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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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Nr. 34.



Seite 269.

Arabiſche Karawaue. (Bild neben) Voran der
Karawan⸗Baſchi (Führer), hinter ihm in langem Zuge
Kaufleute auf ſchwerbeladenen Kameelen, das Ganze uni-
geben von bewaffueten Wächtern, zieht die Karawane durch
die Wüſte Zu Schutz und Trutz haben ſie ſich verbunden
gegen all' die unzähligen Gefahren des tückiſchen Sand-
meers, und der ehrwürdige Alte an der Spitze iſt's, deffen
treuen Augen und unerſchrockenem Herzen ſie Leib ünd
Gut auvertrauten. Endlos, unabfehbar dehnt ſich nach
allen Seiten die Ebene; wolkenlos, unendlich wölbt ſich
der Himmel üher ihr. Kein Lufthauch, kein Leben;
überall Sand, Gluth und drückendes Schweigen. Stumni
wie ihre Schatten ſchleichen die Menſchen üder den glüh-
enden Boden, ſtumm und mühſam die Thiere. Kein
munteres Wort, kein harmloſes Plaudern, bloß ab und
zu ein kurzer Ruf der Warnung, der Beſorgniß. Nur
die blitzenden Augen der braunen Wüſtenſöhne, die ſcharf
und wachſam nach allen Seiten hin funkeln, verrathen,
daß es lebende Weſen find, die hier ziehen! Bleichen-
des Gebein von vexendeten Thieren, von verſchmachteten
und erſchlagenen Menſchen zeichnet da und dork den
Weg. Der Neuling auf
der öden Bahn birgt
ſchauderad daz Geficht |
in den Falten des Kaf-
tans; der grauengewohn-
te Wüſtenfahrer blickt
ernſt auf das unvermeid-
liche Schreckniß. Ihm
iſt auch die zuſammen-
gekauerte Geſtalt mit den
leeren Augenhöhlen im
verſchrumpftem Antlitz,
die den Becher noch an
die verdorrten Lippen
preßt, nichts Neues;
ruhig ſchreitet er an ihr
vorüber, mit einem kur-
zen Gebet für des Tod-
ten Seele. Heute dir,
morgen mir! Allah
agbar!“ (Gott iſt groß!)
Er hat jedem Sterblichen
ſein Geſchick beſchieden.
Dem Tode entrinnt ja
Keiner; ob er zu Hauſe
trifft, ob in der Wüſte,
er trifft, wie Allah es
beſtimmt. Das weiß
Jeder von ihnen. Sie
wiſſen, daß ſie dahin-
ziehen zwiſchen Noth und
Tod, aber ſie wiſſen auch,
daß Allah's ſchuͤtzende
Hand über ihnen ift, und
daß kein giftiger Sa-
mum und feine heim-
tückiſche Beduinenkugel
Den verderben kann, den
er erhalten will. —
Wennſs urplötzlich her-
aufzieht ſchwarz und
ſchwer am glänzenden
Himmel/ wenn die Sonne

wenn er heranbrauſt,
der Würger, in wirbeln-
den glühenden Sand-
wolken, wenn die Zunge
verdorrt, und das Waſſer
in den Schläuchen ver-
dunſtet, dann werfen ſie
ſich zur Erde und rufen
zu ihrem Schützer. Und
wenn der Athem ver-
geht, wenn die Sinne
verſchwinden unter dem
Hauche des Verderbers:
Allah iſt groß, ſein
Wille geſchehe!! Schär-
fer ſpäht das Auge, der
Kopf bengt ſich vorn-
über, und feſter faßt die
nervige Hand die lange
Flinte. Ihr ahnt noch
nichts da hinten im Troß/
aber der Baſchi wacht.
Den ganzen Horizont
durchläuft ſein ſcharfes
Auge. Das iſt keine
Voßzelſchaar, kein Ge-
wölk, kein Sandhügel,
was dort auftaucht am |
Rande. — „Die Bedu-

