten:
die Lhrenmedaille, wie fchon erwähnt, die Maler Liebermann,
Uhde, und für graxhische Kunft Köpping; die z. Medaille
w. Leibl; die 2. Medaille die Maler Llaus Meyer, Olde,
Albert Reller, Bildhauer von ksagn; die 3. Medaille die
Maler Stetten, Firle, P. höcker, p. P. Müller, Lindenschmit,
Stremel, Bochmann, P. Meyerheim, Thedy; die ehrenvolle
Lrwähnnng die Maler: Zügel, Peffner, Spring, Flad, Leoxold
Graf Kalkreuth, Schlittgen, Trübner. Die Medaillen für
Zeichnungen und Aquarelle kommen erst noch zur verteilung.
Ls erhielten also von deutschen Ausstellern nicht weniger
als 2^ eine Auszeichnung, darunter Münchener, 2 Berliner,
2 weimaraner, ^ Düsseldorfer, ; Stuttgarter, 2 pariser
(Köpping aus Dresden), I Dortrechter, i Kasseler. Menzel
und Kühl ftanden außer Bewerbung.
Die akademifche Kunstausstellung in Dresden wird am
I. Sextember eröffnet. Der Lndtermin zur ersten Linsendung
ist vom j. auf den 10. August verschoben worden.
Die Frage des Berliner Doinbaues ist, wie man
der „voss. Ztg." fchreibt, zur eingehenden sachgemäßen prüfung
an die Akademie des Bauwesens gewiefen worden. Diese hat
sich mit den zuletzt vorgelegten Lntwürfen für den Berliner
Dom befaßt und mit erdrückender Nehrheit gegen die An-
nehmbarkeit der Rafchdorfffchen Skizzen ausgefprochen. wenn
damit die oberste baukünstlerische Körperschaft in Ueberein-
stimmung mit dem Urteil der fämmlichen deutschen Fach-
blätter und der angesehenen berufenen vereine der Ansicht
Ausdruck gegeben hat, daß die Bauxläne für den Dombau
einer forgfältigeren nnd konstruktiv klareren Bearbeitung be-
dürftig seien, fo dürfe man hoffen, es werde der auch von den
wärmsten Anhängern Rafchdorffs zum Besten der Sache em-
pfohlene vorfchlag einer allgemeinen Wettbewerbung doch noch
Berücksichtigung stnden.
-x- Für Lrhaltung der Denkmäler und Bauten
hat vor Knrzem der belgische Zentralverein für Architektur
ein nachahmenswertes Beifpiel gegeben, indem er sich an die
Stadt Brüssel wandte, uin die Kosten für die Aufnahme der
durch den Abbruch bedrohten alten päuser und paläste zu er-
langen. Ls lag dabei in der Absicht, die irgendwie nennens-
werten Bauten durch berufenr Kräfte genau aufmesfen und
zeichnen zu lassen und sie dann in der Zeitschrift der genannten
Gesellfchaft zu veröffentlichen. Sobald das geschehen, sollen
die Zeichnungen als Ligentum in den Besitz der Stadt Brüssel
übergehen, um alsdann in einer besonderen Abteilung des
städtischen Nuseums ausgestellt zu werden. Dieser weg ist
sehr einfach und xraktisch, um ältere für die Stadt und die
Geschichte wichtige Ansichten dauernd zu erhalten. Der Stoff,
der dadurch gewonnen wird, ergänzt die bei uns übliche pho-
tographie in vorteilhaftefter weife, da erst aus der ver-
einigung beider verfahren die Grundlage für eine wisfen-
fchaftliche verwertung sich ergiebt.
Aus der Kücberei.
Der Mlderscbmuck der deutscbeu Spracbe. von
Lsermann Schrader (Berlin, bfans Lüstenöder), ist ein
Buch, das mancher etwas angeknöcherten Seele als über-
fchwänglich fchlecht behagen wird — fchon der Nebentitel
„Linblick in den unerfchöxflichen Bilderreichtum unferer
Sprache und ein Versuch wisfenfchaftlicher Deutung" wird mit
seinem vorgefaßten Lobe manchen Gelehrten verletzen. Ls
ift auch wohl möglich, daß sich wegen dieser oder jener Aus-
legung ein oder mehrere pühnchen mit dem Verfasser ruxfen
ließen. Aber wieviel wissen, wieviel Fleiß, wieviel Liebe
steckt doch in dem Buche und vor allem: welche wohlthuende
Fähigkeit, anf Schritt und Tritt anzuregen, zu erfrischen, zu
erfreuen. wer Schraders Buch gelefen hat, kann die edlen
Münzen der Sxrache nicht ferner durch die bfand laufen
lasfen, als wären's Sxielpfennige, er muß sie beachten und
ihr Gexräge befchauen. Das werk verdiente eine ähnliche
Verbreitung wie Büchners „Gestügelte worte", ja, es ver-
diente sie vielleicht noch mehr. ffjj
Lalderon und seine Mlerke. von D. Günther.
