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Steinbeck, Christoph G. [Oth.]
Aufrichtig-teutsche Volks-Zeitung: ein nützliches Hand- u. Hausbuch für d. dt. Volk, seine Lehrer u. seine Freunde — 1795

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https://doi.org/10.11588/diglit.43827#0255

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~ 491 ~
. Unglück durch Kälte. Ö: . ; |

Ei, alter Auszügler aus dem Schönbur-
giſchen Dorfe Lſendörfel. im Churſichſi-
ſchen Erzgebürge, Mamens. Haſſe, der
ſich durch Korbmachen. nährte, gieng, am
Tage nach Weihnachten,. des abgewiche-
nen Jahres , nach Milzen, bei Zwickau,
wo er bei Verwandten einige: Tage bleiben
wollte. Er wareein guter ehrlicher Mann,
den niemand etwas. Böſes nachſagen konn-
te; hatte aber das Unglück, mit: der Epie
lepſie (dem. böſen Weſen. oder dez: fallenden:
Suche) behaftet zu ſeyn. Aufß. dem Rück-
wege nach. Neudörfel wird. er,, wie. man:
aus ſeinen: eingebogerken Daume. ſchließen
konnte., nahe bei. ſeiner Heimath,. von die-
ſer Krankheit überfallen,, in den. Schnee
geworfen,, und. erfrrerer. Am-. 14den Fe--
bruar: finder ihn der Jäger aus Neudör-
fel. Er meldet es den Gerichten. des Rit-
tergutes Oelznit,, auf deſſen Grund und-
Boden der: Verunglückte. lag.. Nicht nur
nach ven Pflichten der Menſchenliebe, ſon--
dern auch nach landesherrlichen. Befehlen.
hätte er in ein Haus geſchaffet und. Ver-
ſuche: zu ſeiner Wiederbelebung gemachet.
werden ſollen.. Iedoch dieſes unterblieb.
Die Frau des: Verunglückten, welche zu
ihm-geführet wurde, erkannte ihn zwar:
für ihren Mann,. nahm ſich aber ſeiner:
eben so. wenig an, wie die ührigen Ein-
wohner von Neudörfel,. weil ihnen vor:
einiger Zeit , bei einem ähnlichen Vorfall,.
ctegen 40 Thaler Koſten verurſachet wor-
den. waren. Er blieb alſo dem Dorfe:
Velsnitz überlaſſen und lag auf dem näm-
lichen Platte, wo. mau ihn gefunden hatte,
bis entſchieden war , wie er begraben wer-

"~ wt >

den folîte. Da nun der Herr Pfarrer!auf
ſeinen Bericht an. den Herrn Superintenn.

Dent in Zwickan die Verordnung erhalten
hatte, daß der Verunglückte ehrlich und
ordentlich beerdiget werden ſollte, ſo wur-

de ihm ein Pläzchen auf dem Kirchhofe an-
gewiesen, der. Körper in einen unanges

ſtrichenen Sarg geleget, der Sarg auf
einem Schlitten hinter dem Dorfe weg
bis zum Kirchhof gefahren und ganz in

der Stille in das Grab, welches in der

GBeſchwindigkeit verfertiget wurde, einge-

ſenket. Liemand- begleitete ihn, außer
dem. Gerichtsdiener und den Nachtwäch-
tern,. die den Sarg vom Schlitten huber
und auf. den Kirchhof trugen.. Ob ſcho:1
die Art und Weiſe, wie der todte Leich-®
nam unter die: Erde gebracht: wird,, dem:
Verſtorbenen ganz gleichgültig. ſeyn kann,
ſo wäre es. doch der Menſchenliebe gemäß

geweſen,. es. dieſem. guten, ehrlichen Man-

ne nicht entgelten zu laſſen, daß. er unter
Gottes. freiem: Himmel und nicht. im Bette
ſeinen Tod gefunden hatte., und. es würde
den. Einwohnern von Neudörfel und Dels-

nitz: meh Ehre gemacht haben, wenn ſen.

ihren Nachbar und. Miteinwohner , wie es
bei andern.teichen Sitte iſk, zu seiner Ru-
heſtätte begleitet und ihn mit. Geſang, und.
Klang beerdiget hätten.. z

Ukbbrigens- iſt es bekannt,, daß die Rete.

tung. verunglückter Personen: nicht.nur in
den mehreſten Ländern durch; obrigkeitliche
Befehle eingeſchärfet worden iſt ,. sondern
ſich auch in vielen Volksſchriften der deut-
lichſte und. zweckmäſigſte. Unterricht über
dieſen Gegenſſand! findet.. Die. erzählte
Geſchichte iſt daher zugleich ein Beweis,.
was die beſten. Beſehle und’ Belehrungen.
 
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