inen!“ Wie der Blitz

läuft ietzt der Ruf durch

die Karamane. Der Kaufniann ſieht beſorgt auf die
wohlvexpackten Ballen. Was wird fein Loos jein? MAr-
muth, Tod oder Stlaverei! Er blickt hHinüiber nach den
hewaffneten Wächtern, die um kargen Lohn gedungen
ſind, ſeine reiche Habe zu ſchützen. Darf er ihnen trauen,
hier in der Sindde, in der Heimath des RaubZ und
der Habſucht? Er ſchaut nach dem Baſchi. — Der
Baſcht wacht; er ſpricht kein Wort, aber das wetterfeſte
Heficht mit dem würdigen Graubart und den ruhigen
Augen ſagt e& ihm; Haͤlte den Muth feſt und vertraue!
— MUnd die drohende Sippe brauſt vorben Die unbaͤn⸗
digen Söhne der Wüſte kennen ihn, den Alten, mancher
unter ihnen weiß davon zu erzühlen, welche Klinge der
Sraubart führt, und ſeine Augen ſcheuen fie, wie den
Zorn des Propheten. — „Die Safe! Gelobt ſei Allah !“
Zort wintt ſie Freundiiches Grün in der troftlojen
Dürre. Menſchen und Thiere athmen auf. Sder iſts
ein neuer Unhold, die Fata morgana, die dem Erſchoͤpf-
ten falſche Hoffnung erweckt und ihin Sand bietet und
Gefahr, wo fie ihm Datteln und Waſfer und Obdach

verheißen? Der Alte ſchüttelt das Haupt. Er kennt das
fleine Paradies mit ſeinen ſchattigen Palmen und friſchen
Quellen; ſeid getroſt! Jetzt bricht auch die Macht der
Sonne Ein kühler Hauch geht über die glühende Ebene;
es naht die Nacht. Wohlberdiente Raſt wird den Ermat-
teten, Bald lodern die Feuer. Durrakuchen (Hirfebrod)
und Pilaff lein Gemenge von Reis und gehaͤckten Hanumel-
leiſch), Datteln und Kaffee ſtärken zur weiteren Fahrt, und
das quellfriſche Waſſer wirkt Wunder. Neuer Muth und
neues Lehen kommt in die ſchweigſanien Geſtalten. Dort
wirbeln ſie in buntem, phantaſttjchen Tanze, hier fitzen
ſie in behaglicher Ruhe bei der brennenden Pfeife und
lauſchen in andaͤchtiger Stille den goldenen Worten des
alten Mehmed, der ihnen in glühenden Faͤrben tief-
ſinnige Märchen erzählt. Fernher zittert das Bruͤllen
des hungrigen Löwen! Sie fürchten ihn nicht; der
Baſchi wacht. Da glänzt der Mond durch die dunkle
Nacht, er mahnt zum Aufbruch. Das iſt ein anderes
Wandern, als das in Sonnengluth. Kleine Gruͤppen
hilden ſich, geſchwätziges Murmeln und heiteres Lachen
überall. Nur der alte Bafcht trabt voraus auf dem

4

ſin



Sein mildes Auge

iſt kalt. Er denkt an all' die vielen Menſchen, die er
ſchon durch die Wüſte geführt, an maͤnchen lieben Todten,
den er der Tückiſchen laſſen mußte, an all’ das reiche
Gut, das ſeine Wachſamkeit geleitet. Wo ſie wohl
alle hinkamen, die reichen Teppiche und koſtbaͤren Ge-
ſchmeide, wohin der Kaffee und Tabak, die herrlichen
Datteln, die ſaftigen Melonen und was ſonſt noch ſein
glückliches Arabien gezeitigt! Und wie vielen Siechen
und Kranken arabiſche Arzueten und arabiſcher Balſam
Lahung und Heilung gebraͤcht haben mögen! Ob wohl
auch Einer von Allen, zu deren Nutz und Behagen er
gewirkt, an den Alten denkt! Er lächelt ftille und
ſchüttelt das greiſe Haupt. Im Herzen trägt er den
Lohn für ſeinẽ Treue; Allah hat ihm ein ruhiges Ge-
wiſſen und den Stolz des Gexechten geſchenkt; ſo hoch
lohnt kein Sterblicher. Wohlgemuth ziehen ſie weiter.
Hinter ihnen liegen Wüſte und Entbehrung. Mit dem

Norgen erſcheinen die Thürme von Mekka. Reicher
Gewinn und gaſtliche Herberge wird ihnen für Mühe
und Gefahr, und am Grabe dez Propheten holen fie
ſich den Frieden der Seele. „Gelobt ſei Allah und
der Prophet!“