(2 Bände. Freiburg, Nerderst Lin mit großem Fleiße ge-
schriebenes und — wie alle Bücher des perderschen verlags
hübsch ansgestattetes werk, welches neben einem Namens-
verzeichnis der Lalderonschen Literatur als ksauptthema den
ethischen Gehalt und die lhandlung fämmtlicher Dramen
ein ariftokratischer Fragonard unter den naturalistischen Deino-
kraten, Baudry, der mitten iin jdaris dieses Iahrhunderts
ein venetianer des Linqueeento war, kssbert, der letzte Lor-
nelianer, der aber malen kann und Farben schaut, und jener
seltsame, mystische I. Bertrand, der mit den Mitteln und in
der weise der ersten Renaissance das Gesühl der modernsten
Decadence und des modernsten Symbolismus malt, ein Tizian
des Baudelairismus.
Und ein letztes wort endlich über den Impressionis -
mus, von dessen gegenwärtigem ksochmeister, Llaude Nonet,
mit den verrückten Iüngern und den noch verrückteren jdreisen
— beides ganz fabelhaft — ich allerdings nur zwei Gemälde
hier gefunden habe, zwei für feine weise nicht einmal fonder-
lich charakteriftifche Landfchaften. Aber in einem Restaurant
der Ausstellung, dem Oafs äes ^.rk, dem jdavillon der jdresse
gegenüber, ist dafür die ganze wand mit den kfauptwerken
der zeitgenössischen „Imprefsioniften" und „Synthetisten" be-
deckt, so daß man ihre neue Art in aller Muße durchforschen
kann, während daneben die Füstin Dolgorucky, welche jetzt
rotblond ist, ein etwas mageres Vrchester durch alle Fährlich-
keiten der ältesten wiener Gassenhauer fesch und munter hin-
durch kutschirt. Sie hängen da ganz friedlich und ohne Streit,
diese Größen der Zukunft, j)aul Gauguin, Lharles Laval,
Leon Fauchs, Lmile Bernard, Louis Aoy, und felten genug
begegnet es ihnen, daß sie Iemand beachtet und auslacht.
Diese wirkung nämlich verfehlen sie niemals auf das unbe-
fangene Urteil, weil ihr Derfahren, nur die Farben gelten zu
lassen und ihre welt zusammenzusetzen aus Flecken, denen Lnt-
schiedenheit und Gewißheit des Umrisses fehlen, ihnen einen
naiven, kindisch ungelenken und lächerlichen Anschein giebt.
Doch wäre ich neugierig zu hören, wie, wer nur einmal die
naturalistifche Forderung der rückhaltlofen wahrheit zuge-
standen hat, sich ihres Grundsatzes erwehren möchte, auch
einmal die ursprüngliche wahrheit zu wagen, wie sie an
unsere Sinne gelangt, ohne die Zutaten und die Derwand-
lungen, welche der Derstand an dem ersten Zinnenbilde noch
nachträglich verübt; und diefes kann nicht geleugnet werden,
daß der erste Lrwerb unferes Bewußtfeins von der Außen-
welt immer nur in einem Zusammenhange von Farbenflecken
besteht, welchem erst nachträglich der Derstand, der aus der
Zufuhr des Gedächtnisses und dem Bergleiche aller wahr-
nehmungen schöpft, die Form, das Nebeneinander und das
kintereinander überzleht: die Zeichnung und die jderspektive.
Die Forderung der nackten wahrheit ohne diefe kfülle, welche
der Verftand gleich bei ihrem Lintritte in das Bewußtfein
über sie webt, der unmittelbaren von den Dingen in den
Sinnen bewirkten wahrheit, einer wahrheit Lvaiit la lettre,
ist nur der letzte und ein unvermeidlicher 5chluß der natura-
listischen Formel. bsermann Bahr.
» Auf der jdarifer Ausstellung wurden im Ganzen
die folgenden deutschen Künstler ausgezeichnet. Ls erhielten:
die Lhrenmedaille, wie fchon erwähnt, die Maler Liebermann,
Uhde, und für graxhische Kunft Köpping; die z. Medaille
w. Leibl; die 2. Medaille die Maler Llaus Meyer, Olde,
Albert Reller, Bildhauer von ksagn; die 3. Medaille die
Maler Stetten, Firle, P. höcker, p. P. Müller, Lindenschmit,
Stremel, Bochmann, P. Meyerheim, Thedy; die ehrenvolle
Lrwähnnng die Maler: Zügel, Peffner, Spring, Flad, Leoxold
Graf Kalkreuth, Schlittgen, Trübner. Die Medaillen für
Zeichnungen und Aquarelle kommen erst noch zur verteilung.
Ls erhielten also von deutschen Ausstellern nicht weniger
als 2^ eine Auszeichnung, darunter Münchener, 2 Berliner,
2 weimaraner, ^ Düsseldorfer, ; Stuttgarter, 2 pariser
(Köpping aus Dresden), I Dortrechter, i Kasseler. Menzel
und Kühl ftanden außer Bewerbung.
Die akademifche Kunstausstellung in Dresden wird am
I. Sextember eröffnet. Der Lndtermin zur ersten Linsendung
ist vom j. auf den 10. August verschoben worden.
Die Frage des Berliner Doinbaues ist, wie man
der „voss. Ztg." fchreibt, zur eingehenden sachgemäßen prüfung
an die Akademie des Bauwesens gewiefen worden. Diese hat
sich mit den zuletzt vorgelegten Lntwürfen für den Berliner
Dom befaßt und mit erdrückender Nehrheit gegen die An-
nehmbarkeit der Rafchdorfffchen Skizzen ausgefprochen. wenn
damit die oberste baukünstlerische Körperschaft in Ueberein-
stimmung mit dem Urteil der fämmlichen deutschen Fach-
blätter und der angesehenen berufenen vereine der Ansicht
Ausdruck gegeben hat, daß die Bauxläne für den Dombau
einer forgfältigeren nnd konstruktiv klareren Bearbeitung be-
dürftig seien, fo dürfe man hoffen, es werde der auch von den
wärmsten Anhängern Rafchdorffs zum Besten der Sache em-
pfohlene vorfchlag einer allgemeinen Wettbewerbung doch noch
Berücksichtigung stnden.
-x- Für Lrhaltung der Denkmäler und Bauten
hat vor Knrzem der belgische Zentralverein für Architektur
ein nachahmenswertes Beifpiel gegeben, indem er sich an die
Stadt Brüssel wandte, uin die Kosten für die Aufnahme der
durch den Abbruch bedrohten alten päuser und paläste zu er-
langen. Ls lag dabei in der Absicht, die irgendwie nennens-
werten Bauten durch berufenr Kräfte genau aufmesfen und
zeichnen zu lassen und sie dann in der Zeitschrift der genannten
Gesellfchaft zu veröffentlichen. Sobald das geschehen, sollen
die Zeichnungen als Ligentum in den Besitz der Stadt Brüssel
übergehen, um alsdann in einer besonderen Abteilung des
städtischen Nuseums ausgestellt zu werden. Dieser weg ist
sehr einfach und xraktisch, um ältere für die Stadt und die
Geschichte wichtige Ansichten dauernd zu erhalten. Der Stoff,
der dadurch gewonnen wird, ergänzt die bei uns übliche pho-
tographie in vorteilhaftefter weife, da erst aus der ver-
einigung beider verfahren die Grundlage für eine wisfen-
fchaftliche verwertung sich ergiebt.
Aus der Kücberei.
Der Mlderscbmuck der deutscbeu Spracbe. von
Lsermann Schrader (Berlin, bfans Lüstenöder), ist ein
Buch, das mancher etwas angeknöcherten Seele als über-
fchwänglich fchlecht behagen wird — fchon der Nebentitel
„Linblick in den unerfchöxflichen Bilderreichtum unferer
Sprache und ein Versuch wisfenfchaftlicher Deutung" wird mit
seinem vorgefaßten Lobe manchen Gelehrten verletzen. Ls
ift auch wohl möglich, daß sich wegen dieser oder jener Aus-
legung ein oder mehrere pühnchen mit dem Verfasser ruxfen
ließen. Aber wieviel wissen, wieviel Fleiß, wieviel Liebe
steckt doch in dem Buche und vor allem: welche wohlthuende
Fähigkeit, anf Schritt und Tritt anzuregen, zu erfrischen, zu
erfreuen. wer Schraders Buch gelefen hat, kann die edlen
Münzen der Sxrache nicht ferner durch die bfand laufen
lasfen, als wären's Sxielpfennige, er muß sie beachten und
ihr Gexräge befchauen. Das werk verdiente eine ähnliche
Verbreitung wie Büchners „Gestügelte worte", ja, es ver-
diente sie vielleicht noch mehr. ffjj
Lalderon und seine Mlerke. von D. Günther.
(2 Bände. Freiburg, Nerderst Lin mit großem Fleiße ge-
schriebenes und — wie alle Bücher des perderschen verlags
hübsch ansgestattetes werk, welches neben einem Namens-
verzeichnis der Lalderonschen Literatur als ksauptthema den
ethischen Gehalt und die lhandlung fämmtlicher Dramen