„ Bom Germaniſchen Nationaluiuſeum zu
Nürnberg. Die Gipsabgußſammlung erhielt in den
letzten Wochen eine werthvoͤlle Bereicherung durch Naͤch-
bildungen der Figuren des Königs Rudolf I von
Habsburg, der Kaiferin Blanka Maria, des Königs
Chlodwig und des knieenden Kaiſers Maximilian I.
von deſſen merkwürdigem Grabmal in der Hofkirche zu
Innsbruck. Dieſe vier großen Figuren koͤnuͤten wie
ſchon früher zwei dem Peier Viſcher zugeſchriebenen
des Arthur und des Theodorich auf Köſten der von
Sr. Lu. t. Apoſt. Majeſtät, dem Kaiſer Franz Jofef
von Oeſterreich, im Germaniſchen Muſeum begruͤndeten
Habsburger Stiftung angefchafft werden S3 {ind nunz
mehr ſämmtliche Künſtler,/ die an dem großartigen Denk-
male mitarbeiteten, durch recht charaͤkteriſtiſche Theile
desſelben im Germaͤnifchen Mufeuni vertreten. Geheini-
rath Dr. J. H. v. Hefner-
Alteneck in München
hat der Gemäldegalerie
das Selbſtbildniß des
Nürnberger Malers Lo-
renz Strauch vom Jahre
1614, eine der beſten
Arbeiten dieſes Meiſters,
zum Geſchenke gemacht.
Der jüngſt verſtorbene
Landrath v. Plüskow
auf Kowalz (Wecklen-
burg) hat dem Muſeum
den oberen Theil einer
ſilbervergoldeten Trink-
ſchaale, Nürnberger Ar-
beit vom Ende des 16.
Jahrhunderts, vermacht.
Kommerzienrath Emil
Baſſermaͤnn Jordan in
Deidesheim hat dem
Germaniſchen Mufeunt,
wie ſchon ſeit einer Reihe
von Jahren, auch hener
wieder 200 Mk. zu An-
käufen für die Sannn-
lungen geſpendet. In
Karlsruhẽ hat ſich eine
Reihe angeſehener Her-
ren in einem heſonderen
Aufrufe an ihre Mitz
bürger gewendet und ſie
zur Zeichnung von
Zahresbeiträgen aufge-
fordert, in Folge deſſen
eine hübſche Anzahl
ſehr erfreulichex Anmel-
dungen von jährlichen
Beiträgen eingelaufen
ift. Für die Samm-
lungen wurden ange-
kauft ein großex hoͤlzer-
ner Fußboden in einge-
legter Arbeit, um 1700
gefertigt, eine gothiſche
Truhe eine ſchöne eijerne
Gittẽrihüre des 16. bis
17, Jahrhunderts, ver-
ſchiedenes Porzellan;
für die Loſtümſammlung
eine ſeidene Herrenjacke
aus der Zeit des dreißig-
jährigen Krieges und
eine Frauen⸗ und eine

Maͤnnertracht aus
Waitzacker in Pommern,
dann wurde eine Anzahl
werthvoller Medaillen
und & manches Andere
käuflich erworben.

Madonna von
Dürer. Im ſogenann-
ten deutſchen Saal der
Gemaͤldegaͤlerie des al-
ten Mufeums in Ber-
lin befindet ſich ſeit
Kurzem eine Madonna
von Dürer. Das Kunſt-
werf, das aus der erſten
Künſtlerzeit des Malers
jtammt, iſt ein Geſchenk
der bekannten Pariſer
Kunſthandlung Sedl-
meier, von der ſchon
öfters Gemälde für un
ſere Muſeen angekauft
worden ſind. Daͤs Ge-
maͤlde, das etwa einen
halben Meter hoch iſt,
hat einen einfachen braunen Holzrahmen.

Weltpoftvereins-Briefmarken. Die Poſtwerth-
zeichen⸗Handlung von H. I, Dauth in Frankfurt a. M.,
die im Jahre 1884 die behördlich genehmigte Soldaten-
Briefmarke einfuͤhrte, haf nunmehr das Projekt einer
Weltpoſtbereins⸗Briefmarke dem Reichzhoſtamt vorge-
legt. Die Marken, die bei einfacher Ausſtattung ie
Werthangaben „1 Shilling“, „1 Frane“ und „1 Mark
tragen, liegt jetzt dem Reichspoſtamt zur Prüfung vor.

Salomonifche Wafferlettung. Man ſchreiht
aus Konſtantinopel: Das Departement für öffentliche
Bauten hat die Ausbeſſerung der alten ſalonioniſchen
Bafferleitung in Serujalem angeordnet. Die Leitung
führt das Waſſer von den Quellen bei Arroul nach der
Stadt. Es ſoll ein 3750 Meter langer Tunnel gebaut
werden. Die Koſten werden auf 80,000 £ vexanſchlagt.
Die Waſſerleitung war noch zu Zeiten Chriſti im Sange.

Bei eiuer Autographenverfteigerung in Lon-
don wurden für das Manuſtkript eine3 Theils von
Göthe’3 „Faujt“ 1100 Mk., für einen Brief von Oliver

(Tert neben.)

Arabiſche Karawane.
 
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